Was sagen uns die Psalmen?

Psalm 78

Psalm 78

Vers 1‑8

Dieser Psalm ist eine Zusammenfassung der Ge­schichte Israels von seiner Entstehung an bis zur Errichtung des Königreiches unter David. Diese Zu­sammenfassung gleicht einem Gemälde, auf wel­chem Israel seine Vergangenheit aufgezeichnet se­hen kann; dabei muss es aber auch die mannigfalti­gen Beweise der Güte und des Erbarmens Gottes wahrnehmen.

Schon der erste Vers lässt die Absicht erkennen, derenthalben Gott diesen Psalm hat niederschreiben lassen: „Horche, mein Volk, auf mein Gesetz! nei­get euer Ohr zu den Worten meines Mundes!“ Wir vernehmen hier die Sprache der Liebe von seiten Jehovas, der Israel zu der glücklichsten Nation auf Erden machen wollte. Die an Israel gerichteten Worte, die Wunder, die Er seinetwegen tat, die Ver­heissungen ‑ alles zeugte von Seiner Güte, von die­ser Güte, mittelst welcher Er die Menschenkinder zu Sich ziehen möchte, vergleiche Röm. 2, 4. Gott gebrauchte gegenüber Israel das Gericht erst dann, als das Volk Seine Güte verkannte, ungehorsam war und sich dem Götzendienst ergab. Diese Verse lassen uns die Bemühungen Gottes erkennen, um Sein Volk auf den richtigen Weg zu führen.

 

Vers 9‑20

Wie schon erwähnt, hat dieser Psalm das Volk Israel zum Gegenstand; wenn nun im 9. Vers die „Söhne Ephraims“ genannt werden, so müssen wir im Auge behalten, dass dieser Name im Alten Testament öf­ters an Stelle von „Israel“ gebraucht wird, siehe z. B.Hos. 5, 3‑5. Gott tadelt dieses Volk, weil es am Tage des Kampfes dem Feinde den Rücken kehrte. Dadurch wurde Er verunehrt, denn Israel hätte im­mer den Sieg über seine Feinde davongetragen, wenn es auf dem Weg des Gehorsams geblieben wäre.

In den Versen 12‑16 vernehmen wir etwas von den Wundern Gottes zugunsten Seines Volkes. Wie mäch­tig und treu hatte Er sich an demselben erwiesen! Anfangend mit Ägypten bis nach Kanaan sah Israel lauter Beweise der gewaltigen Güte Gottes, einer Güte, die uns zur Bewunderung anregt, wenn wir uns die Mühe nehmen, davor stehen zu bleiben. Aber Israel erwies sich undankbar; es verkannte diese Güte und war widerspenstig gegen Gott. Nach­dem das zahlreiche Volk in der Wüste Jahr und Tag reichlich mit Nahrung versehen worden war, stellte es noch die Macht Gottes in Frage.

 

Vers 21‑31

Die hier beschriebenen Begebenheiten finden wir in 4.Mose 11. Es sind traurige Vorkommnisse; aber selbst in diesen offenbart sich die Güte und das Erbarmen Gottes. Wenn Er auch zum Gericht greifen muss wegen der Widerspenstigkeit des Volkes, so macht Er ihm doch nicht den Garaus, wie Israel es mehrmals verdient hätte. Wieviele Wunder hatte es schon erlebt, und doch ging es immer wieder gedan­kenlos daran vorbei.

Wir verwundern uns darüber; wir können eine solche Blindheit und Hartherzigkeit nicht begreifen. Wie steht es aber mit uns? Sind wir nicht täglich von der Güte Gottes umgeben? Wohl handelt es sich nicht um Wunder und Zeichen ähnlich jenen, die Israel gesehen hat. Doch können wir die Freund­lichkeit und Güte unseres himmlischen Vaters in vielen unauffälligen, aber täglichen Einzelheiten er­kennen. Sollen wir nun dieselben, weil es sich um sogenannte Kleinigkeiten handelt, nicht beachten, wie wenn die Macht und Weisheit Gottes dabei nicht in Tätigkeit käme? Lasst uns die Augen offen halten und mit Aufmerksamkeit Sein Tun uns gegenüber betrachten! Gott ist gross und mächtig und vor al­lem gütig, selbst in den unscheinbaren Dingen, die täglich an uns herantreten.

 

Vers 32‑35

„Wenn er sie tötete, dann fragten sie nach ihm und kehrten um und suchten Gott eifrig.“ In den Ver­sen 34 und 35 finden wir eine Tatsache, wie sie sich oft in der Geschichte des Volkes Gottes und auch der einzelnen Gläubigen wiederholt hat.

In Tagen äusseren Wohlergehens neigt man dazu, Gott aus dem Auge zu verlieren und glaubt, man­ches ohne Ihn tun zu können. Das Gebetsleben lässt an Beharrlichkeit nach, und langsam, ohne es zu merken, verfällt man in einen Zustand, der dem­jenigen des Schlafes gleicht, vergleiche Eph. 5, 14. Der Herr liebt uns jedoch zu sehr, als dass Er uns einer so trügerischen Sicherheit überlassen würde; in Seiner Gnade rüttelt Er uns auf durch eine Züch­tigung, damit wir aus unserm Schlaf erwachen. Dann tritt ein, was wir von Israel im 35. Vers lesen: „Und sie gedachten daran, dass Gott ihr Fels sei, und Gott, der Höchste, ihr Erlöser.“ Zahlreich sind die Kinder Gottes, die eine ähnliche Erfahrung gemacht haben und Ihn nachträglich loben für Sein gnädi­ges Eingreifen.

 

Vers 36‑53

Vers 36 als Fortsetzung des vorhergehenden Verses stimmt uns wehmütig. Ein solches Auf‑und‑ab in der Geschichte des Volkes Israel sehen wir vornehmlich im Buche der Richter. Gott musste es als Folge seines Ungehorsams des öfteren in die Hand seiner Feinde geben. Dann, wenn die Not ihren Höhepunkt er­reicht hatte, schrien sie zu Jehova, der sie mittelst eines Richters befreite und ihnen eine Zeit der Ruhe verschaffte, Diese Zeit des Wohlergehens wurde je­doch jedesmal dadurch unterbrochen, dass sie wie­der taten was böse war in den Augen Jehovas und das Gericht aufs neue über sie verhängt werden musste. Aber immer wieder erwies sich Gott barm­herzig, vergab ihre Ungerechtigkeit und verderbte sie nicht. ja, Er gedachte daran, „dass sie Fleisch seien, ein Hauch, der dahinfährt und nicht wiederkehrt“. Wie offenbaren sich doch hier die Erbarmungen Gottes gegenüber den Menschenkindern! vergleiche Psalm 103, 13‑14.

Diese Erbarmungen kommen auch uns, den Seini­gen, zugut. Möge es sich handeln um die Zuweisung Seiner Wohltaten oder um die Prüfungen, die Er uns schickt ‑ wir sehen darin Seine Barmherzigkeit, mit der Er uns trägt und umgibt.

 

Vers 54‑72

„Und er brachte sie zu der Grenze seines Heilig­tums, zu diesem Berge, den seine Rechte erworben.“ Hier wie in 2. Mose 15, 17  sehen wir das Ziel, das sich Jehova mit Seinem Volke Israel vorgesteckt hatte. Wenn nun das Volk dieses Ziel auch seiner­zeit erreicht hat, so wissen wir, dass sich die Gedan­ken Gottes damit noch nicht erschöpft haben. Erst unter dem Königtum des Christus im Tausendjähri­gen Reiche werden die Worte dieser beiden Verse ihre volle Erfüllung finden. Gott hält was Er ver­spricht, und wenn auch Israel im Meer der Völker untergegangen zu sein scheint, so wird Er es trotz­dem wieder sammeln und „es pflanzen auf den Berg seines Erbteils“. Unser Abschnitt führt uns in­dessen nur bis zum Königtum Davids und die Sün­den des Volkes vor seiner Machtergreifung werden hier erwähnt.

Die Verse 60‑61 haben wohl Bezug auf die Bege­benheit in 1. Sam. 4 und 5. Wieviele Verirrungen hat sich doch Israel zuschulden kommen lassen! Dieses Volk, dem sich der alleinige Gott durch so viele Zeichen und Wunder zu erkennen gegeben hatte ‑ und Er hat es dennoch in Geduld getragen!

Nächstes Kapitel »« Vorheriges Kapitel