Was sagen uns die Psalmen?
Psalm 89
Psalm 89
Vers 1‑2
Im vorhergehenden Psalm haben wir den leidenden Christus betrachtet; hier aber wird unsere Aufmerksamkeit auf die Gütigkeiten Gottes hingelenkt, denn bis zum 37. Vers spricht der Psalmist nur von der Güte, der Treue und der Grösse Gottes. Man merkt es ihm an: er hat Freude daran, Gott zu erheben und Ihn zu preisen. Ethan, der Esrachiter, der Schreiber dieses Psalmes, ist uns ein guter Wegweiser auf diesem Gebiet; möchten wir in seine Fußstapfen treten! Er fängt seinen Psalm an mit den Worten: „Die Gütigkeiten Jehovas will ich besingen ewiglich, von Geschlecht zu Geschlecht mit meinem Munde kundmachen deine Ireue.), Ethan hatte die Güte Gottes erlebt; sie war gewaltig in seinen Augen. Er war deshalb davon überzeugt, dass diese Güte nicht nur auf Erden, sondern auch in der Ewigkeit besungen werde.
Der Ausdruck „Güte“ in Bezug auf Gott im Alten Testament ist in manchen Fällen gleichbedeutend mit Liebe. Doch wurde Gott als die Liebe (1. Joh. 4, 8‑9) erst durch das Kommen Seines Sohnes auf die Erde geoffenbart. Wir werden diese Liebe ewiglich preisen und gleichzeitig eingedenk bleiben all der Gütigkeiten Gottes.
Vers 3‑8
In den Versen 3 und 4 hören wir Gott von Seinem Gesalbten sprechen. Er hatte David zum König über Sein Volk Israel auserkoren. Der Ausspruch: „Bis in Ewigkeit will ich feststellen deinen Samen, und auf alle Geschlechter hin bauen deinen Thron“, verweist uns auf 2. Sam. 7,16. Wir wissen, dass sich diese Verheissung in Jesus Christus erfüllen wird, welcher aus dem Samen Davids gekommen ist dem Fleische nach (Röm. 1, 3). Er ist demnach der Sohn Davids und wird auch öfters so genannt, siehe Matth. 1, 1 u. a. m., vergleiche auch Offbg. 22, 16.
In diesem Psalm finden wir nebst der Güte Gottes auch Seine Treue; sie wird siebenmal genannt. Wie gut zu wissen, dass unser Gott treu ist, siehe 1. Kor. 1, 9; 10, 13 . Auch von unserm Hohenpriester steht dasselbe geschrieben in Hebr. 2,17. Wir können auf diese Treue bauen, uns darauf stützen; es ist die Treue Gottes. Sie steht in unmittelbarem Gegensatz zu dem, was auf der Erde an der Tagesordnung ist: Untreue, Lüge, Unzuverlässigkeit. Dem Herrn sei Dank, wir haben einen Vater, auf welchen wir uns in allem verlassen können, der uns nie enttäuschen wird, und einen Hohenpriester, der nicht aufhören wird, uns vor Gott zu vertreten.
Vers 9‑14
Der 9. Vers erinnert uns an eine Begebenheit im Leben des Herrn Jesus als Er auf Erden war, siehe Matth. 8, 23‑27: „... dann stand er auf und bedrohte die Winde und den See; und es ward eine grosse Stille“. Jesus war wahrer Mensch, aber auch wahrer Gott ‑ derselbe, der in unserm Psalm erhoben wird. Rahab ist Ägypten, das Land der mächtigen Pharaonen. Doch was ist die grösste Nation in den Augen des Allmächtigen? „Wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Wagschale“ (Jes. 40, 15). Gott ist indessen nicht nur gewaltig und mächtig, sondern wir lesen im 14. Vers: „Gerechtigkeit und Gericht sind deines Thrones Grundfeste: Güte und Wahrheit gehen vor deinem Angesicht her.“ Ein schöner und wohltuender Gedanke ist in diesen Worten verborgen. Dieser Thron verkörpert zwar Gerechtigkeit und Gericht ‑ etwas Erschreckendes für die Menschen. jedoch, wenn Gott hervortritt, so gehen Güte und Wahrheit vor Seinem Angesicht her. In Seinem Sohne hat Er sich zu erkennen gegeben als ein gütiger Gott, der den Sünder liebt und ihn retten will.
Vers 15‑18
Beim Lesen der Psalmen wird es uns klar, dass die israelitischen Verheissungen und Segnungen anderer Art sind als die unsrigen. Immerhin finden wir hier Ausdrücke, die an Vorrechte erinnern, die jetzt schon auch unser Teil sind; z. B. „Glückselig das Volk, das den Jubelschall kennt! ... In deinem Namen frohlocken sie den ganzen Tag.“ Dieser Gedanke ist mit den Worten verwandt, die wir in 1. Petr. 1, 8 lesen: „... obgleich ihr ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket ... „. Dass eine solche Freude ihren Ursprung nicht im materiellen Wohlergehen findet, sehen wir an dem Apostel Paulus. Er schreibt an die Korinther: „... ich bin ganz überströmend in der Freude bei all unserer Drangsal“ (2. Kor. 7,4); und inmitten all der Leiden des Kerkers in Rom ruft er aus: „Wenn ich aber auch als Trankopfer über das Opfer und den Dienst eures Glaubens gesprengt werde, so freue ich mich und freue mich mit euch allen“ (Phil. 2, 17‑18). Leiden und wahrhaftige Freude gehen oft Hand in Hand.
Vers 19‑37
Was das Königtum über Israel anbelangt, war David von jeher der Mann nach den Gedanken Gottes. Lange bevor er geboren war, wurde in der Weissagung des Patriarchen Jakob seiner gedacht: (Nicht weichen wird das Szepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füssen hinweg, bis dass Schilo (der Ruhebringende) kommt, und ihm werden die Völker gehorchen“ (1. Mose 49, 10). Manche unter den Gerechten des Alten Testaments mögen über dieses Wort nachgedacht haben, ohne jedoch zu wissen, um wen es sich handeln würde. Die Gedanken Gottes gingen indessen weiter als nur bis zu David, dem Sohne Isais. Christus ist der wahre David; von Ihm und von Seinem Königreich steht geschrieben: „Sein Thron ist wie die Sonne vor mir. Ewiglich wird er feststehen wie der Mond.“
Vers 38‑52
Bei der Betrachtung dieses Psalmes sehen wir, dass Gott einen Unterschied macht zwischen David und seinen Söhnen. Von David heisst es: „Ewig will ich ihm meine Güte bewahren, und mein Bund soll ihm fest bleiben“. Diese Verheissung erstreckt sich auf Christus. Wenn es sich aber um die Söhne Davids handelt, lesen wir: „Wenn seine Söhne mein Gesetz verlassen und nicht wandeln in meinen Rechten ... so werde ich mit der Rute heimsuchen ihre Übertretung, und mii Schlägen ihre Ungerechtigkeit.“ Wie wir aus der Geschichte der Könige von Juda wissen, haben die meisten derselben das Gesetz verlassen; ja, schon Salomo, der Nachfolger Davids, dessen Königreich sich über ganz Israel und vom Meere bis zum Strome Euphrat erstreckte, hat in seinem Alter die Gebote Jehovas übertreten.
Die Verse 38‑45 haben Bezug auf die Heimsuchungen, welche die Nachfolger Davids getroffen haben, infolge ihres Ungehorsams. Und nun, angesichts der Leiden seines Volkes. wie sollte der Psalmist nicht trauern? Aber dennoch schliesst er mit den erhabenen Worten: „Gepriesen sei Jehova ewiglich! Amen, ja, Amen!“