Ein Volk für seinen Namen (Apg. 8-10)

Das Evangelium in Samaria

Ein Volk für seinen Namen (Apg. 8-10)

Mit dem achten Kapitel der Apostelgeschichte beginnt ein neuer Abschnitt in diesem Buch der Heiligen Schrift: Das Evangelium der Gnade Gottes wird über die engen Grenzen Jerusalems hinausgetragen. Nach den Gedanken Gottes sollte Jerusalem wohl der Ausgangspunkt der Verkündigung der guten Botschaft sein, nicht aber ihr Endpunkt.

Dem jüdischen Volk war zuerst durch den Dienst des Herrn Jesus selbst, als Er hier auf der Erde war, die Gnade Gottes angeboten worden. Aber nicht nur dieses Zeugnis hatten sie abgelehnt, sondern auch das nachfolgende Zeugnis des Heiligen Geistes, das einen verherrlichten Christus zum Inhalt hatte. Die zweifache Verwerfung der Gnade Gottes hatte einerseits in der Kreuzigung Jesu ihren schmählichsten Ausdruck und Gipfelpunkt gefunden und andererseits in der Steinigung Seines treuen Zeugen Stephanus. Dadurch, dass die Juden nach dem Herrn auch Stephanus ermordeten, schickten sie gleichsam eine Gesandtschaft hinter Ihm her mit der Botschaft voller Hass: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ (Lk 19,14).

Was würde Gott jetzt tun? Würde Er die jüdische Nation augenblicklich im Gericht vernichten? Oder würde Er, was auch denkbar wäre, von einem weiteren Verfolgen Seiner Gnadenabsichten grundsätzlich absehen und nun den Menschen sich selbst überlassen? Keines von beiden! In Seiner unermesslichen Gnade tat Er vielmehr gerade das, was der Herr Jesus im Gleichnis von dem ›König, der seinem Sohn Hochzeit machte‹, vorhergesagt hatte (Mt 22,1–14). Wenn die ›Geladenen‹ (die Juden) Seine Einladung vor dem Kreuz (Vers 3) ebenso ausschlugen wie die nach dem Kreuz (Vers 4), dann sandte Er Seine Knechte eben auf die Kreuzwege der Landstraßen, um von denen aus den Nationen so viele wie möglich zusammenzubringen und zur Hochzeit zu rufen.

Es soll indes nicht verschwiegen werden, dass der ›König‹ über das Verhalten der Geladenen auch „zornig wurde“ (Vers 7). Die Ablehnung der Gnade Gottes kann tatsächlich nur eines zur Folge haben: das Gericht Gottes, sei es in zeitlicher oder ewiger Hinsicht, wie das Gleichnis zeigt. Das zeitliche Gericht haben die Juden zum Teil schon bitter erfahren müssen, und sie werden es auch zukünftig in noch ernsterer Weise zu erfahren haben. Doch diesem Gedanken wollen wir jetzt nicht weiter nachgehen. An anderer Stelle ist darüber genügend gesagt worden (siehe ›Er redete vieles in Gleichnissen‹; Band 1, Seite 367).

Uns interessiert jetzt vielmehr eine andere Seite, über die wir auch bereits gesprochen haben, als die abschließenden Worte der Rede des Stephanus vor uns waren: Gott wandte sich von dem Zeitpunkt an, da nächst Seinem Sohn Jesus Christus auch Sein Zeuge Stephanus verworfen worden war, nicht mehr mit einem besonderen Zeugnis Seiner Gnade an das jüdische Volk als solches. Mit dem Tod des ersten christlichen Märtyrers war diese kurze, bedeutsame Epoche unumstößlich zu Ende gegangen. Seitdem lässt Er Seine Gnade auch zu den Nationen bringen, lässt sie verkündigen „bis an das Ende der Erde“ (Apg 1,8).

Allgemeiner gefasst können wir auch sagen: Das menschliche Herz (nicht nur das jüdische) hat seine Feindschaft gegen Gott völlig unter Beweis gestellt – nicht allein in der Verwerfung Christi selbst, sondern auch in der Verwerfung des Zeugnisses des Heiligen Geistes. Insofern markiert die Steinigung des Stephanus den Endpunkt des unter Verantwortung gestellten Menschen, das moralische Ende seiner Geschichte vor Gott. Gott hatte alles unternommen, um zu prüfen, ob etwas Gutes aus dem Menschen zu bekommen ist. Aber je mehr Er wirkte und Seine Gnade offenbarte, desto deutlicher wurde es, dass der Mensch diese Gnade nur hasste. Wenn der Mensch alles, was von Gott kam, verwarf – das Gesetz, die Propheten, den Sohn Gottes, das Zeugnis des Heiligen Geistes –, dann war alles vergeblich. Der Mensch hat vollkommen gezeigt, was er ist: ein Feind Gottes, ein Feind Seiner Liebe.

Wir werden auf diese Feindschaft des menschlichen Herzens gegen Gott auch in dem neuen Abschnitt der Apostelgeschichte treffen. Aber was ihn dennoch für unser Herz so anziehend macht, ist die Art und Weise, wie Gott darauf reagiert: Auf dem Boden des völlig erwiesenen Bösen des Menschen beschreitet Er neue Wege und öffnet die Schleusen Seiner Gnade nun unterschiedslos allen Menschen. Wer außer Gott würde so, wer außer Gott kann so handeln?

Die erste große Verfolgung

„Saulus aber willigte in seine Tötung mit ein. Es entstand aber an jenem Tag eine große Verfolgung gegen die Versammlung, die in Jerusalem war; und alle wurden in die Landschaften von Judäa und Samaria zerstreut, ausgenommen die Apostel“ (Apg 8,1).

Bei der Betrachtung des siebten Kapitels wird uns kaum bewusst geworden sein, dass alles, was darin berichtet wird, sich an einem einzigen Tag abspielte. An diesem Tag begegneten sich zwei Männer, und der erste Satz des achten Kapitels bringt sie zusammen: Stephanus und Saulus. „Saulus aber willigte in seine (des Stephanus) Tötung mit ein.“

Welche Gegensätze werden hier sichtbar! Wie verschieden waren – jedenfalls im gegenwärtigen Augenblick – die Wege dieser beiden Männer! Der eine von ihnen wurde um seines Zeugnisses für Christus willen umgebracht und ging auf diese Weise unmittelbar ein in die Freude seines Herrn. Der andere schritt in seiner Feindschaft gegen Christus und die Seinen weiter voran und wurde zu einem Verwüster der Versammlung Gottes.

Saulus

Obwohl die Feststellung „Saulus aber willigte in seine Tötung mit ein“ zum vorhergehenden Kapitel zu gehören scheint, kann man sie auch als Überschrift für das nun Folgende auffassen. Sie trägt nämlich im Griechischen einen stark durativen (Dauer ausdrückenden) Charakter: „Saulus war ein ... Einwilligender; Saulus fuhr fort einzuwilligen in seine Tötung.“ Zweifellos war er voll und ganz mit dem Mord einverstanden; aber in diesem Einverständnis verharrte er auch weiterhin, fuhr darin fort. Tatsächlich leitete die Steinigung des Stephanus die erste große Verfolgung gegen die Versammlung des lebendigen Gottes ein. Der Ausdruck ›an jenem Tag‹ ist daher ganz buchstäblich zu nehmen: Beginnend mit dem Tag, an dem Stephanus getötet wurde, entstand eine große Verfolgung gegen die Versammlung.

So andauernd und gründlich stimmte Saulus mit dem, was an Stephanus verübt wurde, überein, dass er das auch auf die ganze Versammlung in Jerusalem auszudehnen suchte. Mit anderen Worten: Saulus wurde zum Hauptakteur in dieser schweren Verfolgung.

Dabei würden wir diesem Mann Unrecht tun, würden wir ihn niedriger Beweggründe oder brutaler Leidenschaften bezichtigen. Saulus war ein Pharisäer, ein Hebräer von Hebräern, ein Mann von geschliffenem, scharfem Verstand, der Gott von seinen Voreltern her mit reinem Gewissen diente (2. Tim 1,3). Die Stellung, die er bei der Tötung des Stephanus einnahm, entsprang nicht etwa einem Hang zur Grausamkeit, sondern einem perversen (verderbten) Urteil. Er hielt das, was Stephanus lehrte, für etwas höchst Gefährliches – etwas, was den jüdischen Glauben, in seinen Augen die einzige wahre Religion, zerstörte. Der beste Weg, der Ketzerei Einhalt zu gebieten, war nach seiner Meinung, die vom „wahren Glauben“ Abgefallenen gewaltsam zu beseitigen. Bis heute sind solche Vorstellungen nicht ganz ausgestorben. Jedenfalls meinte er, Gott zu dienen, wenn er die Jünger Jesu bedrängte und umbrachte. Was er später selbst darüber sagte, wird uns sogleich noch beschäftigen.

Über die Tatsache hinaus, dass die Verfolgung an jenem Tag begann und dass Stephanus ihr erstes Opfer war, berichtet Lukas keine näheren Einzelheiten. Nur, was das Ergebnis dieser ersten, allgemeinen Verfolgung war, gibt er an: Alle Jünger des Herrn, die Apostel ausgenommen, wurden dadurch in die Landschaften von Judäa und Samaria zerstreut. Das Feuer der Verfolgung war entbrannt, und ihre Flamme griff rasch um sich. Waren die Leidenschaften der Menge erst einmal entflammt, lag es ganz im Interesse der religiösen Führer, sie nicht wieder abkühlen zu lassen. Die Raubtiere hatten Blut geleckt, und sie verlangten nach mehr. So entstand eine große Verfolgung.

Die Zeit der Ruhe für die Jünger war nur kurz gewesen, aber sie hatten sie durch die Gnade des Herrn gut genutzt. Tausende und Abertausende waren dem Glauben gehorsam geworden. Doch die Gunst des Volkes („das Volk rühmte sie“; Kap. 5,13) währte nicht lange. Wie der Wunderbaum Jonas war dieser Schutzschild plötzlich über ihnen emporgewachsen, aber ebenso rasch verdorrte er auch. Jetzt sahen sich die Jünger des Herrn Jesus unversehens einer heftigen Verfolgung ausgesetzt, die sie zwang, aus Jerusalem zu fliehen. Viele gingen in die Umgebung von Jerusalem nach Judäa, andere weiter nordwärts nach Samaria. Obwohl ihre Schritte durch die Umstände erzwungen wurden, begann sich damit das zu erfüllen, was der Herr kurz vor Seiner Himmelfahrt Seinen Jüngern angekündigt hatte: Sie würden Seine Zeugen sein – zuerst in Jerusalem, dann in ganz Judäa, in Samaria und bis an das Ende der Erde (Kap. 1,8). Verbreitung, nicht Konzentration sollte das Christentum kennzeichnen.

Die Apostel jedoch blieben in Jerusalem. Seltsam, dass der Sturm der Verfolgung nicht auch sie forttrieb! Doch wer wollte bezweifeln, dass auch dies durch die Weisheit Gottes so gefügt wurde? Möglicherweise wagten die Juden nach den vorausgegangenen Erfahrungen mit diesen unerschrockenen Männern nicht, sie erneut anzutasten (Kap. 5,17ff). Das mochte durchaus der äußere Anlass für die Ausnahme sein. Doch der wahre Grund für ihr Bleiben in Jerusalem liegt tiefer: Nach den Gedanken des Herrn sollten sie von dort aus wichtige Aufgaben im Blick auf das sich rasch ausbreitende Christentum erfüllen. Schon der weitere Verlauf unseres Kapitels wird uns das vor Augen führen.

Vielleicht fragt jemand trotzdem, warum die zwölf Apostel nicht nach der Anweisung des Herrn in Matthäus 10, Vers 23, gehandelt haben und von einer Stadt, wenn sie dort verfolgt wurden, in die andere geflohen sind. Nun, der Herr spricht in diesem Kapitel von einem Auftrag, der sich in seiner ganzen Bedeutung auf eine noch zukünftige Epoche des jüdischen Volkes bezieht. Dass es sich um eine rein jüdische Mission handelt, machen schon die Verse 5 und 6 klar: „Geht nicht auf einen Weg der Nationen, und geht nicht in eine Stadt der Samariter; geht aber vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“

Dieser Auftrag, damals nur zum Teil ausgeführt, wird erst in der Zukunft während der Zeit der Drangsal Jakobs durch die Kraft Gottes seine volle Erfüllung finden. Mit dem christlichen Auftrag hat das allerdings nichts zu tun. Hier in der Apostelgeschichte werden die Jünger vielmehr durch die Vorsehung Gottes gerade auch nach Samaria geführt, um dort das Evangelium zu verkündigen.

Die Bestattung des Stephanus

„Gottesfürchtige Männer aber bestatteten Stephanus und stellten eine große Klage über ihn an“ (Apg 8,2).

Wenn irgend möglich bestatteten die Juden ihre Toten noch an dem Tag, an dem sie starben. Und was den Fall des Stephanus anging, so war kein Grund für einen Aufschub vorhanden. Doch würde sich jemand finden, der sich dieses geächteten Toten annahm und den letzten Dienst der Barmherzigkeit an ihm tat? Die Jünger des Herrn waren dazu jetzt ebenso wenig in der Lage wie einst die Apostel, als der Heiland gekreuzigt worden war.

Doch da war Einer, der hinter allem stand, der für alles Sorge trug. Gott hatte damals Männer wie Joseph von Arimathia und Nikodemus zur Verfügung gehabt, die das Begräbnis Jesu auf würdige Weise vorbereiteten. Und auch jetzt mangelte es Ihm nicht an gottesfürchtigen Männern, die Stephanus auf ehrbare Weise bestatteten. Sobald sich die Menge von dem getöteten Märtyrer entfernt und zerstreut hatte, kamen sie herbei und bestatteten den zerschundenen, blutenden Körper des Mannes Gottes.

Wer waren diese „gottesfürchtigen Männer“? Wir hören von ihnen schon in Kapitel 2, Vers 5. In Jerusalem und in der näheren Umgebung der Stadt hielten sich gottesfürchtige, fromme Juden auf, wahrscheinlich Hellenisten oder Juden aus fernen Ländern, die keinen Anteil an dem Mord hatten und nicht auf der Seite derer standen, die Stephanus gesteinigt hatten. Sie machten das unmissverständlich dadurch deutlich, dass sie Stephanus bestatteten und eine große Klage über ihn anstellten.

Der letzte Hinweis bestätigt, dass es sich bei diesen aufrechten Männern nicht um Christen handelte: Sie bekundeten ihre Trauer auf typisch jüdische Weise. Die Wahrheit, dass der Geist des „Entschlafenen“ zum Herrn Jesus ins Paradies geht (Lk 23,43), kannten sie noch nicht. Auch war ihnen als Juden die christliche Hoffnung und Freude auf die Herrlichkeit Gottes etwas völlig Fremdes (Röm 5,2). Dennoch waren sie in ihren Empfindungen aufrichtig, und Gott bekannte sich dazu und gab diesen Männern einen bleibenden Platz in Seinem Wort.

Begräbnis – nicht Verbrennung

Die Tatsache, dass Stephanus durch fromme Männer bestattet wurde, steht in krassem Widerspruch zu der heute in vielen „christlichen Ländern“ geübten Praxis, Tote einzuäschern. Die Herkunft dieses Brauchs und die Begründungen dafür sollen hier nicht näher untersucht werden. Aber es scheint mir wichtig, zu zeigen, dass sie nicht von Gott kommen und dass sich Kinder Gottes deshalb grundsätzlich davon fernhalten sollten.

Als durch die Sünde des Menschen auch der Tod in die Welt gekommen war, sagte Gott zu Adam: „Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren“ (1. Mo 3,19). Der Mensch war sterblich geworden, und wenn der Tod eintrat, würde sein Körper durch die Verwesung wieder zum Staub zurückkehren. War es dann nicht angemessen, ihn der Erde zu überlassen, ihn zu „begraben“? Offenbar haben die Menschen das von Anfang an so aufgefasst.

Zum ersten Mal in der Bibel spricht Gott selbst vom ›Begraben‹, und bezeichnenderweise als von etwas Selbstverständlichem, etwas Bekanntem, das Er nicht näher erklären muss. Er verheißt dem Patriarchen Abraham: „Du wirst ... begraben werden in gutem Alter“ (Kap. 15,15).

Bei der nächsten Gelegenheit, wo vom ›Begraben‹ gesprochen wird, sehen wir wieder, dass es sich dabei um einen allseits geübten Brauch handelte. Denn nicht nur sagt Abraham zu den Kindern Heth: „... dass ich meine Tote begrabe vor meinem Angesicht weg“ (Kap. 23,4), sondern diese antworten ihm auch: „Keiner von uns wird dir sein Grab verwehren, dass du deine Tote begräbst“ (Vers 6). Auch alle übrigen Patriarchen haben ihre Toten in Gräber gelegt, haben sie begraben. Einmal begrub sogar Gott selbst jemand: Seinen Knecht Mose „im Land Moab, Beth-Peor gegenüber“ (5. Mo 34,6). So muss es kaum erwähnt werden, dass auch in Israel die Toten grundsätzlich begraben wurden. Selbst ein Gehängter durfte nicht über Nacht an dem Holz bleiben; „du sollst ihn jedenfalls an demselben Tag begraben“, lautete die Anweisung Gottes (5. Mo 21,23). Und später sprach der Herr Jesus einmal das bezeichnende Wort: „Lass die Toten ihre Toten begraben“ (Lk 9,60).

Das alles zeigt, dass es das Ursprüngliche, das von Gott Gewollte, das Normale war, Tote zu begraben. Und wurde nicht auch der Herr Jesus begraben? Diese Tatsache ist sogar ein Teil des Evangeliums: Christus gestorben – begraben – auferweckt (1. Kor 15,3.4). In neutestamentlicher Zeit wurden, noch vor Stephanus, Ananias und Sapphira begraben (Apg 5,6.9.10). Sonst hören wir geschichtlich im Neuen Testament nichts weiter von Begräbnissen und auch nichts von christlichen Trauerfeiern. Warum dieses Schweigen der Schrift darüber? Weil der Erlöste nicht auf den Tod wartet, sondern auf den Erlöser. Insofern ist für ihn der Tod nur von untergeordneter Bedeutung, ist nur ein „Diener“.

Wenn wir jedoch die Bestattungen von Kindern Gottes zum Anlass nehmen, um die Treue Gottes zu rühmen und das Evangelium von dem Herrn Jesus zu verkündigen, so ist das durchaus im Einklang mit der christlichen Stellung, in die wir durch die Gnade gekommen sind. Wie ganz und gar im Widerspruch zu dieser Stellung wäre es dagegen, wenn wir über die, von denen wir wissen, dass sie „bei Christus“ sind (Phil 1,21–23), eine „große Klage anstellten“, wie es bei Stephanus durch die gottesfürchtigen Juden geschah! Wir würden damit verkennen, dass der Tod für den Gläubigen ein besiegter Feind ist. „Verschlungen ist der Tod in Sieg.“ „Wo ist, o Tod, dein Sieg? Wo ist, o Tod, dein Stachel?“ (1. Kor 15,54.55).

Der in die Erde gelegte Körper des Gläubigen jedoch gleicht einem „Samenkorn“ der Auferstehung (Verse 35ff). Auch dieses von Gott gebrauchte Bild wäre durch eine Einäscherung verdorben. Und hatte sich der Herr Jesus nicht selbst mit einem „Weizenkorn“ verglichen, das in die Erde fallen und sterben würde, um in der Auferstehung viel Frucht zu bringen (Joh 12,24)? So spricht alles in der Schrift für die Bestattung und gegen die Einäscherung.

Es lag mir am Herzen, auf diese Zusammenhänge in Verbindung mit der Bestattung des Stephanus hinzuweisen. Wir haben, so hoffe ich, einmal mehr gesehen, wie notwendig es ist, dass wir unser Tun und Denken in allem nach dem untrüglichen Maßstab des Wortes Gottes ausrichten und nicht nach den sich ändernden Meinungen und Gepflogenheiten der Menschen. So sind wir immer auf der sicheren Seite. Denn nichts gibt größere Ruhe und Sicherheit als das Bewusstsein, Gott gehorsam zu sein und Seinen Willen zu tun. – Doch kehren wir nun nach dieser kleinen Abschweifung wieder zu unserem eigentlichen Text in Apostelgeschichte 8 zurück!

Viel Feindseliges gegen den Namen Jesu

Lukas stellt oft Gegensätze vor. So auch hier. Auf der einen Seite zeigt er, dass sich in Jerusalem Männer fanden, die den Tod des Stephanus beklagten. Auf der anderen Seite richtet er das Augenmerk auf einen anderen Mann – Saulus –, der sein blutiges Werk unter den Christen entschlossen in Angriff nahm.

„Saulus aber suchte die Versammlung zugrunde zu richten, indem er der Reihe nach in die Hauser ging und sowohl Männer als Frauen fortschleppte und ins Gefängnis überlieferte“ (Kap. 8,3).

Das also war der Weg, auf dem Saulus „fortfuhr, in die Tötung des Stephanus einzuwilligen“! Es war seine Absicht, die Versammlung, so weit es in seiner Macht stand, zugrunde zu richten oder sie, was das griechische Wort auch bedeutet, zu „verwüsten“ und zu „zerstören“. Das Wort bezeichnet die Verwüstung, die durch ein wildes Tier angerichtet wird. Dass allerdings die Versammlung Gottes selbst durch die Pforten des Hades nicht überwältigt werden kann (Mt 16,18), wusste dieser Mann damals noch nicht.

Er hatte die Kleider der Zeugen, die Stephanus steinigten, verwahrt, und er muss das Gebet des sterbenden Märtyrers für seine Mörder gehört haben. Doch nichts von dem, was er erlebt und gehört hatte, konnte ihn von seinem mörderischen Kurs abbringen. Er ging der Reihe nach in die Häuser und schleppte die Gläubigen daraus fort und warf sie ins Gefängnis. Dass darunter auch Frauen waren, ist dem inspirierten Schreiber der Erwähnung wert. Bei den ›Häusern‹ müssen wir nicht nur an Häuser denken, in denen Versammlungen stattfanden. Nein, es handelte sich um private Häuser, in denen die Christen wohnten. In sie verschaffte er sich gewaltsam Zutritt, drang in sie ein, und er tat das „der Reihe nach“, also methodisch.

So etwas hatte es noch nie zuvor gegeben. Es war eine systematische Verfolgung von inquisitorischem Charakter. Doch diese knappen Hinweise sind bereits alles, was der Geschichtsschreiber, Lukas, darüber berichtet. Wenn wir aber hören, was Saulus selbst viele Jahre nach seiner Bekehrung über diese Vorgänge sagt, dann wirft das weiteres Licht auf diese Zeit und lässt uns ihren ganzen Schrecken erahnen.

Vor seinen jüdischen Brüdern bekennt er, dass er ein Eiferer für Gott gewesen sei, „der ich diesen Weg verfolgt habe bis zum Tod, indem ich sowohl Männer als auch Frauen band und in die Gefängnisse überlieferte“ (Apg 22,4). Und ein wenig später hören wir ihn sagen: „Herr, sie selbst wissen, dass ich die an dich Glaubenden ins Gefängnis warf und in den Synagogen schlug; und als das Blut deines Zeugen Stephanus vergossen wurde, stand auch ich dabei und willigte mit ein und verwahrte die Kleider derer, die ihn umbrachten“ (Verse 19.20). Vor Agrippa geht er noch etwas mehr auf die Einzelheiten ein und sagt: „Ich meinte freilich bei mir selbst, gegen den Namen Jesu, des Nazaräers, viel Feindseliges tun zu müssen, was ich auch in Jerusalem getan habe; und viele der Heiligen habe ich in Gefängnisse eingeschlossen, nachdem ich von den Hohenpriestern die Vollmacht empfangen hatte; und wenn sie umgebracht wurden, gab ich meine Stimme dazu. Und sie in allen Synagogen oftmals strafend, zwang ich sie zu lästern; und übermäßig gegen sie rasend, verfolgte ich sie sogar bis in die ausländischen Städte“ (Kap. 26,9–11).

Diesen knappen Andeutungen entnehmen wir auch, dass Stephanus wohl der erste Märtyrer war, bei weitem aber nicht der einzige. Viele wurden zu Tode gebracht in jener Zeit. Es war in der Tat eine große Verfolgung. Im Blick darauf nennt sich Paulus später selbst einen „Lästerer und Verfolger und Gewalttäter“ (1. Tim 1,13). Nie hat er vergessen, dass er die Versammlung Gottes „verfolgt“, ja „über die Maßen verfolgt“ hatte (1. Kor 15,9; Gal 1,13).

Noch einige Zeit später wird im Brief an die Hebräer auf diese Zeit der ersten großen Verfolgung Bezug genommen und gesagt: „Erinnert euch aber an die früheren Tage, in denen ihr, nachdem ihr erleuchtet worden wart, viel Kampf der Leiden erduldet habt; indem ihr einerseits sowohl durch Schmähungen als auch Drangsale zur Schau gestellt wurdet, andererseits aber Genossen derer wurdet, die so einhergingen. Denn ihr habt sowohl den Gefangenen Teilnahme bewiesen als auch den Raub eurer Güter mit Freuden aufgenommen, da ihr wisst, dass ihr für euch selbst einen besseren und bleibenden Besitz habt“ (Kap. 10,32–34). Welch einen Glauben haben diese jüdischen Gläubigen bewiesen! Statt vor den römischen Gerichten gegen ihre Verfolger vorzugehen, haben sie den Raub ihrer Güter sogar mit Freuden aufgenommen. Sie wussten um ihren besseren und bleibenden Besitz in den Himmeln. Beschämen sie uns nicht darin?

Die freie Wirksamkeit des Heiligen Geistes

Dass das Blut der Märtyrer der Same der Kirche ist, wird hier zum ersten Mal sichtbar. Der Widersacher gedachte es böse zu machen, suchte die Versammlung zu zerstören. Gott aber wandte alles zum Guten und benutzte in Seiner Gnade die Verfolgung, um den Samen des Evangeliums weithin ausstreuen zu lassen. Früher oder später wird eben selbst der Grimm des Menschen Ihn preisen (Ps 76,11).

Die Zerstreuten

„Die Zerstreuten nun gingen umher und verkündigten das Wort“ (Apg 8,4).

Es muss schon ein bewegender Anblick gewesen sein, die vielen Gläubigen mit ihren Frauen und Kindern durch die Tore Jerusalems fliehen zu sehen. Wurde ihr Glaube nicht auf eine harte Probe gestellt? Aber sie dachten nicht an sich und an das, was sie zurückließen. Ihr Herz war auf ihren Herrn und Erlöser gerichtet und auf die gute Botschaft, die Er ihnen aufgetragen hatte. Die entstandene Verfolgung machte sie zu „Zerstreuten“, gewiss. Aber sie glichen Funken, die, wo immer sie hingelangen, neues Feuer entfachen.

In Kapitel 11 werden diese Zerstreuten noch einmal erwähnt (Vers 19). Dort finden wir sie, wie sie das Feuer in noch fernere Distrikte trugen, bis nach Phönizien und Zypern und Antiochien.

„Sie verkündigten (oder: evangelisierten) das Wort.“ Das war es, was die Menschen damals brauchten, und das ist es, was die Menschen auch heute nötig haben. Dass wir doch dabei blieben! Nichts anderes kann in den für Gott toten Menschen neues Leben erwecken als nur das Wort in der Kraft des Heiligen Geistes. Im Lauf unserer Betrachtungen über die Apostelgeschichte haben wir schon wiederholt auf diesen Punkt, auf die alles entscheidende Wichtigkeit des Wortes Gottes hingewiesen. Die eben erwähnte Stelle aus Kapitel 11 unterstreicht das ebenfalls: „Die nun zerstreut waren durch die Bedrängnis, die wegen Stephanus entstanden war, zogen hindurch bis nach Phönizien und Zypern und Antiochien und redeten zu niemand das Wort als nur zu Juden.“ Was sie redeten, war das Wort, das Wort Gottes, nicht eigene Gedankengänge und menschliche Überlieferungen und Erfindungen.

Doch wer gab den Zerstreuten die Bevollmächtigung zu diesem Dienst? Schon rein äußerlich gesehen war es ja nicht der wohl überlegte Plan von Menschen einerseits und auch nicht der geistliche Eifer oder die Einsicht der Apostel andererseits, die das Werk in Gang setzten, sondern es war die Wut des Feindes. Gott in Seiner Weisheit und Gnade benutzte sie, um das Evangelium über Jerusalem hinaustragen zu lassen. Kein Mensch hatte das vorhersehen können. Und Gott allein war es auch, der diesen Männern die Berechtigung und Befähigung gab, das Wort zu reden. Wenn der im Himmel weilende Herr Seinen Knechten geistliche Gaben gibt (Röm 12,6–8; 1. Kor 12,4ff; Eph 4,7ff), dann ist der Besitz der Gabe Bevollmächtigung genug, aber auch Verpflichtung, sie zu Seiner Ehre und zum Wohl der Menschen zu benutzen.

Das gerade taten die Zerstreuten, und sie sind darin ein leuchtendes Zeugnis und Beispiel von der freien, ungehinderten Tätigkeit des Heiligen Geistes in den Tagen des Anfangs. Nun, was in jenen Tagen richtig war, ist es auch heute. Gott ändert Seine Gedanken nicht. Wie sollten wir daher vor jeder Regulierung des Dienstes durch menschliche Einrichtungen, Satzungen und Autoritäten auf der Hut sein! Und wenn auch damals die Belehrung über die Versammlung Gottes und ihre Ordnung noch nicht gegeben war, so bestand doch die Versammlung selbst. Wie hätte Saulus sonst versuchen können, sie zugrunde zu richten? Der Heilige Geist wirkte in ihr nach Grundsätzen, die Er später durch die Briefe des Apostels Paulus im Neuen Testament niederlegen ließ.

Über die Ergebnisse des Dienstes, den die Zerstreuten in selbstloser Liebe in Judäa und Samaria ausübten, wird hier nichts weiter mitgeteilt. Sie verkündigten dort das Wort, und das war genug. Auf Samaria wird der Blick im Folgenden näher hingelenkt. Und was Judäa angeht, so erfahren wir aus dem Brief an die Galater, dass in jener Provinz bereits Versammlungen bestanden, bevor Paulus selbst den „Glauben verkündigte, den er einst zerstörte“ (Kap. 1,23). Aller Wahrscheinlichkeit nach befand sich auch in Lydda eine Versammlung und ebenfalls in Joppe (Apg 9,32–43), und zwar vor dem denkwürdigen Besuch des Apostels Petrus in Cäsarea (Kap. 10).

Philippus in Samaria

Die freie Wirksamkeit des Geistes Gottes in jenen Tagen tritt in einem weiteren Diener des Herrn in beglückender Weise hervor. Die Schilderung seines Dienstes nimmt einen großen Teil des achten Kapitels in Anspruch. Unversehens erscheint dieser Mann auf der Szene, um sie ebenso unvermittelt wieder zu verlassen.

Nur für kurze Zeit kommt er in diesem Buch vor uns, nur für kurze Zeit können wir seinen Dienst und Weg verfolgen. Dann entschwindet er wieder unseren Blicken. Doch die Spuren, die er hinterlässt und die Gottes Wort festgehalten hat, sind zu unserer bleibenden Belehrung und Ermunterung.

Über die rechte Verkündigung

„Philippus aber ging hinab in eine Stadt Samarias und predigte ihnen den Christus“ (Vers 5).

Wer war Philippus? Offensichtlich nicht der Apostel Philippus, denn die Apostel blieben in Jerusalem (Vers 1). Lukas bezieht sich vielmehr auf jenen Diener, der einer von den „Sieben“ war (Kap. 6,5). Später nennt er ihn den ›Evangelisten‹ (Kap. 21,8). Durch die Verfolgung und Zerstreuung der Jünger war das „Bedienen der Tische“ zur Versorgung der Armen unter ihnen unmöglich geworden. Doch der Herr hielt für Seinen Knecht eine neue, weiter reichende Aufgabe bereit.

Philippus ist ein treffliches Beispiel für solche, die Ihm „wohl gedient“ und sich „eine schöne Stufe“ erworben haben „und viel Freimütigkeit im Glauben, der in Christus Jesus ist“ (1. Tim 3,13). Es mag sein, dass sich unter der Zulassung Gottes für Seinen Diener die eine Tür schließt. Aber dem Herrn ist es ein Geringes, ihm eine andere Tür zu noch größerem Segen zu öffnen.

Das darf uns ermutigen, treu zu sein und „wohl zu dienen“ in dem Bereich, den Er uns anvertraut hat, mag er noch so gering erscheinen. Alles Weitere können wir getrost Ihm überlassen. Genug zu wissen, dass Er den „Schlüssel des David hat, der da öffnet, und niemand wird schließen, und schließt, und niemand öffnet“ (Off 3,7).

Von der Liebe zum Herrn und zu den Menschen getrieben, ging Philippus in eine Stadt Samarias, um dort die gute Botschaft von Christus zu verkündigen. Um welche Stadt es sich handelt, wird nicht ausdrücklich gesagt. Einige gute alte Handschriften lesen hier „in die Stadt Samarias“. Das könnte sich dann auf die alte Stadt Sichern beziehen, die, am Fuß des Berges Gerisim gelegen, das Zentrum der Anbetung in Samaria bildete und später ›Neapolis‹ genannt wurde. Unweit dieser Stadt, in Sichar, hatte der Herr Jesus unter großem Segen gewirkt. Zwei Tage war Er dort geblieben – Er, der Heiland der Welt (Joh 4,39–42).

Es ist durchaus denkbar, dass Philippus gerade in diese Stadt kam und den dort durch den Herrn begonnenen Dienst in gewisser Hinsicht fortsetzte: „Er predigte ihnen den Christus.“ Zwei Arten der Verkündigung durch Philippus zeigt uns dieses Kapitel; und sie sind, denke ich, beispielgebend bis in unsere Tage, gültig für jeden Ort und jede Zeit.

Das Evangelium der Gnade Gottes erreichte zuerst „Samaria“ und dann gleichsam das „Ende der Erde“ (vgl. Apg 1,8). Zuerst geschah sein Dienst in der unmittelbaren Nachbarschaft der Juden, und dann richtete er sich an einen Äthiopier als Repräsentanten der entfernten Heiden. Der erste Dienst geschah in einer Stadt vor einer Volksmenge, der andere in der Wüste einem Einzelnen gegenüber. Der Gegenstand seiner Predigt indes war derselbe: der Herr Jesus. In der Stadt Samarias „predigte er ihnen den Christus“; und als er den Äthiopier in der Wüste traf, „verkündigte er ihm das Evangelium von Jesus“ (Kap. 8,35). In allem leitete ihn die gute Hand seines Herrn, und in allem kann er uns als Vorbild dienen.

Ein wahrer Diener des Herrn verkündigt nicht das Gesetz, nicht irgendeine Lehre, nicht Moral, nicht Philosophie, nicht Religion, sondern – Christus. Dabei besteht ein feiner Unterschied zwischen Vers 35 und Vers 5. Dem Kämmerer aus Äthiopien, der im Buch des Propheten Jesaja über die Erniedrigung des Herrn las, verkündigte Philippus das Evangelium von Jesus. Diesem Mann musste zuerst gezeigt werden, dass jene Person, die so furchtbare Leiden erduldete, Jesus war, der Sohn des Menschen und selbst wahrer Mensch. Den Leuten von Samaria aber predigte Philippus den Christus. Das schließt die Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn Jesus ein. In dieser Weise hatte schon Petrus am Tag der Pfingsten von Ihm gesprochen: „dass Gott ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat“ (Kap. 2,36).

Die Auferweckung des Herrn Jesus ist der unumstößliche Beweis dafür, dass Gott Sein Werk angenommen hat. Er ist „unserer Übertretungen wegen hingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden“ (Röm 4,25). Der Gläubige steht auf dem Boden eines von Gott angenommenen Opfers. Der Eine, der als Mensch am Kreuz starb, ist auferstanden und hat sich zur Rechten Gottes gesetzt. Das zeigt uns zudem die Göttlichkeit dieses Einen: Der Herr Jesus ist Gott und Mensch in einer Person. Das Verkündigen von Christus bedeutet also ein volles Evangelium. Das Verkündigen von Jesus geht nicht so weit. Für beides gibt es jedoch eine Zeit, und Philippus wusste, von Gott geleitet, wann er das eine und wann er das andere zu tun hatte.

Und noch etwas: Philippus predigte ihnen den Christus. Es wird nicht gesagt: „Er kam in eine Stadt Samarias und predigte dort den Christus.“ Auch beim Kämmerer heißt es, wörtlich übersetzt: „Er evangelisierte ihm den Jesus.“ Will uns der Heilige Geist mit dieser Ausdrucksweise nicht andeuten, dass die Botschaft, dass die Person Christi vor jedes Herz und Gewissen individuell gebracht wurde? Es war keine pauschale Verkündigung in dem Sinn von: Wir sind alle Sünder, wir alle brauchen Christus als Heiland.

Es ist sicherlich richtig zu predigen, dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu erretten (1. Tim 1,15); aber es ist nicht genug. Wir müssen versuchen, die Menschen in persönlichen Kontakt mit Christus zu bringen, ob wir zu einer Menge oder zu einem Einzelnen sprechen. Lasst uns, anstatt nur von Christus als einem Heiland für alle zu reden, auch davon zeugen, dass Er den Einzelnen – „dich“ – erretten will! Andernfalls könnte es geschehen, dass ein Mensch mit dem Bekenntnis „Wir alle sind Sünder, wir alle brauchen einen Heiland“ sich in Sicherheit wiegt und doch auf ewig verloren geht.

Noch einmal Zeichen und Wunder

„Die Volksmengen über achteten einmütig auf das, was von Philippus geredet wurde, indem sie zuhörten und die Zeichen sahen, die er tat. Denn von vielen, die unreine Geister hatten, fuhren sie aus, mit lauter Stimme schreiend; und viele Gelähmte und Verkrüppelte wurden geheilt. Es entstand aber große Freude in jener Stadt“ (Apg 8,6–8).

Die „Felder“ in dieser Stadt Samarias waren „weiß zur Ernte“ (Joh 4,35). Und während Saulus in Judäa seinen mörderischen Weg weiterging und die an Christus Glaubenden verfolgte, war Philippus in gesegneter Weise damit beschäftigt, den Menschen in Samaria gerade diesen Christus zu verkündigen. Den Ersteren trieb der Teufel an, den Letzteren leitete der Geist Gottes. Und obwohl die Menschen jener Stadt Samarias zuvor in den Bann eines bösen Menschen, eines Zauberers, geraten waren, gaben die Volksmengen jetzt einmütig Acht auf das Evangelium, so dass sie schließlich zum Glauben an den Herrn Jesus kamen.

Wie wunderbar erwies sich aufs Neue die Macht des Wortes Gottes! Diese Menschen hörten dem zu, was von Philippus geredet wurde. Tiefer Ernst und große Einmütigkeit bewegten sie. Sie standen nicht gegen den Boten des Evangeliums auf, um ihn fortzutreiben. Auch blieben sie nicht gleichgültig ihm und der Botschaft gegenüber, sondern sie gaben Acht, hörten zu.Wenn das doch die Menschen auch heute tun würden! Wirklich einmal zuhören, wenn Gott zu ihnen spricht! Es würde der Anfang eines unendlichen Segens sein.

In Samaria war es so. Derart rasch reifte die Ernte in dieser Stadt heran, sobald Philippus in ihr erschien und arbeitete, dass wir nicht umhin können zu glauben, dass ein anderer Sämann dort zuvor den wertvollen Samen aufs Feld gestreut hatte. Der Meister selbst hatte mit eigener Hand das Feld bestellt, dessen reiche Ernte nun Sein Diener einbringen durfte. Wir erinnern uns, wie auf das Bekenntnis der samaritanischen Frau hin die Menschen aus der Stadt hinausgegangen und zu Ihm gekommen waren, um Ihn zu hören (Joh 4,29.30). Und wieder erwies sich der „Spruch“ als wahr: „Einer ist es, der da sät, und ein anderer, der erntet. Ich habe euch gesandt, zu ernten, woran ihr nicht gearbeitet habt; andere haben gearbeitet, und ihr seid in ihre Arbeit eingetreten“ (Verse 37.38).

Doch dann hören wir erneut von Zeichen und Wundern, mit denen Gott die Predigt des Evangeliums in Samaria begleitete. Er bestätigte damit, dass dieses Evangelium wirklich von Ihm war. Wie die Apostel und dann Stephanus in Judäa Wunder und große Zeichen getan hatten, so benutzte Gott jetzt Philippus, um auch in Samaria dasselbe zu tun. Das alles geschah ganz in Übereinstimmung mit dem, was der Herr Jesus vor Seiner Himmelfahrt vorausgesagt hatte: „Diese Zeichen aber werden denen folgen, die glauben: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben ... Kranken werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden“ (Mk 16,17.18). Auf diese Weise wirkte der Herr mit und bestätigte das Wort durch diese Zeichen (Vers 20; vgl. auch Apg 14,3). Dass dies nur für die Anfangstage des Christentums nötig war, als das Evangelium neu und das Wort Gottes noch nicht vollendet war, haben wir im Lauf unserer Erläuterungen über die Apostelgeschichte schon mehrfach erwähnt.

Wie in Judäa, so müssen sich auch in Samaria viele von Dämonen Besessene befunden haben, denn auch hier werden sie besonders erwähnt und werden sogar zuerst genannt. Lukas deutet an, dass solche, die unreine Geister hatten, zu Philippus kamen und dass alle, die kamen, Befreiung fanden. Diese unreinen, bösen Geister verhielten sich ähnlich wie die, die der Herr Jesus ausgetrieben hatte: Sie fuhren aus, mit lauter Stimme schreiend – weil sie gezwungen wurden, ihre Opfer freizugeben.

Das Anschauen dieser Wunder, die so klar von dem Sieg Jesu über die ganze Macht der Hölle zeugten, verfehlte seine Wirkung bei den Samaritern nicht, sondern beeindruckte sie. Als dann auch noch viele Gelähmte und Verkrüppelte geheilt wurden, entstand eine große Freude in jener Stadt. Wie gut können wir das verstehen! Dass diese Freude nicht nur oberflächlicher Art war, deutet auch der weitere Fortgang der Ereignisse an. Denn viele glaubten dann dem Philippus und dem Evangelium, das er verkündigte (Apg 8,12). Und wundert es uns, wenn ein wenig später auch der Kämmerer seinen Weg „mit Freuden“ zog (Vers 39)?

Wenn allerdings jemand das Wort „sogleich mit Freuden aufnimmt“, ohne dass er sich je im Licht Gottes gesehen hat und zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus geführt worden ist, so täuscht er sich selbst und andere und wird keinen Bestand haben (vgl. Mt 13,20.21). Früher oder später „verdorrt“ er (Vers 6). Ein Beispiel für solch eine Art „Glauben“ kommt direkt anschließend vor uns.

Wunder können zur Bestätigung des Wortes mitwirken, aber der Glaube selbst ruht nicht auf Wundern, sondern auf dem Wort Gottes. Der Herr Jesus hatte in Samaria keine Wunderwerke getan. Die Menschen dort hatten „um seines Wortes willen“ geglaubt, hatten erkannt, „dass dieser wahrhaftig der Heiland der Welt ist“ (Joh 4,41.4.2). Dass der Herr aber jetzt in Samaria Zeichen und Wunder geschehen ließ, hatte, wie der folgende Abschnitt zeigt, noch eine besondere Bewandtnis.

Simon, der Zauberer

Wie bereits bemerkt, wirkte Philippus wahrscheinlich in der Stadt, die das religiöse Zentrum Samarias darstellte. Dort sah er sich jedoch nicht nur der verderbten samaritanischen Religion gegenüber, sondern auch dem orientalischen Okkultismus. Die Geschichte des Mannes, der ihn betrieb, wird von dem inspirierten Schreiber deswegen eingeführt, um zu zeigen, wie groß die Kraft Gottes ist und wie sie über die dunkle Macht Satans den Sieg davonträgt. Sie ist imstande, von jeder satanischen Bindung zu befreien, wie schrecklich sie auch sein mag.

„Ein gewisser Mm aber, mit Namen Simon, befand sich vorher in der Stadt, der Zauberei trieb und das Volk von Samaria außer sich brachte und von sich selbst sagte, dass er jemand Großes sei; dem alle, vom Kleinen bis zum Großen, anhingen und sagten: Dieser ist die Kraft Gottes, die,die Große‘ genannt wird. Sie hingen ihm aber an, weil er sie lange Zeit mit den Zaubereien außer sich gebracht hatte“ (Apg 8,9–11).

Wer war Simon? In den weltlichen Traditionen des zweiten und dritten Jahrhunderts legt man ihm den Titel „der Große“ bei. Doch wollen wir uns an den zahlreichen Spekulationen darüber, welcher geschichtlichen Persönlichkeit dieser Mann zuzuordnen ist, nicht beteiligen. Sie sind auch müßig. Uns genügt, was Gottes Wort über ihn sagt: Er trieb Zauberei, er hielt sich für jemand Großes, und er brachte nicht allein die Bevölkerung der Stadt, sondern das Volk von Samaria durch seine Zaubereien unter seinen Bann.

Simon gehörte zu einer Klasse von Scharlatanen (Schwindler, die bestimmte Fähigkeiten vortäuschen) und Betrügern, wovon die Welt in jener Zeit voll war. Durch okkulte Praktiken suchten sie die Menschen unter ihre Kontrolle zu bringen. Dabei kombinierten sie wirkliche Zauberei aus satanischer Quelle mit einem gerissenen Gebrauch von natürlichen Gesetzen, die den Menschen damals weitgehend unbekannt waren. Ihre bösen Praktiken reichten vom Beschwören von Dämonen über die Beschäftigung mit Toten bis hin zu Krankenheilungen, Wahrsagen und Astrologie (Sterndeutung). Ist es nicht beschämend, dass all diese von Satan inspirierten Praktiken auch heute in den „christlichen Ländern“ weit verbreitet sind? Sie sind unheilvolle Vorboten des ›Menschen der Sünde‹, der am Ende der gegenwärtigen Epoche in der Macht Satans Zeichen und Wunder der Lüge tun und dadurch jene Menschen verführen wird, die die Liebe zur Wahrheit Gottes nicht angenommen haben (2. Thes 2,9.10).

Simon muss erstaunliche Taten vollbracht haben; denn Lukas benutzt in Vers 11 selbst den Ausdruck ›Zaubereien‹. Mit ihnen hatte dieser Zauberer die Menschen lange Zeit außer sich gebracht.

Dabei hielt er seine eigene Person einigermaßen im Dunkeln. Er behauptete wohl, jemand Großes zu sein, sagte aber nicht, wer und was er in Wirklichkeit war. Durch die Verschleierung seiner Person machte er einen umso tieferen Eindruck auf die Menschen, die von jeher das Mysteriöse lieben. Und er erreichte, was er wollte: „Alle, vom Kleinen bis zum Großen, hingen ihm an.“ Wir würden heute sagen: „Jung und Alt“, oder: „Hoch und Niedrig“ – sie alle verfielen seinem Zauber und hingen ihm an. Alter oder Bildung bieten eben keinerlei Schutz vor dieser Macht. Und was er verbarg, das ergänzten sie in ihrer abergläubischen Einbildung: Sie bezeichneten ihn als die „Kraft Gottes, die,die Große‘ genannt wird“.

Die Samariter erblickten in diesem Mann die Offenbarung der überragenden Kraft Gottes. In Wahrheit stand dieser Betrüger unter satanischem Einfluss. Er gehörte in dieselbe Gruppe von bösartigen Schwindlern wie Elymas, der Zauberer, in Kapitel 13 (Verse 8–10) – der eine wie der andere ein „Sohn des Teufels“.

„Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium von dem Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi verkündigte, wurden sie getauft, sowohl Männer als Frauen“ (Kap. 8,12).

Wenn Simon viel von sich selbst hielt und die Verehrung der Menge willig entgegennahm – Philippus brachte einen Anderen in den Vordergrund: Er verkündigte das Evangelium von dem Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi. Der Prediger trat völlig hinter der Vortrefflichkeit Dessen zurück, den er verkündigte. Ließ er sich von den Zaubereien Simons blenden? Nicht im Geringsten! Er hatte eine gute Botschaft zu verkündigen, und die hatte nichts mit dem Reich Satans zu tun, sondern mit dem wunderbaren Reich Gottes. In diesem Reich ist Jesus Christus die zentrale Person, und Sein Name ist wie ein ausgegossenes Salböl (Hld 1, 3).

Die Unterschiede zwischen diesen beiden Männern müssen mächtig auf die Menschen eingewirkt haben. Und wir sehen jetzt, wohin das in Vers 6 erwähnte Achtgeben führte: Männer und Frauen glaubten dem Philippus. Das heißt, sie nahmen all das an, was dieser Bote Gottes ihnen an guter Botschaft verkündigte, „betreffend“, wie es wörtlich heißt, „das Reich Gottes und den Namen Jesu Christi“. Nur durch die neue Geburt kann man in dieses Reich gelangen und nur durch den Glauben an den Herrn Jesus Errettung finden (Joh 3,3.5; Apg 4,12; 16,31). Wenn es hier jedoch heißt, dass sie dem Philippus glaubten, dann zeigt das einfach den Gegensatz zu Simon auf: Sie gaben nicht länger dem Zauberer Gehör, sondern sie schenkten jetzt dem Prediger des Evangeliums ihr Vertrauen. Der Gegenstand des Glaubens kann indes nur Christus sein, niemals der Verkündiger der guten Botschaft.

So trug die Macht Gottes den Sieg über die Macht Satans davon, und viele von den Bewohnern Samarias wurden von dem Betrug des Teufels befreit. Sie zögerten dann auch nicht, sich durch die Taufe öffentlich auf die Seite des auf der Erde verachteten, aber im Himmel verherrlichten Christus zu stellen.

Die Verbform bei ›sie wurden getauft‹ (Imperfekt) deutet einen wiederholten Vorgang an: „Sie wurden (immer wieder) getauft.“ So wie die Einzelnen nach und nach zum Glauben kamen, wurde an ihnen dann die Taufe vollzogen. Das Ganze geschah also über einen längeren Zeitraum. Darüber hinausgehende Einzelheiten teilt uns Lukas allerdings nicht mit.

Über die Taufe selbst haben wir in Verbindung mit Apostelgeschichte 2 ausführlich gesprochen, so dass ich mich hier recht kurz fassen kann. Damals, am Tag der Pfingsten, waren in Jerusalem viele Juden auf den Namen Jesu Christi getauft worden, nachdem sie das Wort Gottes angenommen hatten (Verse 38–41). Und jetzt geschah unter den Samaritern dasselbe. Es scheint die Absicht des Geistes Gottes zu sein, diese Parallelität hervorzuheben.

Tatsächlich wird zwischen Kapitel 2 und Kapitel 8 die christliche Taufe auch nicht ein einziges Mal erwähnt. Hier wurde nun die Tür des Reiches der Himmel für Samaria geöffnet. Die Tragweite hiervon wird uns sogleich noch beschäftigen. Welch eine erstaunliche Entwicklung sehen wir jedoch: Eine große Anzahl der von den Juden so verachteten Samariter bekehrte sich zum Herrn! Durch die Taufe betraten sie christlichen Boden und wurden auf dieselbe Weise Jünger des Herrn wie zuvor die „dreitausend Seelen“ aus dem jüdischen Volk.

Ein weiteres Mal begegnet uns in Vers 12 der Ausdruck ›sowohl Männer als Frauen‹. Das Vorrecht, den Herrn Jesus Christus im Glauben anzunehmen, war und ist nicht auf Geschlecht beschränkt. Sowohl Männer als Frauen wurden in den christlichen Segensbereich eingeführt. In Jerusalem sehen wir allerdings die andere Seite: Sowohl Männer als Frauen erlitten Verfolgung um des Herrn willen (Vers 3). Wie oft hat sich beides im Lauf der Jahrhunderte wiederholt!

Vergebliches Glauben

Aber dann bietet sich uns ein unerwartetes Bild: Simon, der Zauberer, wird getauft! Wie ist das möglich? Was war geschehen?

„Aber auch Simon selbst glaubte, und als er getauft war, hielt ersieh zu Philippus; und als er die Zeichen und großen Wunderwerke sah, die geschahen, geriet er außer sich“ (Vers 13).

„Aber auch Simon selbst glaubte.“ Auf den ersten Blick möchte man meinen, dass nun auch dieser Zauberer zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus kam. Doch dieser flüchtige Eindruck trügt. Denn nicht mit einem Wort weist die Schrift darauf hin, dass er – wie die vielen Männer und Frauen Samarias es getan haben – an die Botschaft geglaubt hat, die Philippus verkündigte. Wir haben ihren Inhalt gesehen.

Nein, er wurde vielmehr nur davon überführt, dass die Zeichen und großen Wunderwerke, die er geschehen sah, eine höhere Macht zur Quelle hatten als die seine. Deswegen „geriet er außer sich“ – nicht, weil er von der Größe des Reiches Gottes und des Namens Jesu Christi beeindruckt gewesen wäre oder sich als Gegenstand der Gnade und Liebe Gottes erkannt hätte.

Als Werkzeug in der Hand Satans, als jemand, der selbst Zauberei trieb, war er am ehesten in der Lage, die über ihm stehende Macht Gottes zu erkennen. Wie die Zauberer Ägyptens (2. Mo 8,14.15) war er genötigt anzuerkennen, dass der Bote des wahren Gottes Zugang zu einer Machtquelle besaß, die die seine bei weitem übertraf.

Wenn die Heilige Schrift trotzdem den Ausdruck „er glaubte“ benutzt, dann deswegen, damit wir eine wichtige Lektion über das rechte Glauben lernen sollen. Man kann nämlich auf eine Art glauben, die nicht ewiges Leben und Errettung zum Ergebnis hat. Gottes Wort nennt das ein „vergebliches Glauben“ (1. Kor 15,2). Es gibt ein verstandesmäßiges und ein gefühlsmäßiges Glauben; und das ist ein „vergebliches“ Glauben, ein Glauben „ohne wahre Grundlage“, was der griechische Ausdruck bedeutet. Wenn jemand, wie Simon, der Zauberer, seinen Glauben auf Zeichen und Wunderwerke stützt oder auf Gefühle und Erfahrungen, dann fehlt dem Glauben die rechte Grundlage. Er wird auch früher oder später zusammenbrechen. Der Glaube muss auf dem Wort Gottes beruhen, das durch die Verkündigung zu uns kommt: „Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort“ (Röm 10,17).

Aber im Falle Simons hören wir nichts davon, dass er der Verkündigung geglaubt hätte. Er machte denselben Fehler wie viele Juden zur Zeit des Herrn und viele Menschen heute: Er gründete seinen Glauben auf äußere Beweise und Geschehnisse. Auch der Glaube vieler Juden damals war von dieser rein natürlichen Art gewesen. Aber solchen „Glaubenden“ vertraute sich der Herr nicht an; denn sie glaubten nicht wirklich an Ihn. Wir lesen am Ende von Johannes 2: „Als er aber in Jerusalem war, am Passah, auf dem Fest, glaubten viele an seinen Namen, als sie seine Zeichen sahen, die er tat. Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, weil er alle kannte und nicht nötig hatte, dass jemand Zeugnis gebe von dem Menschen; denn er selbst wusste, was in dem Menschen war.“

Wenn das Gewissen des Menschen nicht durch das Wort Gottes in Tätigkeit kommt, wenn der Mensch nicht zur Buße Gott gegenüber und zum Glauben an unseren Herrn Jesus gelangt (Apg 20,21), dann ist alles vermeintliche Glauben vergeblich, nichtig. Es ist bestenfalls ein Kopfglaube, ein gewisses Für-Wahr-Halten von Zusammenhängen und Vorgängen. Dabei mag es nicht einmal an Aufrichtigkeit fehlen, wovon wir vielleicht auch bei Simon ausgehen können.

Dass sich Simon „zu Philippus hielt“, ist ein weiterer Hinweis, der uns zu denken gibt. Im Blick auf die Männer und Frauen Samarias, die zum Glauben kamen, suchen wir solch eine Bemerkung vergeblich.

Ist das nicht bezeichnend? Der Gläubige hält sich zu Christus, wie der Kämmerer am Schluss des Kapitels. Der zog seinen Weg mit Freuden, obwohl der Geist des Herrn den Philippus entrückt hatte und er ihn nicht mehr sah. Der bloße Bekenner dagegen sucht gern Halt bei Menschen, gerade bei solchen, durch die er Segen empfangen hat oder die ihm Eindruck machen. In diese Schlinge können allerdings auch Kinder Gottes geraten.

Vielleicht wollte Simon aber auch das Geheimnis der Kraft entdecken, in der Philippus die großen Wunderwerke vollbrachte. Der textliche Zusammenhang legt diesen Schluss nahe; denn es heißt: „Und als er die Zeichen und großen Wunderwerke sah, die geschahen, geriet er außer sich.“

Und ist es andererseits nicht ebenfalls bezeichnend, dass bei den Gläubigen Samarias nichts davon gesagt wird, dass sie durch die Wunder, die Philippus tat, außer sich geraten wären? Sie glaubten der Verkündigung des Wortes Gottes, Simon geriet außer sich über die Wunderwerke.

Eine bemerkenswerte Taufe

Nun, diesen Mann taufte Philippus. Das ist wieder eine erstaunliche Feststellung. Doch bedenken wir: Philippus war ein Evangelist - der Einzige, der je im Neuen Testament so bezeichnet wird, obwohl er natürlich nicht der Einzige war, der in dieser Weise und auf diesem Feld dem Herrn diente. Philippus kannte seinen Dienst, und bei diesem Dienst blieb er: dem Predigendes Evangeliums.

Dieses achte Kapitel der Apostelgeschichte, das man gut mit „Die Taten des Philippus“ überschreiben könnte, macht das ganz deutlich. „Er predigte ihnen den Christus“ (Vers 5). „Er verkündigte das Evangelium von dem Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi“ (Vers 12). „Er verkündigte ihm das Evangelium von Jesus“ (Vers 35). „Er verkündigte das Evangelium allen Städten, bis er nach Cäsarea kam“ (Vers 40). Er besaß nicht die Gabe eines Lehrers oder eines Hirten, und er wusste das und hielt sich daran – eine recht nachahmenswerte Haltung für alle die, denen der Herr eine geistliche Gabe anvertraut hat.

Das Aufdecken der Tatsache, dass Simon ein falscher Jünger war, war nicht Philippus gegeben. Dies blieb den beiden Aposteln Petrus und Johannes vorbehalten, die anschließend nach Samaria kamen. Durchaus nicht allen treuen Männern Gottes ist die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ geschenkt (1. Kor 12,10), das heißt zu erkennen, aus welchem Geist heraus jemand spricht.

Die Aufforderung in 1. Johannes 4, die auf dieser Linie liegt, gilt natürlich uns allen: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen“ (Vers 1). Aber es gibt doch Diener des Herrn, die eine besondere Gabe, ein besonderes Auge für diese Probleme haben. Auf ihr Urteil sollten wir hören und uns nicht schmeicheln, wir selbst erkennten das alles genauso gut. Der Herr hat uns in diesem Sinn voneinander abhängig gemacht, und das ist gut so und hält uns klein in unseren Augen.

Ein Umstand erscheint mir an dieser Stelle noch erwähnenswert: Spätestens von dem Augenblick an, als Simon getauft wurde, sind die beiden Bereiche der Versammlung Gottes und des christlichen Bekennertums nicht mehr „deckungsgleich“, nicht mehr gleich groß. Seit dieser Taufe ist die Zahl der Bekenner größer als die der wahren Gläubigen. Simon bekannte sich zum Christentum, aber er besaß, wie wir im Folgenden sehen können, kein Leben aus Gott. Der Geist Gottes wohnte nicht in ihm. Er war deshalb kein Glied am Leib Christi und gehörte nicht zur Versammlung des lebendigen Gottes.

Damals bereits öffnete sich die Schere zwischen diesen beiden Bereichen, heute klafft sie weit auseinander. Gerade deswegen ist es außerordentlich wichtig, zwischen beiden zu unterscheiden. Die Heilige Schrift tut dies an vielen Stellen; und wenn wir die Unterschiede nicht sehen lernen, können wir in schlimmes Unheil, ja in gefährliche Irrtümer geraten.

Ein apostolischer Besuch

Das machtvolle Wirken des Herrn in Samaria durch Seinen Diener Philippus konnte nicht verborgen bleiben. Die Nachricht davon erreichte auch die Apostel in Jerusalem, und wir lernen im Folgenden sogleich einen der Hauptgründe dafür kennen, warum der Herr nicht zugelassen hatte, dass die Apostel durch Verfolgung aus der Stadt vertrieben wurden.

„Als aber die Apostel in Jerusalem gehört hatten, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen; die, als sie hinabgekommen waren, für sie beteten, damit sie den Heiligen Geist empfingen; denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren nur getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist“ (Apg 8,14–17).

Samaria hatte das Wort Gottes angenommen. Das war ein höchst bedeutsamer Vorgang, zudem ein besonderer Triumph der Gnade Gottes über die Macht Satans. Der einleitende Ausdruck will natürlich nicht sagen, dass ganz Samaria das Wort angenommen hatte, dass alle dort lebenden Menschen gläubig geworden waren. Vielmehr wird damit eine Unterscheidung oder Abgrenzung zu den Juden ausgedrückt. Das Wort Gottes war nun nach dem Willen des Herrn (vgl. Kap. 1,8) über den jüdischen Bereich hinaus nach Samaria gelangt und hatte dort bei vielen Aufnahme gefunden. Das war das Besondere, worauf der Blick gerichtet werden soll. Nach Judäa war nun auch Samaria vom Evangelium erreicht worden.

Und mehr noch: Es war ein echtes Werk Gottes an den Menschen dort geschehen. Wie später die Gläubigen in Thessalonich hatten auch sie das Wort der Kunde Gottes nicht als Menschenwort aufgenommen, „sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort“ (1. Thes 2,13). Das ist das Entscheidende: zu erfassen, dass es Gott ist, der da redet. Heute haben wir das Wort Gottes in geschriebener, vollendeter Form vor uns: die Heilige Schrift.

Hat jeder meiner Leser schon erfahren, dass Gott darin zu ihm redet? Für viele ist es nur Menschenwort. Aber das ist eine verhängnisvolle Täuschung, mit der man, gibt man ihr weiterhin Raum, ewig verloren geht. Die Menschen in Samaria jedenfalls nahmen das von Philippus geredete Wort nicht als Menschenwort auf, sondern als Gottes Wort. Sie beugten sich unter die Autorität Dessen, der zu ihrem Herzen und Gewissen geredet hatte. Und das ist der einzige Weg zum Heil.

Keine Unabhängigkeit und Rivalität

Was für eine Freude muss es für die in Jerusalem verbliebenen Apostel bedeutet haben, als sie nun nach all dem Schweren der ersten Christenverfolgung die guten Nachrichten aus Samaria hörten! Sogleich sandten sie zwei ihrer hervorragendsten Vertreter dorthin: Petrus und Johannes. Auch dieser Vorgang verdient unsere ganze Aufmerksamkeit. Wird darin doch in praktischer Weise eine Wahrheit angedeutet, die erst viel später durch den Apostel Paulus der Lehre nach entfaltet wird: dass die Versammlung, ob als Leib Christi oder als Haus Gottes gesehen, ein einheitliches Ganzes bildet und dass es darin keine Unabhängigkeit und keine Rivalität geben kann.

Die Versammlung selbst, die Sache als solche bestand ja bereits, wenn auch die Belehrung über ihre Ordnung und ihre Strukturen erst später in den Briefen des Neuen Testaments gegeben wurde. Und was so bedeutsam ist: Der Heilige Geist führte die Apostel und die Gläubigen schon ganz zu Anfang dahin, nach den Grundsätzen dieser neutestamentlichen Wahrheit über die Versammlung Gottes zu handeln. Wir haben das auch schon bei früheren Anlässen gesehen. Gott hat Seine Gedanken über Seine Versammlung nicht geändert, hat sie nicht, wie Menschen das tun, den veränderten Verhältnissen angepasst. Damals wie heute – es sind dieselben Prinzipien. Gott kennt und anerkennt keine anderen, auch nicht für Tage des Verfalls. Sind auch wir heute bereit, sie zur Richtschnur unseres Denkens und Handelns im Blick auf unseren gemeinsamen Weg zu nehmen? Wir werden im Folgenden Gelegenheit haben, unsere heutige Praxis mit dem untrüglichen Maßstab des Wortes Gottes und mit den Tagen des Anfangs zu vergleichen.

Zwei Umstände gaben der Sendung der Apostel zu den Gläubigen in Samaria besonderes Gewicht. Zum einen bestand seit der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft eine große Kluft zwischen den Juden und den Samaritern. Obwohl Letztere ihre Herkunft vom Patriarchen Jakob ableiteten (Joh 4,12), hatten sie seit den Tagen Nehemias einen rivalisierenden Gottesdienst eingerichtet, hatten sogar auf dem Berg Gerizim einen eigenen Tempel errichtet, der ganz im Gegensatz zum Tempel Gottes in Jerusalem stand.

Die Samariter nahmen also in religiöser Hinsicht eine klar schismatische (Spaltung betreibende) Stellung ein. Ihr Verhalten, ihr Gottesdienst war eindeutig durch Unabhängigkeit gekennzeichnet.

Gott wirkte nun auf Seine Weise der Gefahr entgegen, dass diese Rivalität und Unabhängigkeit in irgendeiner Form auch auf die christlichen Beziehungen Übergriff und sie beeinträchtigte. Wie leicht hätte zum Beispiel eine jüdisch oder von Jerusalem geprägte und eine samaritanisch geprägte Versammlung entstehen können, die zueinander in Rivalität standen! So sorgte Er dafür, dass die typisch christliche Segnung, der Empfang und Besitz des Heiligen Geistes, nur in Verbindung mit Jerusalem erlangt werden konnte. Nicht nur hatte Philippus die Metropole (oder Hauptstadt) verlassen und den Samaritern das Evangelium verkündigen müssen, sondern Petrus und Johannes mussten auch nach Samaria „hinabkommen“, damit die Gläubigen dort den Heiligen Geist empfangen konnten. Das mussten die Jünger in Samaria lernen, und auch wir sollten daraus lernen: dass Gott keine Unabhängigkeit zwischen örtlichen Versammlungen erlaubt.

Zum anderen durfte es auch keine Rivalität zwischen den Dienern Gottes geben. Das hätte ebenfalls leicht zu einer Spaltung der Versammlung führen können, wie es uns das traurige Beispiel der Korinther lehrt (vgl. i. Kor 3). So war es auch in dieser Hinsicht von größter Wichtigkeit, dass die Einheit in praktischer Weise aufrechterhalten, dass der menschlichen Neigung zur Unabhängigkeit von Anfang an gewehrt wurde. Das Wort Gottes war nicht durch einen der Apostel – den bisher von Gott benutzten Werkzeugen – nach Samaria gelangt, sondern in der Freiheit des Geistes durch einen „normalen“ Diener des Herrn, der zudem von der Versammlung zu einem ganz anderen, einem äußeren Dienst gewählt worden war. Umso nötiger war es daher, dass die Apostel in Jerusalem sich mit dem Werk Gottes in Samaria einsmachen konnten. Auf welch schöne Weise sie das taten, wird uns sogleich beschäftigen. Wenn auch die Juden nicht mit den Samaritern verkehrten (Joh 4,9) – die Apostel kamen von Jerusalem nach Samaria hinab und verbanden sich mit den Gläubigen dort. Das Werk Gottes in Jerusalem und das Werk Gottes in Samaria waren in Wahrheit ein Werk, das nicht durch nationale Grenzen und Voreingenommenheiten gespalten werden durfte.

Was es also zu lernen gab und zu lernen gibt, ist die Wahrheit, dass alle Gläubigen, ob sie zuvor Juden oder Samariter waren oder aus irgendeinem anderen Volk kommen, einen Leib in Christus bilden.

Diese Wahrheit wurde durch die Sendung von Petrus und Johannes nach Samaria praktisch zum Ausdruck gebracht und bewahrt. Sie sollte auch stets vor unserem Herzen stehen und unser Tun und Lassen regieren. Dann allein sind wir mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung. Die Ermahnung in Epheser 4, dass wir uns befleißigen sollen, „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Band des Friedens“ (Vers 3), kannten die Apostel freilich noch nicht, aber sie handelten danach, handelten als Glieder des einen Leibes Christi, weil sie sich vom Heiligen Geist leiten ließen.

Und der Geist Gottes führt immer zur Einheit, zur praktischen Anerkennung der Wahrheit von dem einen Leib, nie zu deren Leugnung. Gott anerkennt – damals wie heute – keine andere Einheit, keinen anderen „Leib“ als nur den einen Leib Christi, zu dem alle Gläubigen gehören. Haben auch wir schon gelernt, uns einfach als Glieder des Leibes Christi zu sehen und dementsprechend alles abzulehnen, was diese wunderbare Einheit nach Lehre und Praxis leugnet? Oder ist uns diese Wahrheit fast etwas Fremdes, etwas Nebensächliches geworden?

Wir könnten das Wort aus dem Epheserbrief geradezu als Überschrift über die Vorgänge in Samaria setzen. Denn auch Philippus handelte in diesem Geist. Er hatte die Apostel zwar nicht gerufen, aber als sie kamen, hatte er nichts dagegen einzuwenden. Und wenn die Apostel tiefere geistliche Einsicht und Kraft offenbarten als er, so war er es zufrieden und erkannte es an. Neid und Eifersucht waren ihm fremd. Noch einmal möchten wir sagen: dass diese Gesinnung doch auch uns mehr erfüllte!

Über das Empfangen des Heiligen Geistes

Als die Apostel Petrus und Johannes nach Samaria kamen, erkannten sie sogleich, dass die Gläubigen dort noch nicht den Heiligen Geist empfangen hatten. Philippus war das offenbar nicht aufgefallen. Die Menschen, die gläubig geworden waren, waren wohl auf den Namen des Herrn Jesus getauft, aber der Heilige Geist war noch auf keinen von ihnen gefallen, bezeugt die Schrift.

Das Erste, was die Apostel daraufhin taten, war, dass sie diesen Mangel zu einem Gegenstand des Gebets machten. Es lag ihnen daran, dass auch die Gläubigen von Samaria diese große christliche Segnung empfingen, wie die Gläubigen in Jerusalem sie zuvor erfahren hatten. Obwohl sie mit ihrem Begehren ganz in Übereinstimmung mit der Absicht des Herrn waren, fühlten sie doch ihre eigene Machtlosigkeit, dem Mangel abzuhelfen und diesen anormalen Zustand zu beenden. Und so trieb es sie zum Gebet: „Sie beteten für sie, damit sie den Heiligen Geist empfingen ... Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist“ (Apg 8,15.17).

Die Art und Weise der Mitteilung des Heiligen Geistes in Samaria hat schon manches Fragen ausgelöst. War es der Normalfall? War es die Ausnahme? Jedenfalls steht sie im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten, wo der Heilige Geist in anderer Form gegeben wurde. Handelte es sich überhaupt um das Empfangen der Person des Heiligen Geistes? Manche bezweifeln das. Da man in dieser Hinsicht viel Verwirrendes hören und lesen kann, ist es sicher nützlich, diesen Themenkreis einmal etwas näher zu beleuchten. Wir wollen das in der Form tun, dass wir uns einige Fragen stellen und versuchen, sie mit der Schrift zu beantworten. Auf diese Weise können wir vielleicht die nicht immer ganz einfachen Zusammenhänge am besten verstehen lernen. Dabei hoffe ich sehr, dass wir die Dinge nicht zu „technisch“ sehen und behandeln, denn es geht tatsächlich um eines der größten Vorrechte der christlichen Epoche. Wie in allem sind wir auch hier ganz auf den gnädigen Beistand des Herrn angewiesen.

Was haben die Gläubigen in Samaria empfangen?

Die erste Frage ist, was die Gläubigen in Samaria empfangen haben: War es die Person des Heiligen Geistes, oder handelte es sich nur um Gaben des Geistes wie das Reden in Sprachen? Der textliche Zusammenhang und weitere Erwägungen lassen nur eine Antwort zu: Es ist von der Person des Heiligen Geistes die Rede.

Die Schrift sagt ausdrücklich, dass die Gläubigen in Samaria den Heiligen Geist – nach dem Auflegen der Hände der Apostel – empfingen. Vorher war Er auf keinen von ihnen gefallen, ›Empfingen‹ und ›gefallen‹ sind synonyme (sinnverwandte) Ausdrücke für ein und dieselbe Sache, und ich habe an früherer Stelle (in Verbindung mit Apostelgeschichte 2, Verse 17–19) schon darauf hingewiesen, dass gerade in diesem Buch der Bibel eine ganze Reihe von Ausdrücken für das grundsätzliche Empfangen des Heiligen Geistes verwendet wird, dass aber nur das, was zu Pfingsten geschah, ›Taufe‹ mit Heiligem Geist genannt wird. Die verschiedenen Ausdrücke selbst kann man also in keiner Weise als einen Hinweis darauf ansehen, dass der Heilige Geist auf unterschiedliche Art empfangen worden wäre oder dass es sich gar nicht um das Empfangen des Heiligen Geistes selbst gehandelt hätte.

Wenn jemand nicht allein an den Herrn Jesus glaubt – damit ist ewiges Leben verbunden (Joh 3,16; 1. Joh 5,1.13) –, sondern auch an das volle Evangelium, das „Evangelium eures Heils“, der wird mit dem Heiligen Geist versiegelt (Eph 1,13). Das ist eine unermessliche Segnung, die als Normalfall von jedem echten Kind Gottes wahr ist. Der Körper des Gläubigen dient dem Heiligen Geist dann als Tempel, das heißt, diese Person der Gottheit wohnt darin wie in einem Tempel. Und wie Er in dem Einzelnen wohnt, so wohnt Er auch in der Versammlung als Ganzem (1. Kor 6,19; 3,16.17; Eph 2,21.22). Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist; so wird in Römer 5 dieselbe Segnung beschrieben (Vers 5). Durch den in uns wohnenden Geist Gottes wissen wir, dass wir Kinder Gottes sind; und weil wir den „Geist der Sohnschaft“ empfangen haben und somit auch Söhne Gottes sind, können wir Gott unseren Vater nennen und „Abba, Vater“ sagen (Kap. 8,15.16).

Allein diese knappen Andeutungen lassen uns wohl schon ahnen, wie groß die Segnung tatsächlich ist, den Heiligen Geist als Siegel einer vollbrachten Erlösung in sich wohnend zu besitzen. Von dieser Innewohnung des Heiligen Geistes sind grundsätzlich die Gaben zu unterscheiden, die der Geist Gottes Menschen zum Segen für andere verleiht. In 1. Korinther 12 wird einiges über diese geistlichen Gnadengaben gesagt. Wie wichtig sie auch sind, sie sind doch von untergeordneter Art. Aber der Heilige Geist selbst ist die Gabe Gottes (Apg 2,38). Nachdem der Herr Jesus das Erlösungswerk am Kreuz von Golgatha vollbracht hat, hat Er am Tag der Pfingsten den Heiligen Geist auf die Erde gesandt. Das war die Taufe mit dem Heiligen Geist (1. Kor 12,13). Seitdem empfangen die, die sich im Glauben auf dieses vollbrachte Werk stützen, den Heiligen Geist als Siegel und Salbung und Unterpfand (2. Kor 1,21.22). Stets aber ist es das Empfangen des Heiligen Geistes als Person eine einmalige, unverlierbare, bleibende Segnung (Joh 14,17). Diese Gabe mit den Gaben zu verwechseln wäre ein ernster Irrtum.

Und noch etwas dürfen wir nicht miteinander verwechseln: den Empfang des göttlichen Lebens und den Empfang des Heiligen Geistes. Der Geist bewirkt zwar die neue Geburt (vergleiche „aus Wasser und Geist geboren“ in Joh 3,5), aber Er selbst wird deutlich von dem geistlichen Leben, das Er hervorruft, unterschieden (Vers 6). Die Gläubigen in Samaria waren ohne Frage von neuem geboren, denn sie hatten das Wort Gottes angenommen; aber sie hatten noch nicht die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Dieser Umstand allein zeigt schon, dass von neuem geboren zu sein und mit dem Heiligen Geist versiegelt zu sein nicht ein und dasselbe ist. Die erste Segnung war sicher das Teil auch aller alttestamentlichen Heiligen, aber keiner von ihnen kam je in den Besitz der zweiten, der christlichen Segnung. Tatsächlich ist die Innewohnung des Heiligen Geistes eine Segnung, die nur die Gläubigen der christlichen Epoche, der jetzigen Gnadenzeit, besitzen und die daher typisch für das wahre Christentum ist.

Dass die Begleitumstände beim Empfangen des Heiligen Geistes bei den verschiedenen Anlässen unterschiedlich waren, liegt klar auf der Hand, und über die Gründe dafür haben wir zum Teil schon gesprochen, und wir werden noch einmal Gelegenheit haben, kurz darauf einzugehen. Doch es handelt sich stets um das grundsätzliche Empfangen des „anderen Sachwalters“. Auch wenn vor ›Heiliger Geist‹ kein Artikel (Geschlechtswort) steht, wie es in den Versen 15 und 17 unseres Kapitels der Fall ist, ist das noch lange kein Beweis dafür, dass nicht die Person des Heiligen Geistes gemeint ist. Man behauptet das zwar zuweilen, aber es ist nicht korrekt. Wie unhaltbar diese Behauptung ist, wird allein schon daran deutlich, dass in Vers 18 der Artikel steht, obwohl von genau demselben Vorgang die Rede ist wie in den beiden genannten Versen, wo er fehlt: vom Empfangen des Heiligen Geistes. Grundsätzlich gilt die Regel: Wenn der Heilige Geist (oder auch eine andere Person oder irgendein Gegenstand) den Artikel vor sich hat, wird Er (werden sie) als besonderer Gegenstand vor dem geistigen Auge des Verfassers gesehen; fehlt er jedoch, wird nur auf das, was charakteristisch ist, hingewiesen.

Ist das Handauflegen die Regel?

Wenn wir die verschiedenen Gelegenheiten überschauen, bei denen in den frühen Tagen der Versammlung der Heilige Geist gegeben wurde, so stellen wir fest, dass es auf dreierlei Art und Weise geschah.

Erste Gruppe. Am Tag der Pfingsten (Apg 2) wurde der Heilige Geist auf die Hundertzwanzig im Obersaal ausgegossen – ohne Handauflegen. Wer hätte ihnen auch die Hände auflegen sollen, da bis dahin keiner von ihnen die Gabe des Geistes besaß? Dieser ursprüngliche Akt oder Vorgang der Ausgießung des Heiligen Geistes, durch den die Versammlung Gottes entstand, ging ohne jedes menschliche Hinzutun von- statten.

Zweite Gruppe. Nach diesem grundlegenden Ereignis hat der weitaus überwiegende Teil der Gläubigen die Gabe des

Geistes allein „aus der Kunde des Glaubens“ empfangen (Gal 3,2). Wir haben das bereits gesehen: Alle, die seit Pfingsten dem „Wort der Wahrheit, dem Evangelium des Heils“ glauben, werden mit dem Heiligen Geist der Verheißung versiegelt (Eph 1,13). Jede menschliche Vermittlung ist auch hier ausgeschlossen.

Das geschichtliche und für unsere Zeit typische Beispiel für diese Art des Empfangens des Heiligen Geistes finden wir in Kapitel 10 der Apostelgeschichte. Auch da ist es Petrus, der vom Herrn als Werkzeug benutzt wird. Und während er in Jerusalem den gläubigen Juden das Reich der Himmel aufgeschlossen hatte (Kap. 2,37–41; Mt 16,19), schloss er in Cäsarea den Gläubigen aus den Nationen das Reich auf (Apg 10,34–48). Auch hier wird nichts von Handauflegen in Verbindung mit der Gabe des Heiligen Geistes gesagt. Ganz im Gegenteil! Wir erfahren vielmehr: „Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, so viele mit Petrus gekommen waren, gerieten außer sich, dass auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen worden war“ (Verse 44.45). Beachten wir auch hier die verschiedenen Ausdrücke für ein und denselben Vorgang: ›der Heilige Geist fiel auf alle‹ und ›die Gabe des Heiligen Geistes war ausgegossen worden.

Dritte Gruppe. Bei einigen wenigen Anlässen wurde der Heilige Geist durch das Auflegen der Hände der Apostel gegeben. Zu dieser Gruppe gehören die Gläubigen aus Samaria.

Ein weiteres Beispiel dafür in der Apostelgeschichte findet sich in Kapitel 19. Der Apostel Paulus traf in Ephesus einige Jünger von Johannes dem Täufer an und fragte sie, ob sie den Heiligen Geist empfangen hätten, nachdem sie gläubig geworden waren. Sie mussten das verneinen; ja, sie wussten nicht ein mal, ob der Heilige Geist da war. Daraufhin sprach der Apostel zu ihnen von dem Glauben an Jesus, und sie wurden auf den Namen des Herrn Jesus getauft. „Und als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten“ (Verse 1–7). Hier wird übrigens klar zwischen der Gabe des Heiligen Geistes selbst und den Gaben, die Er bewirkte, unterschieden. Durch das Reden in Sprachen und durch das Weissagen wurde auch für Außenstehende erkennbar, dass der Heilige Geist in ihnen Wohnung genommen hatte.

Besondere Erwähnung verdient noch der Fall des Saulus von Tarsus. Obwohl nicht direkt gesagt wird, dass ihm durch das Auflegen der Hände des Ananias der Heilige Geist gegeben wurde, können wir doch davon ausgehen, dass es so war (Kap. 9,12.17). Jedenfalls benutzte der Herr hier nicht einen der Apostel, sondern einen einfachen Jünger zur Vermittlung dieser großen Segnung – sicher mit der Absicht, jeder religiösen Anmaßung späterer Tage von vornherein den Boden zu entziehen.

Zusammenfassung. Dass das Handauflegen zum Empfang des Heiligen Geistes die Regel war, kann man nach dem, was wir bisher gesehen haben, sicher nicht behaupten. Vielmehr ist das Gegenteil wahr: Die beiden großen Gelegenheiten, bei denen der Geist gegeben wurde, betreffen die Gläubigen aus den Juden einerseits und die Gläubigen aus den Nationen andererseits (Gruppe 1 und 2). Bei beiden Anlässen oder Gruppen war jede menschliche Vermittlung durch Handauflegen ausgeschlossen. Das ist die Regel, nicht das Empfangen des Geistes durch Handauflegen.

Die Ausnahmen von der Regel stellen Sonderfälle dar (Gruppe 3). Zu bemerken bleibt noch, dass es bei diesen Sonderfällen in der Hauptsache die Apostel waren, die die Hände auflegten. So verhielt es sich in Ephesus (Kap. 19), und so war es auch in Samaria (Kap. 8). Hier heißt es denn auch im 18. Vers: „Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde …“

Warum wurden die Hände aufgelegt?

Als Letztes wollen wir noch kurz auf die Gründe für das Handauflegen in Verbindung mit dem Empfang des Heiligen Geistes in den beiden Fällen von Kapitel 8 und 19 zu sprechen kommen. Grundsätzlich kann man sagen, dass Gott dadurch Seine Diener, die Apostel, bestätigte und ehrte. Zu diesem Zweck zögerte Er das Kommen des Heiligen Geistes hinaus und machte es von dem Auflegen der Hände der Apostel abhängig. Das ist gewiss ein erstaunlicher Vorgang; doch er zeigt uns, wie ernst Gott die Sache nimmt und wie Er der apostolischen Autorität einen neuen Charakter verlieh.

Dann kommt eben noch die Frage der Rivalität hinzu. In beiden Fällen spielte sie eine bestimmte Rolle. Um bei Samaria zu bleiben: Wir haben schon gesehen, welche Rivalität zwischen Judäa und Samaria bestand und wie groß die Gefahr der Spaltung der Versammlung war. Um ihr zu begegnen und jede Unabhängigkeit von vornherein auszuschließen, fügte Gott es so, dass die Gläubigen in Samaria den Heiligen Geist nur durch die Vermittlung der Apostel empfangen konnten. Es ist natürlich dieselbe Segnung, die ihnen zuteil wurde, wenn auch die Begleitumstände von besonderer Art waren. Aber auf diese Weise wurde das Werk Gottes zusammengehalten, wurde Jerusalem mit Samaria verbunden.

Und damit sind wir bei der Grundbedeutung des Handauflegens: Einsmachung. Da wir darüber bereits in Verbindung mit Kapitel 6, Vers 6, ausführlich gesprochen haben, soll hier dieser Hinweis genügen. Die von Jerusalem entsandten Apostel Petrus und Johannes machten sich mit dem Werk Gottes in Samaria und mit den Heiligen dort eins. So wurde auch den Samaritern die Tür zum Reich der Himmel aufgeschlossen. Wie führt doch alles zu Glück und Frieden, wenn der Heilige Geist die Leitung hat!

Die Entlarvung des Betrügers

Die Ausübung apostolischer Macht erregte im höchsten Maß das Interesse Simons – eines Mannes, der „geglaubt“ hatte. Aber was jetzt über seine Lippen kommt, verrät seine wahre Gesinnung.

So ist es oft. Unsere Worte zeigen, wer wir sind. Der Herr musste einmal den Pharisäern vorhalten: „Wie könnt ihr Gutes reden, da ihr böse seid? Denn aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Mt 12,34). Und den Entschuldigungen des „bösen Knechtes“ im Gleichnis entgegnete Er mit den ernsten Worten: „Aus deinem Mund werde ich dich richten“ (Lk 19,22). Etwas Ähnliches spielt sich jetzt vor unseren Augen ab.

„Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde, bot er ihnen Geld an und sagte: Gebt auch mir diese Gewalt, damit jeder, dem irgend ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange“ (Apg 8,18.19).

Offensichtlich war in Samaria mit dem Kommen des Heiligen Geistes auch eine Entfaltung äußerer Macht wie das Reden in Sprachen verbunden. Im Gegensatz zu den Jüngern des Johannes in Kapitel 19, Vers 6, wird es hier jedoch nicht direkt gesagt. Aber weil Simon „sah“, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Heilige Geist gegeben wurde, müssen wir das annehmen. Es ist eben ganz eine Frage der Weisheit Gottes. Wenn Er es aus dem einen oder anderen Grund für angemessen hielt, bezeugte Er in den Tagen des Anfangs den Empfang des Heiligen Geistes auf diese äußere Art. Doch das ändert nichts daran, dass es sich jeweils um die grundsätzliche Gabe des Heiligen Geistes handelte.

Getauft – und doch verloren

Was nun Simon anging, so wusste er nur zu gut, was für ein Ansehen jemand, der übernatürliche Kräfte zu besitzen angibt, bei den Menschen genießt. Und er wusste auch, welch ein Gewinn sich damit machen ließ, die Mengen mit Zauberei zu blenden. So mag er sich jetzt gedacht haben: „Wenn ich doch auch die Macht besäße, die Petrus und Johannes ausüben! Welch einen Gewinn könnte ich damit machen, und welch ein Ansehen würde es mir in den Augen der Menschen verschaffen!“ Nein, er wollte die Gabe des Heiligen Geistes nicht für sich selbst. Darum kümmerte er sich nicht im Geringsten. Was er begehrte, war die Macht, sie anderen zu verleihen. Und so bot er den Aposteln Geld an und sagte: „Gebt auch mir diese Gewalt, damit jeder, dem irgend ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange.“ Damit offenbarte er die ganze Bosheit seines Herzens. Er betrachtete die Gottseligkeit nur als ein Mittel zum Gewinn (1. Tim 6,5). Ein Werk des Heiligen Geistes war in seinem Inneren nicht geschehen. Petrus erkannte das sogleich.

„Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld führe samt dir ins Verderben, weil du gemeint hast, dass die Gabe Gottes durch Geld zu erwerben sei! Du hast weder Teil noch Anrecht an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. Tu nun Buße über diese deine Bosheit und bitte den Herrn, ob dir etwa der Anschlag deines Herzens vergeben werde; denn ich sehe, dass du in Galle der Bitterkeit und in Fesseln der Ungerechtigkeit bist“ (Apg 8,20–23).

Die Antwort des Apostels Petrus auf das Begehren Simons kam augenblicklich. Sie war entschieden und vernichtend zugleich und offenbarte den wahren sittlichen Zustand dieses Mannes. Gewiss, er war getauft worden, aber er besaß kein geistliches Leben. Nie hatte er sich von der Finsternis zum Licht bekehrt und von der Gewalt des Satans zu Gott (Kap. 26,18). Eine neue Geburt hat er nie erlebt. Er war noch in Galle der Bitterkeit und in Fesseln der Ungerechtigkeit. Sein Weg führte ihn mitsamt seinem Geld geradewegs ins Verderben – es sei denn, er suchte und fand noch die Vergebung für den Anschlag seines Herzens.

Ein wahres Kind Gottes wird nie verloren gehen und ins Verderben kommen (Joh 5,24; 10,27–29).

Aber Simon gehörte nicht zu dieser Schar, denn sein Herz war nicht aufrichtig vor Gott. Ein gewisses verstandesmäßiges Glauben war offenbar vorhanden, und er war auch getauft worden. Aber mit beidem war er auf dem Weg ins Verderben, weil er nie dem Herrn Jesus sein Herz geöffnet hatte. Deswegen hatte er an dem, was wahres Christentum ist, weder Teil noch Anrecht.

Wie viele, ach, wie viele in der Christenheit mögen ihm gleichen! Sie geben sich mit irgendeinem Kopfglauben zufrieden und vertrauen darauf, dass sie ja getauft seien und somit ewiges Leben besitzen. So jedenfalls hat man es ihnen gesagt. Aber es ist eine der verhängnisvollsten Lehren in der Christenheit, dass man durch die Taufe das ewige Leben empfängt. Selbst als Bild redet sie nicht von Leben, sondern vom Tod (Röm 6,3.4). Und was nützt ein äußeres Bekenntnis zum Herrn, wenn man Ihn nicht ins Herz einlässt? Es vermehrt nur die Verantwortlichkeit und zeigt, dass das Herz nicht aufrichtig ist vor Gott. So hat man kein Teil, kein Anrecht an den Segnungen des wahren Christentums, sondern befindet sich auf dem Weg ins Verderben (vgl. 1. Kor 1,18). Erschütternder Gedanke: getauft – und doch verloren!

Die Möglichkeit der Umkehr

Doch niemand muss auf diesem Weg bleiben, selbst der verworfenste Sünder nicht. Ganz im Gegenteil! „Der Gottlose verlasse seinen Weg“, sagt Gott, „und der Mann des Frevels seine Gedanken; und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung“ (Jes 55,7). Und so wie Gott damals den Propheten Jesaja als Sprachrohr für Seine Botschaft an das abtrünnige Israel benutzte, so legte Er es auch hier Seinem Knecht Petrus aufs Herz, Simon, dem Betrüger, die Möglichkeit der Umkehr anzubieten. Denn sollten Menschen, die selbst die Barmherzigkeit Gottes erfahren haben, nicht auch Barmherzigkeit mit anderen haben, da sie das Gericht Gottes über alle Gesetzlosen kennen?

So weist Petrus auch diesem verkehrten Mann den einzigen Weg, der zu Gott führt: „Tu nun Buße über diese deine Bosheit und bitte den Herrn, ob dir etwa der Anschlag deines Herzens vergeben werde.“ Was Buße ist und worin sie sich von bloßer Reue unterscheidet, haben wir in Apostelgeschichte 1 in Verbindung mit Judas Iskariot gesehen, so dass wir hier nicht weiter darauf eingehen müssen. In jedem Fall sind die Buße zu Gott und der Glaube an den Herrn Jesus Christus (Apg 20,21) unverzichtbare Voraussetzungen, wenn man das Heil seiner Seele und den Weg des Lebens finden will.

Nur ein Mittler

Hatte nun der ernste Appell des Apostels Petrus das Gewissen Simons erreicht? Dessen Antwort offenbart, dass es nicht so war:

„Simon aber antwortete und sprach: Bittet IHR für mich zum Herrn, damit nichts über mich komme von dem, was ihr gesagt habt“ (Apg 8,24).

Er wünschte wohl, dem Gericht Gottes zu entfliehen, aber das war offensichtlich auch schon alles, was ihn bewegte. Angst, nicht Gottesfurcht erfüllte ihn. Statt selbst zum Herrn zu gehen, bittet er um die Gebete von Menschen, bittet um ihre Vermittlung in seiner Sache. Aber das zeigt nur, dass er kein Vertrauen zum Herrn besaß und dass er mehr auf den Einfluss der Apostel vertraute als auf Gott selbst und Seine Gnade.

Findet sich diese Gesinnung nicht auch vieltausendfach in Menschen, die sich zwar äußerlich zu Christus bekennen, Ihm aber nicht wirklich vertrauen? Sie gehen lieber zu einem menschlichen „Mittler“ als zum Herrn selbst, und sie übersehen dabei, dass es nur einen Mittler zwischen Gott und Menschen gibt, den Menschen Christus Jesus (1. Tim 2,5). Gott kommt durch Ihn zu den Menschen, und niemand kommt zu Gott als nur durch Ihn. Er ist der Weg und die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6). Nur „wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“ (1. Joh 5,12).

Kann Gottes Wort klarer reden? Und trotzdem meinen viele Menschen, unter Umgehung des Herrn Jesus über einen anderen Vermittler oder durch Geld und Opfergaben mit Gott ins Reine zu kommen und das ewige Leben erreichen zu können. Verhängnisvoller Irrtum! Gleichen sie nicht diesem Simon? Erschreckend zu sagen: Ihr Ende wird auch dem seinen gleich sein. Denn von diesem Mann hören wir nicht, dass er je vor Gott Buße getan und um die Vergebung seiner Sünden gebeten hätte. Die Mahnung der Apostel schlug er in den Wind, und so blieb er auf dem Weg, den er bisher verfolgte – dem Weg, der ins Verderben führt. – Das ist der letzte Blick, den uns das Wort Gottes von ihm gibt. Nie mehr wird er im Kanon der Heiligen Schrift erwähnt.

Das Evangelium in vielen Dörfern Samarias

Noch ein kurzes Wort fügt der Schreiber im Blick auf die beiden Apostel Petrus und Johannes in Samaria hinzu. Es ist übrigens die letzte Erwähnung des Apostels Johannes in der Apostelgeschichte. Außer in einer kurzen Bemerkung des Apostels Paulus im Brief an die Galater (Kap. 2,9) begegnet uns der Name dieses gesegneten Werkzeugs Gottes erst wieder im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung (Kap. 1,4.9; 22,8). Johannes hat, wie wir daraus entnehmen können, alle übrigen Apostel überlebt, bis auch er nach vollbrachtem Dienst in die Freude seines Herrn eingehen durfte.

„Nachdem sie nun das Wort des Herrn bezeugt und geredet hatten, kehrten sie nach Jerusalem zurück und verkündigten das Evangelium vielen Dörfern der Samariter“ (Apg 8,25).

Erneut dieser Hinweis des Heiligen Geistes: Was diese beiden Männer Gottes bezeugten und was der Inhalt ihres Redens war, war das Wort des Herrn! Nichts anderes kann geistlich toten Menschen Heil und Leben bringen, nichts anderes kann den Lebendiggemachten Kraft und Weisung geben. Durch die Vermittlung der Apostel hatten die Gläubigen in Samaria den Heiligen Geist empfangen. Gott hatte dadurch – ich bemerke das mehr nebenbei – der apostolischen Autorität einen neuen Charakter verliehen. Und nun führten die Apostel die Gläubigen dort weiter in die Gedanken Gottes ein.

Wie werden sich diese über das Wort des Herrn gefreut haben, das sie in der Kraft des Heiligen Geistes auch verstehen konnten! Schon zu Anfang war eine große Freude in dieser Stadt entstanden (Vers 8). Sie wird jetzt kaum geringer gewesen sein.

Nun, da ihre Aufgabe erfüllt war, kehrten die Apostel – nach wahrscheinlich kurzem Aufenthalt – nach Jerusalem zurück. Doch auf dem Weg dorthin verkündigten sie noch in vielen Dörfern der Samariter das Evangelium. Wie die griechische Verbform (Imperfekt) andeutet, handelte es sich um einen fortlaufenden Vorgang, um ein fortschreitendes Werk: „Sie fuhren fort, das Evangelium ... zu verkündigen.“ Die Liebe zum Herrn und die Liebe zu den Menschen drängte sie dazu.

Und wie verändert fanden sie die Leute dieser Provinz vor! Denn als der Herr Jesus auf Seinem Weg nach Jerusalem in ein Dorf der Samariter gekommen war, hatten die Bewohner Ihn nicht aufgenommen, „weil sein Angesicht nach Jerusalem hin gerichtet war“ (Lk 9,53). So waren sie gezwungen gewesen, in ein anderes Dorf zu gehen. Jetzt aber begegneten Petrus und Johannes, die damals dabei gewesen waren, keiner Kälte und Ablehnung. Und obgleich auch sie auf dem Weg nach Jerusalem waren, verschloss sich ihnen kein Dorf der Samariter: Samaria nahm das Wort Gottes auf.

Wunderbare Gnade Gottes! Wenn der Geist Gottes wirklich wirkt, schmelzen alle Vorurteile und unüberwindbar scheinende Schwierigkeiten dahin wie Schnee vor der Sonne. Gott bereitet die Herzen zu, und dann kann das Wort Gottes wie erfrischender Regen auf das aufgebrochene Land fallen und Frucht hervorbringen. So war es damals, und so ist es – Gott sei Dank! – auch heute noch.

Nächstes Kapitel (kaufen) »