Was sagen uns die Psalmen?
Psalm 105
Psalm 105
Vers 1-15
Dieser Psalm beschreibt die Treue Gottes Seinem Volke gegenüber. Er war Seines Bundes mit Abraham eingedenk und, auf dem Boden der Gnade, brachte Er Israel hinein in das verheissene Land. Nun schaut der Psalmist unter der Leitung des Heiligen Geistes bis zum Anfang der Geschichte Israels zurück. Diese Geschichte beginnt mit den Patriarchen und endet in diesem Psalm mit der Einnahme des Landes Kanaan. Wir machen dabei die interessante Wahrnehmung, dass die Störrigkeit und der Ungehorsam des Volkes völlig verschwiegen werden. Hier handelt es sich eben nicht darum, was Israel war und getan hat, sondern lediglich um die Güte und Gnade Gottes. Seinem Bunde gemäss wollte Er das Volk nach Kanaan bringen und daher musste alles zur Ausführung Seines Planes dienen. Der 15. Vers zeigt uns aufs deutlichste, wie wertvoll dieses Volk war in Seinen Augen: „Tastet meine Gesalbten nicht an, und meinen Propheten tut nichts Übles!“ Wenn wir solche Worte lesen, so müssen wir die Geduld, Gnade, Güte und das Erbarmen Gottes bewundern, mit welchen Er Sein Volk ertragen und geführt hat.
Vers 16-22
Die Reihenfolge in den Versen 16 und 17 ist bemerkenswert und lehrreich. Gott hatte eine Hungersnot beschlossen, welche jedoch erst ausbrach, als Joseph in Ägypten war. Diese Tatsache, wie sie uns hier gezeigt wird, erlaubt uns ein besseres Verständnis für die Dinge, die in den Kapiteln 37-41 des 1. Buches Mose erzählt werden. Es wird nicht gesagt, warum Gott die Hungersnot beschlossen hatte; wir lesen nur, dass Er einen Mann vor ihnen hersandte, und zwar bevor die Hungersnot ausgebrochen war. Wieviel verständlicher wird uns die Geschichte Josephs, wenn wir sie im Lichte dieses Abschnittes betrachten! Manche Leser der Heiligen Schrift mögen die Vorkommnisse im Leben des Lieblingssohnes Jakobs als eine für sich dastehende, abgeschlossene Geschichte ansehen. Diese Geschichte gibt uns zwar wertvolle Belehrungen, für welche wir dem Herrn dankbar sind; hier hingegen wird unsere Aufmerksamkeit auf die Reihenfolge der Ereignisse gelenkt. Welch eine Katastrophe für Ägypten und Jakob mit seiner zahlreichen Familie, wenn die Hungersnot plötzlich hereingebrochen wäre, ohne dass man irgend welche Vorkehrungen hätte treffen können!
Wir wissen, dass unser himmlischer Vater stets für uns besorgt ist, und wir haben Vertrauen zu Ihm, dass Er alles zu unserm Besten lenkt. Kommt es indessen nicht hin und wieder vor, dass wir den Eindruck haben, die Dinge hätten besser anders gehen sollen? Lasst uns Ihm doch völliger vertrauen! Was mag Jakob gedacht haben, als er den blutigen Rock seines Sohnes erhielt? Und durch welche Herzensübungen mag wohl Joseph gegangen sein, als er, von seinen Brüdern verkauft, nach Ägypten geschleppt wurde? Vor den Augen des Vaters wie auch des Sohnes lag lauter Finsternis. Und doch, wie helle leuchtete die Sonne der Güte und Treue Gottes hinter dieser dunklen Szene! Er wollte das ganze Geschlecht Israels wohlbehalten durch die Hungersnot hindurchführen und am Leben erhalten. Es musste aber ein Mann vor ihnen hergesandt werden, und die verschiedenen Phasen im Leben Josephs: das Haus des Potiphars, der Kerker, dazu die Vergesslichkeit des Obersten der Schenken (1. Mose 40, 23) mussten sich vollziehen, ehe er seine hohe Rangstellung einnehmen konnte. Erst dann lichtete sich die Finsternis.
Vers 23-36
Der 25. Vers fesselt unsere Aufmerksamkeit. Vielleicht haben manche Leser der Heiligen Schrift gedacht, dass der Grund zu dem arglistigen Plan des Pharao gegen die Kinder Israel in 2. Mose 1, 8-14 zu suchen wäre. In diesem Psalme aber lesen wir: „Er
wandelte ihr Herz, sein Volk zu hassen, Arglist zu üben an seinen Knechten.“
Gott hatte zweierlei vor, indem Er den Hass der Ägypter gegen Israel bewirkte: 1. Sein Name sollte auf der ganzen Erde verherrlicht werden (2. Mose 9, 13-16); 2. Israel sollte durch die Wundertaten, deren Zeuge es wurde, lernen, Gott zu fürchten und gleichzeitig zu erkennen, wie gross und mächtig Er ist, vergl. Ps. 106, 7. 21. 22.
Wenn wir diese Stellen wie auch die Verse 16 und 17 mit den entsprechenden Kapiteln im 1. und 2. Buch Mose vergleichen, so wird es uns klar, dass das Wort Gottes ein Ganzes bildet. Diese Tatsache wird in der Christenheit nicht überall anerkannt; man erlaubt sich deshalb, einzelne Teile aus ihrem Zusammenhang herauszureissen und dieselben willkürlich zu erklären. Eine solche Missachtung der Worte des Herrn: „dein Wort ist Wahrheit“, kann nur grosse Verwirrung bewirken.
Vers 37-45
Gott ist gerecht. Er hatte gesehen wie die Ägypter die Israeliten ausnützten, aber Er bewirkte, dass sie nicht als ein armes Volk dem Land ihrer Knechtschaft den Rücken kehrten. Überdies benötigten sie Silber und Gold für die Anfertigung der Stiftshütte und deren Einrichtung: „und sie forderten von den Ägyptern silberne und goldene Geräte und Kleider -und sie gaben ihnen das Geforderte“ (2. Mose 12, 35-36).
Gott ist aber nicht nur gerecht, Er ist auch wunderbar in Seinem Tun. Er nahm es auf sich, Israel samt jenen Reichtümern aus Ägypten herauszuführen - ein Wunder, das sonst niemand und keine Macht hätte vollbringen können. Und so verlässt ein Volk, das ungefähr zwei Millionen Seelen zählte, das Land seiner Bedrängnis mit vieler Habe und grossem Vermögen. Wahrlich, ein mächtiger und wunderbarer Gott! Und Seine Macht sollte ein weiteres Betätigungsfeld haben; dieses Volk musste nicht nur vierzig Jahre lang in der Wüste gespiesen und getränkt werden, sondern auch beschützt vor den umliegenden feindlichen Nationen. Diese Entfaltung der Macht Gottes zugunsten Seines Volkes war unzertrennlich verbunden mit dem Eid, den Er Abraham geschworen hatte.