Was sagen uns die Psalmen?
Psalm 86
Psalm 86
Vers 1–5
Der Gegenstand dieses Psalmes ist der Gläubige, und zwar als ein Pilger, der sich auf dem Wege zur Heimat befindet. Er fühlt das Bedürfnis, zu Gott zu rufen, ein Bedürfnis, das jedes ernstgesinnte Kind Gottes empfinden wird. Wie könnte es anders sein, befinden wir uns doch in einer Welt, wo alles uns entgegensteht. Der erneuerte Mensch findet keinen Platz wo er ruhen könnte; er ist ein Fremdling hienieden.
In der Einsamkeit stehend, die eine Folge der Absonderung vom Bösen ist, bittet der Gläubige: „Neige, Jehova, dein Ohr, erhöre mich! denn ich bin elend und arm.“ Diese Armut ist dieselbe, von welcher der Herr Jesus in Mt 5, 3 spricht: „Glückselig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Reich der Himmel.“ Wir finden den Ausdruck „elend und arm“ auch in Psalm 40, wo unser Herr als Mensch dargestellt wird. Der Arme steht hier im Gegensatz zu den Stolzen, die ihrer Meinung nach keine Hilfe von oben nötig haben. Wer aber seiner Schwachheit und seiner Armut bewusst ist, fleht: „Rette du, mein Gott, deinen Knecht, der auf dich vertraut.“
Vers 6–10
„Am Tage meiner Bedrängnis werde ich dich anrufen, denn du wirst mich erhören.“ Diese Worte zeugen von einer wahren Abhängigkeit von Gott. Wohin soll sich der Gläubige wenden, wenn Bedrängnis, Not und allerlei Schwierigkeiten sich einstellen? Die Hilfe der Menschen ist trüglich, daher bittet er Gott um Beistand, vergleiche Jer 17, 5–9.
In dem oben angeführten Vers finden wir indessen nicht nur Abhängigkeit, sondern auch Vertrauen: „... denn du wirst mich erhören“. Wie reden doch diese Worte zu unsern Herzen! Jener Israelit, der Gott nicht so gut kannte wie wir – dürfen wir Ihn doch unsern Vater nennen – wusste, dass Gott Gebete erhört. Es besteht ein grosser Unterschied zwischen einem Gläubigen, der daran festhält, dass sein himmlischer Vater ihm antworten wird, und einem andern, der nicht unbedingt mit der Erhörung seiner Bitte rechnet, vergleiche Jak 1, 6–8. Wir wollen daran festhalten: wenn Gott auch nicht sofort antwortet und nicht immer, wie wir möchten, so erhört er dennoch, und diese Erhörung entspricht stets Seiner Liebe, Güte und Gnade gegen uns.
Vers 11
Ein solches Gebet ist von jeher wichtig gewesen, wieviel mehr aber in unserer Zeit! Wie früher schon bemerkt, hat Satan eine ganze Menge von Wegen einzurichten gewusst. Es sind dies die vielen Irrlehren in der christlichen Welt, die er durch seine Agenten anpreisen lässt; und leider haben sich manche Kinder Gottes dadurch fangen lassen. Sie haben wohl das Gebet in diesem Vers übersehen: „Lehre mich, Jehova, deinen Weg: ich werde wandeln in deiner Wahrheit; einige mein Herz zur Furcht deines Namens.“ Wenn ein Gläubiger ein solches Begehren im Herzen trägt, so wird ihm der Herr ganz gewiss das nötige Licht zur Erkenntnis des einzuschlagenden Weges schenken.
Diese Bitte geht jedoch weiter und tiefer als nur bis zur Unterscheidung grober Irrlehren. Die Worte: „ich werde wandeln in deiner Wahrheit“ bedeuten für uns Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber, wie wir denselben in der Heiligen Schrift aufgezeichnet finden. Einige aus ihrem Zusammenhang herausgerissene Verse stellen nicht die Wahrheit dar nach den Worten des Herrn Jesus: „Dein Wort ist Wahrheit“ (Joh 17,17).
Vers 12–17
Dieser Psalm enthält manche praktische Unterweisungen, die auch für uns Gläubige der Gegenwart von Nutzen sind.
Der 12. Vers belehrt uns, dass wir Gott verherrlichen, wenn wir Ihn preisen oder Ihm danken. Vielleicht haben wir diese Tatsache zu wenig beachtet. Wie schade, wenn wir gedankenlos an den Gültigkeiten und Wohltaten unseres himmlischen Vaters vorbeigehen! Nehmen wir dieselben gleichsam als eine Selbstverständlichkeit hin, dann verherrlichen wir Ihn nicht. Wie muss es aber Sein Herz erfreuen, wenn wir mit offenen Augen betrachten, was Er für uns tut; und auch die Kleinigkeiten im Alltag gehören dazu.
Im 15. Vers finden wir einen andern wertvollen Gedanken. Gott ist barmherzig und gnädig gegen uns; Er ist „reich an Barmherzigkeit, wegen seiner vielen Liebe“ (Eph 2, 4), und wenn wir das Ziel erreichen ohne in Sünde gefallen zu sein, so haben wir es Seiner Barmherzigkeit und Gnade zu verdanken, vergleiche Heb 4, 16. Er hat uns nicht getan nach dem, was wir verdient hatten, sondern Er hat uns getragen gemäss Seiner Gnade und Liebe.