Rettet die Taufe?

1. Eine wichtige Frage

Die Frage, ob die Taufe rettet, mag auf den ersten Blick etwas provokativ klingen und wir sind vielleicht geneigt zu sagen, dass dies natürlich nicht der Fall ist.

Und doch gibt es mindestens eine Bibelstelle, die genau das sagt. Und es gibt drei weitere Stellen, die diesen Gedanken jedenfalls sehr nahelegen. Wir wollen diese vier Stellen nacheinander besehen.

Die erste Stelle führt uns zu 1. Petrus 3. Dort lesen wir:

… „als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde, in die wenige, das ist acht Seelen, eingingen und durch Wasser gerettet wurden, welches Gegenbild auch euch jetzt errettet, das ist die Taufe (nicht ein Ablegen der Unreinheit des Fleisches, sondern das Begehren eines guten Gewissens vor Gott), durch die Auferstehung Jesu Christi, der, in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte ihm unterworfen sind“ (1. Pet 3,20–22).

Die zweite Stelle enthält ein Wort des Herrn Jesus selbst, das Er an seine Jünger richtet:

„Und er sprach zu ihnen: Geht hin in die ganze Welt und predigt der ganzen Schöpfung das Evangelium. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Mk 16,15.16).

Die dritte Stelle ist in der Apostelgeschichte zu finden. In Kapitel 2 sagt Petrus in seiner Rede an die Juden:

„Und mit vielen anderen Worten beschwor und ermahnte er sie, indem er sagte: Lasst euch retten von diesem verkehrten Geschlecht! Die nun sein Wort aufnahmen, wurden getauft; und es wurden an jenem Tag etwa dreitausend Seelen hinzugetan“ (Apg 2,40.41).

Die letzte Stelle findet sich in der Bekehrungsgeschichte von Saulus. Er selbst erinnert sich an die Worte von Ananias:

„Und nun, was zögerst du? Steh auf, lass dich taufen und deine Sünden abwaschen, indem du seinen Namen anrufst“ (Apg 22,16).

In allen vier Stellen wird die Taufe erwähnt und in allen vier Stellen gewinnt man den Eindruck, dass die Taufe eine Voraussetzung zur Rettung (bzw. zur Vergebung der Sünden) ist.

Viele Bibelleser sind damit vertraut, dass ein Mensch allein durch Glauben gerettet wird. Das „sola fide“ (allein durch Glauben) der Reformation ist ein Grundelement der biblischen Lehre der Rechtfertigung. Es ist die Botschaft, die Paulus und Silas an den Gefängnisaufseher in Philippi richten: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden“ (Apg 16,31). Es ist der Tenor der Belehrungen des Römerbriefes, der immer wieder von der Notwendigkeit des Glaubens spricht (Röm 1,17; 3,30; 4,16; 5,1).

Doch was bedeuten dann die zitierten Verse, die die Taufe mit der Rettung bzw. Vergebung der Sünden verbinden? Um die Bedeutung der Verse zu erfassen, müssen wir zunächst sehen, was die Grundbedeutung der Taufe ist und in welcher Art und Weise die Bibel über „Errettung“ bzw. „Vergebung der Sünden“ spricht. Es ist offensichtlich, dass die Beantwortung dieser Fragen der Schlüssel dafür ist, um die Aussagen dieser vier Verse richtig zu verstehen.

2. Die christliche Taufe

Die christliche (Wasser-)Taufe ist eines der wenigen materiellen (sichtbaren) Zeichen, die Gott uns Christen gegeben hat. Sie ist ein „Bild“ (vgl. das Wort in 1. Pet 3,21) und symbolisiert, dass ein Mensch sich bewusst in die Nachfolge des Herrn Jesus stellt, den man hier auf der Erde nicht akzeptieren will und abgelehnt hat. Die Taufe spricht von Tod und Begräbnis, d. h. von dem, was uns von der Welt trennt (Tod symbolisiert Trennung). Durch das Untertauchen (Taufe bedeutet Untertauchen) wird angezeigt, dass wir mit der gegenwärtigen Welt abgeschlossen haben – genauso wie unser Herr.

Das Neue Testament spricht an verschiedenen Stellen von der Taufe:

  • In den Evangelien zeigt uns der Herr Jesus selbst die grundsätzliche Bedeutung der Taufe. Wir finden dort in den Erklärungen des Herrn an seine Jünger die Grundelemente der Taufe vorgestellt (vgl. Mt 28,19; Mk 16,16). Wenn wir diese beiden Verse überdenken, lernen wir Folgendes:
    1. Die Taufe hat es mit Jüngerschaft und Nachfolge auf der Erde zu tun. Es geht nicht darum, dass wir als Kinder Gottes einmal im Himmel sind, sondern dass wir jetzt als Jünger auf der Erde leben, von unserem Herrn lernen, Ihm folgen und Ihm dienen. Die Taufe verändert unsere Stellung auf der Erde.
    2. Die christliche Taufe geschieht in dem Wissen um die Unterscheidung zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist.
    3. Der rettende Glaube an den Herrn Jesus geht nach Gottes Gedanken der Taufe voraus. Es ist nicht „normal“, dass Menschen getauft werden, ohne vorher an Jesus Christus geglaubt zu haben, d. h. ohne Ihn als Retter zu kennen.
  • In den Briefen des Neuen Testamentes wird uns die Lehre über die christliche Taufe vermittelt. Die inspirierten Schreiber (vor allen Dingen Paulus) werden vom Heiligen Geist geleitet, wichtige Belehrungen über die christliche Taufe zu geben (vgl. Röm 6,3; Gal 3,27; Kol 2,12). Wir lernen, dass die Taufe damit zu tun hat, dass wir mit Christus gekreuzigt, gestorben und begraben sind. Das alte Leben hat ein Ende gefunden und wir sind jetzt in der Lage, ein neues Leben zu führen. Im Einzelnen lernen wir:
    1. Die Taufe spricht von der Nachfolge. Wir verwirklichen, was es heißt, mit dem auf der Erde abgelehnten Jesus Christus verbunden zu sein.
    2. Die Taufe geschieht auf seinen Tod. Wir verwirklichen, was es heißt, mit Ihm gestorben zu sein. Wir können wohl noch sündigen, aber wir müssen es nicht mehr.
    3. In der Taufe sind wir mit Ihm begraben. Wir verwirklichen, was es heißt, dass uns die Welt gekreuzigt ist und wir der Welt (Gal 6,14).
    4. Die Taufe ist ein „Anziehen“ des Herrn Jesus. Wir verwirklichen, was es heißt, in seiner Gesinnung und in seinen Fußspuren zu leben.
    Obwohl die Taufe mit dem Kreuz, dem Tod und dem Grab des Herrn Jesus verbunden ist, blicken wir nicht zuerst rückwärts auf etwas, das geschehen ist, sondern der Blick geht nach vorn, auf das Leben in der Nachfolge hinter unserem Herrn her. Durch die Taufe signalisieren wir, dass wir jetzt dem Herrn Jesus folgen wollen, selbst wenn das mit Nachteilen – und sogar Verfolgung – verbunden ist (vgl. 2. Tim 3,12).
  • Die Apostelgeschichte gibt uns praktischen Anschauungsunterricht, indem uns Beispiele gezeigt werden, wie und unter welchen Umständen in den ersten Tagen des christlichen Zeugnisses auf der Erde getauft wurde.

Die Taufe hat also nicht direkt mit dem neuen (ewigen) Leben zu tun, das wir bei unserer Bekehrung bekommen haben. Durch die Taufe wird niemand von neuem geboren (das Wasser, von dem der Herr Jesus zu Nikodemus spricht, ist nicht das Taufwasser, sondern ein Hinweis auf das Wort Gottes). Nein, die Taufe spricht nicht vom Leben, sondern vom Tod. Wir sind auf den Tod der Herrn Jesus getauft (Röm 6,3). Das Taufwasser symbolisiert das Gericht des Todes, den Er für uns erduldet hat und der uns von der Welt trennt.

Durch die Taufe stellen wir uns bewusst auf seine Seite. Wir bekennen vor dieser Welt, dass wir nicht mehr zu ihr gehören (der Tod hat uns von ihr getrennt), sondern dass wir zu dem stehen, den die Welt nicht will und den sie gekreuzigt hat. Wir wählen die Seite des verachteten Jesus. Damit existieren wir für die Welt nicht mehr. Wir haben uns sozusagen begraben lassen. Die Welt hat keine Ansprüche mehr an uns, wir keine Ansprüche mehr an die Welt.

3. Rettung

Der zweite Schlüsselbegriff ist „Rettung“ bzw. „erretten“. Das Wort kommt im Neuen Testament häufig vor und hat die Grundbedeutung, dass jemand aus einer Gefahr herausgenommen wird. Es bedeutet neben „Rettung“ auch „Bewahrung“, „Heilung“ oder „Wohlergehen“. Der „Erretter“ ist jemand, der uns aus einer Gefahr herausbringt, aber auch jemand, der heilt oder bewahrt. Diese Worterklärung macht schon klar, dass es bei „Rettung“ nicht immer um den Himmel geht. Es geht nicht ausschließlich um die Gefahr, ewig verloren zu gehen. Es gibt ebenso Rettung z. B. vor bösen Menschen (1. Thes 3,2) oder vor gefahrvollen Situationen (Apg 27,20).

Wenn man die verschiedenen Stellen im Neuen Testament vergleicht, in denen von „Rettung“ die Rede ist, kann man hinsichtlich der Zeit drei Blickwinkel unterscheiden:

  1. Vergangenheit: Wir sind von unseren Sünden errettet, nicht nur von der Sündenstrafe, sondern auch von der Macht der Sünde (d. h. dem Zwang zu sündigen). Wir sind vor dem Zorn Gottes über die Sünde gerettet. Errettung in diesem Sinn ist eine vollendete Tatsache. Wir besitzen die Errettung unserer Seele (vgl. z. B. Tit 3,3–5; 2. Tim 1,9; Röm 1,16; 1. Pet 1,9; Kol 1,13; Eph 2,8; Heb 10,39).
  2. Gegenwart: Als Kinder Gottes haben wir die tägliche Errettung aus Gefahren nötig, die uns auf dem Weg durch die Welt drohen. Garant für unsere Errettung vor diesen Gefahren ist der Herr als Hoherpriester (Heb 7,25; Röm 5,10). Weil Er für uns lebt, ist uns die Errettung sicher (vgl. auch 2. Tim 3,15).
  3. Zukunft: Unser Leib hat jetzt noch keinen Anteil an der Errettung. Bei dem Kommen des Herrn wird unser Leib jedoch ebenfalls errettet werden. Dann ist die Errettung nach Geist, Seele und Leib vollständig. In diesem Sinn ist die Errettung unsere Hoffnung, die uns aber sicher ist. Die meisten Stellen im NT, die von Errettung reden, stellen uns diesen Aspekt vor (vgl. z. B. Röm 13,11; 1. Thes 5,8; 2. Thes 2,13; Heb 1,14; 9,28; 1. Pet 1,5; Phil 3,20f).

Wir lernen, dass wir den Begriff „Rettung“ unterscheiden müssen. Er bedeutet durchaus nicht immer, dass wir vor der Gefahr gerettet werden, ewig verloren zu gehen. Der Begriff ist deutlich umfassender und es gilt, im jeweiligen Kontext zu erkennen, was gemeint ist.

Mit diesem Rüstzeug in der Hand können wir nun die oben zitierten Stellen etwas näher besehen. Wir beginnen mit der schwierigsten Stelle in 1. Petrus 3.

4. Die Rettung Noahs (1. Petrus 3,20–22)

4.1. Die Tage Noahs

Noah lebte in einer sehr bösen Zeit und Gott hatte beschlossen, die Menschen zu richten. Kein Mensch rechnete damals mit diesem Gericht. Es schien unwahrscheinlich zu sein. Statt auf den „Prediger der Gerechtigkeit“ zu hören, (2. Pet 2,5), genossen die Menschen ihr Leben, aßen, tranken und heirateten (Lk 17,27). Doch das Gericht war beschlossen. Die Erde, auf der die Menschen sich sicher fühlten, war in Wirklichkeit ein höchst gefährlicher Ort. Der Tag kam, an dem Gott die Welt nicht verschonte, sondern die Flut über die Welt der Gottlosen brachte (2. Pet 2,5). Die Einzigen, die verschont wurden, waren Noah und seine Familie.

4.2. Die Arche wird zugerichtet

Als das Gericht schließlich kam, gab es keinen Platz auf der ganzen Erde, wo die Menschen sicher waren vor der Flut. Es gab nur eine Ausnahme – die Arche, die Noah bauen sollte und im Glaubensgehorsam gebaut hat. Der Bau der Arche muss für die Menschen pure Torheit gewesen sein. Warum baut jemand ein Schiff mitten auf dem Land? Doch Noah wusste, was er tat. Er handelte im Glauben (Heb 11,7). Und selbst als Noah in der Arche war und Gott die Tür verschlossen hatte, dauerte es noch sieben Tage, bevor die Flut kam. Als der Regen schließlich zunahm, erkannten die Menschen, dass sie sich geirrt hatten. Die Arche war der einzig sichere Platz. Noah war geschützt vor dem Gericht, denn die Arche war wasserfest.

4.3. Durch Wasser gerettet

Noah kam nicht in das Gericht, weil er in der Arche war. Er wurde vor der Gefahr gerettet, mit den Menschen umzukommen. Gott rettete ihn nicht, indem Er ihn wegnahm (so war es bei Henoch). Nein, Noah musste durch die Flut hindurch, aber gerade das Wasser des Gerichtes war es, das die Arche hochhob und Noah sicher auf die gereinigte Erde brachte. Er wurde „durch Wasser“ gerettet oder – wie man auch übersetzen kann – „durch Wasser hindurch“. Gemeint ist „durch das Mittel des Wassers“. Gott benutzte das Wasser der Flut, um Noah von einer alten und ungerechten Erde auf eine neue und gereinigte Erde zu bringen. Das ist das „Erbe der Gerechtigkeit“, von dem wir in Hebräer 11,7 lesen.

Das Wasser, das Noah rettete, war für die Menschen das Todeswasser. Doch Noah war geschützt durch die Arche. Es war der sicherste Platz, den man sich denken konnte. Auf diese Weise wurde das Wasser des Gerichts zu einem Mittel der Rettung von der Welt der Ungerechtigkeit.

4.4. Die Taufe als Gegenbild

Genau von diesem Vorgang ist die Taufe ein Gegenbild. Ein Gegenbild ist nicht das Gegenstück (oder das Umgekehrte) zu einem Bild. Es ist auch nicht die direkte Erklärung des Bildes. Eine Gegenbild bedeutet vielmehr, dass ein Bild einem anderen Bild entspricht. Es geht um zwei Illustrationen, die vergleichbar sind. Das Bild ist die große Flut in den Tagen Noahs. Das entsprechende Gegenbild ist die christliche Taufe. Beide – das aus dem Alten und das aus dem Neuen Testament – entsprechen einander. Es geht um zwei Dinge, die miteinander eine geistliche Belehrung haben. Die Bedeutung der Taufe entspricht der Rettung Noahs durch die Wasser der Flut. Die Flut kam durch Wasser. Die Taufe geschieht ebenfalls durch Wasser. Und in beiden Fällen geht es um Gericht. Noah war geschützt vor dem Gericht und wir sind es auch. Die Taufe macht klar, dass es hier auf der Erde keinen besseren und sicheren Platz gibt als auf der Seite des Herrn Jesus. Er schützt uns. Er bewahrt uns.

4.5. Die Taufe rettet

Jetzt ist es nicht mehr schwierig zu verstehen, was Petrus meint, wenn er sagt, dass die Taufe rettet. Bild und Gegenbild weisen in dieselbe Richtung, nämlich die Rettung von einem Bereich in einen anderen Bereich. Wenn wir bei der Rettung durch die Taufe an die Rettung für den Himmel denken, geraten wir in Erklärungsnot. Doch genau das ist nicht gemeint. Erretten bedeutet im Zusammenhang des Verses, dass wir – so wie Noah durch das Gerichtswasser – durch den Tod des Herrn Jesus und durch unser Bekenntnis zu Ihm hin – in eine ganze neue „Welt“ gebracht worden sind, nämlich in die Auferstehungswelt. Das ist der Lebensbereich, in dem wir uns jetzt aufhalten. Und genau das symbolisiert die Taufe. Wir sind noch in der Welt, aber nicht von der Welt (Joh 17,16). Wir leben noch hier auf der Erde, sind aber aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf herausgenommen (Gal 1,4). Wir gehören zu einer anderen und neuen Welt und leben jetzt in „Neuheit des Lebens“ (Röm 6,4). Die Taufe verändert unsere Stellung in der Welt – und genau das nennt Petrus „Rettung“. Rettung ist hier nicht mit dem Himmel verbunden. Es geht nicht um unsere typische christliche und himmlische Stellung. Davon spricht Petrus nicht. Das müssen wir gut verstehen, sonst erfassen wir die Bedeutung des Verses nicht.

Errettet zu sein bedeutet hier, dass wir auf der Erde mit einem Christus verbunden werden, den die Menschen abgelehnt haben und immer noch ablehnen. Gott möchte, dass wir nicht nur für den Himmel, sondern auch für die Erde gerettet sind, d. h., wir erklären durch die Handlung der Taufe öffentlich, auf wessen Seite wir stehen. Die Menschen sollen erkennen, wem wir angehören. Gott weiß das ohnehin, denn Er sieht das Herz. Doch die ungläubigen Menschen sollen es ebenfalls sehen. Die Taufe verbindet uns mit dem abgelehnten Jesus Christus auf der Erde. Wir teilen seine Ablehnung jetzt und hier.

4.6. Das Begehren eines guten Gewissens

Nun fügt Petrus noch etwas hinzu. Er sagt, dass es in der Taufe nicht um das „Ablegen der Unreinigkeit des Fleisches geht“, sondern um das „Begehren eines guten Gewissens“. Die Juden – an die Petrus ja ursprünglich schreibt – waren an viele rituelle Handlungen gewohnt. Sie wussten sehr wohl, was „Waschungen“ waren (vgl. Mk 7,4.8; Heb 6.2; 9,10). In allen vier Versen ist das Wort „Waschung“ übrigens identisch mit dem Wort „Taufe“ (Untertauchen). Was Petrus sagen will, ist, dass das Wasser der Taufe an sich keine reinigende Wirkung hat. Es ist kein „geweihtes“ oder „heiliges“ Wasser, durch das sich im Inneren des Menschen irgendetwas ändert. Das Reinigungswasser in 4. Mose 19 konnte auch nur die äußere Unreinheit des Fleisches reinigen. Doch darum geht es bei der Taufe nicht. Es ist eben ein Bild und spricht vom Tod unseres Herrn. Das Gericht hat Ihn getroffen und wir sind gerettet. Wir stehen jetzt auf seiner Seite und leben auf der Erde in „Neuheit des Lebens“.

Das Gegenstück ist das Begehren eines guten Gewissens vor Gott. Das macht noch einmal klar, dass es nicht um den Himmel gehen kann. Im Himmel gibt es ein solches Begehren nicht mehr, weil alles perfekt ist. Nein, es geht um unsere Stellung hier auf der Erde. Wer gerettet ist, steht jetzt vor Gott. Er anerkennt, dass er einmal zu dieser Welt der Sünder gehörte, die unter dem Gericht steht, und das tat, was aus dem Willen der alten Natur hervorkam. Doch jetzt möchte er zur Freude seines Gottes leben. Er möchte seinem Herrn folgen, Ihm ähnlicher werden und seine Rechte anerkennen. Das ist – mit anderen Worte ausgedrückt – ein Verhalten in „Neuheit des Lebens“. Es ist ein Leben, von dem die Welt keine Ahnung hat.

4.7. In den Himmel gegangen und zur Rechten Gottes

Es mag in den Augen der Menschen töricht sein, ein solches Leben zu führen, denn es bedeutet Ablehnung und Schmach. Wie man Christus abgelehnt hat, lehnt man uns ab. Wir müssen sogar damit rechnen, verfolgt zu werden (2. Tim 3,12). Warum nehmen wir das in Kauf? Petrus spricht in seinem Brief viel von Leiden. Aber er stellt immer wieder die Herrlichkeit daneben. Das Leben unseres Herrn war ein Leben „durch Leiden zur Herrlichkeit“. Unser Leben folgt eben diesem Grundsatz. Jetzt leiden wir – einmal werden wir verherrlicht werden.

Der Gläubige ist bereit, im Hier und Jetzt ein solches Leben zu akzeptieren, weil er eine Perspektive hat. Er kann über den Tod hinwegschauen. Wo ist der Christus denn, dem wir jetzt folgen und in dessen Nachfolge wir Ablehnung in Kauf nehmen? Er ist nicht nur als Sieger über den Tod auferstanden (wir stehen auf der Seite des Siegers), sondern Er ist in den Himmel gegangen und befindet sich jetzt dort zur Rechten Gottes, wo Ihm Engel und Gewalten und Mächte unterworfen sind. Der Schreiber des Hebräerbriefes stellt fest: „Wir sehen aber Jesus, der ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt – so dass er durch Gottes Gnade für alles den Tod schmeckte“ (Heb 2,9). Wenn Christus bereit war, sogar den Tod zu schmecken, bevor Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt wurde, sollten wir dann nicht bereit sein, die „Schmach des Christus“ jetzt zu teilen? Wir richten unser Augenmerk auf den „Anfänger und Vollender des Glaubens, der, die Schande nicht achtend, für die vor ihm liegende Freude das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“ (Heb 12,2). Das hilft uns, jetzt seine Ablehnung zu teilen.

5. Glaube und Taufe (Mk 16,15.16)

5.1. Der Glaube geht der Taufe voraus

Mit dem, was wir bereits gelernt haben, ist es nicht mehr allzu schwierig, die Worte des Herrn Jesus an seine Jünger zu verstehen: „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ Diese Wort sind Teil des Missionsauftrags, den der Herr seinen Jüngern – und damit uns – gab. Sie sollten in die ganze Welt gehen und der ganzen Schöpfung (also allen Menschen) das Evangelium (d. h. die gute Botschaft) sagen.

Dieses Evangelium muss zunächst geglaubt werden. Der Glaube ist hier der für den Himmel rettende Glaube, der das Heil annimmt, das Gott allen Menschen in dem Herrn Jesus anbietet. Der Glaube hat es mit der unsichtbaren Welt zu tun. Dabei geht es nicht um irgendwelche geheimnisvollen Dinge, sondern um geistliche Realitäten. Der christliche Glaube basiert nicht auf menschlichen Spekulationen, sondern vertraut dem, was Gott sagt.

Der Herr Jesus macht zunächst klar, dass der Glaube an Ihn und sein Werk der Taufe vorausgeht. Es liegt auf der Hand: Wenn jemand dem Herrn Jesus auf dieser Erde nachfolgen möchte, dann kann er es nur wirklich und mit dem Herzen tun, wenn er vorher den Herrn Jesus als Retter annimmt und neues Leben von Gott bekommt. Ein ungläubiger Mensch ist nicht in der Lage, dem Herrn Jesus von Herzen zu folgen. Er mag es äußerlich tun, aber dann täuscht er – wie Simon der Zauberer in Apostelgeschichte 8 – falsche Tatsachen vor. Deshalb ist die Reihenfolge wichtig: „Wer da glaubt und getauft wird ...“

5.2. Errettet oder verloren

Doch dann präzisiert der Herr Jesus und fügt hinzu: „Wer das glaubt und getauft wird, wird errettet werden.“ Bemerken wir zuerst, dass Er nicht sagt, dass derjenige, der glaubt und getauft wird, gerettet ist, sondern dass er gerettet wird. Es geht – wie bei Petrus – nicht um die Errettung der Seele, die wir bereits besitzen, sondern um Rettung in einem umfassenderen Sinn. Errettung schließt an dieser Stelle erneut die Errettung für diese Erde ein. Der Glaube rettet uns für den Himmel und gibt uns dort einen Platz. Die Taufe rettet uns für diese Erde und verbindet uns hier mit einem Herrn, der von den meisten Menschen abgelehnt wird.

Der Nachsatz nimmt jedes Missverständnis weg. Wer nämlich nicht glaubt, wird verdammt werden, d. h. ist ewig verloren. In diesem Nachsatz ist nicht mehr von der Taufe die Rede. Es wird also völlig klar, dass jeder, der den Herrn Jesus im Glauben annimmt, einen Platz im Himmel hat – unabhängig davon, ob er getauft ist oder nicht. Das beweisen die Worte des sterbenden Heilands am Kreuz, als Er zu dem neben Ihm hängenden Verbrecher sagte: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Für diesen Mann war die Frage der Taufe nicht mehr relevant. Dennoch war ihm der Platz im Paradies sicher, nachdem er sich im Glauben an den Retter gewandt hatte. In den letzten Minuten seines Lebens hatte er – den Tod bereits sichtbar vor Augen – einen Sinneswandel vollzogen und hört die Worte des Herrn, der nicht von der Taufe, sondern vom Paradies spricht.

Wir halten also fest, dass der Glaube uns einen sicheren Platz im Himmel gibt – und zwar für alle Ewigkeit. Der Glaube rettet für den Himmel. Das ist die eine Seite. Die andere Seite hat es mit der Nachfolge auf der Erde zu tun. Wer für den Himmel gerettet ist, sollte jetzt den Wunsch haben, seinem Herrn zur folgen – und genau das wird in der Taufe ausgedrückt. Die Taufe rettet also, aber nicht für den Himmel, sondern für die Erde. Sie ist mit dem Weg der Nachfolge verbunden, bis wir das Ziel erreicht haben. Durch die Taufe wird ein Wechsel der Stellung auf dieser Erde angezeigt und dieser Wechsel wird durch den Ausdruck „Errettung“ umschrieben.

6. Taufe zur Vergebung der Sünden und Rettung von einem verkehrten Geschlecht (Apg 2,38–40)

6.1. Eine Botschaft an die Juden

Wir befinden uns in der Zeit, kurz nachdem der Heilige Geist auf diese Erde gekommen war. Er hatte das Haus erfüllt, in dem die Jünger waren, und war auf jeden einzelnen der Jünger gekommen, die dort anwesend waren (Apg 2,1–4). Nachdem die gottesfürchtigen Juden Jerusalems über die Folgen des Kommens des Heiligen Geistes in großes Erstaunen gerieten, hielt Petrus eine erste große Rede, die den Zuhörern durchs Herz drang. Sie stellen deshalb die Frage: „Was sollen wir tun, Brüder?“ (Apg 2,37). Darauf gibt Petrus eine Antwort, die gleich zwei Fragen aufwirft. Er sagt:

  1. „Tut Buße, und jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Vers 37).
  2. „Lasst euch retten von diesem verkehrten Geschlecht!“ (Vers 40). Das geschah, indem diejenigen, die das Wort aufnahmen, getauft wurden.

Wir müssen bedenken, dass Petrus sich hier an Juden wendet – an solche also, die wenige Wochen vorher ihren Messias an das Kreuz gebracht hatten. Es war eine schuldige Nation, die gerufen hatte, dass das Blut des Christus über sie und ihre Kinder kommen sollte. Das Gericht Gottes über die jüdische Nation war beschlossene Sache. Und doch gibt Er Einzelnen Gnade. Er lässt die Botschaft zunächst denen verkündigen, die sich so sehr an seinem Sohn versündigt hatten.

6.2. Vier wichtige Punkte

  1. Die Buße: Wir können gut verstehen, dass Petrus zuerst die Buße betont und nicht vom Glauben spricht. Buße ist mehr als Reue. Buße ist Sinnesänderung. Etwas zu bereuen bedeutet, traurig zu sein, doch wenn solche Trauer nicht zur Buße führt, nützt sie nichts (vgl. 2. Kor 7,9). Judas Iskariot bereute, dass er seinen Meister verraten hatte, aber er tat nie Buße. Doch Buße war hier absolut nötig. Diese Juden mussten anders über Jesus denken, als sie es bisher getan hatten. Sie mussten anerkennen, dass Er der von Gott gesandte Retter war, den sie abgelehnt hatten. Buße hat hier zwei Seiten. Erstens die Trauer über das, was sie getan hatten und zweitens über Christus denken, wie Gott über Ihn denkt.
  2. Die Taufe: Zweitens erwähnt Petrus die Taufe. Er sagt nicht, dass sie getauft werden sollte, um Vergebung der Sünden zu bekommen, sondern „… zur Vergebung eurer Sünden“. Das bedeutet: „im Hinblick auf die Vergebung eurer Sünden“. Sündenvergebung für den Himmel bekommt man nicht durch die Taufe, sondern durch den Glauben an Jesus Christus. Hier geht es erneut darum, dass die Juden sich durch die Taufe öffentlich auf die Seite dessen stellten, der allein Sünden vergeben kann. Sie sollten in den Bereich des Christentums überwechseln, ein Bereich, in dem die Segnung der Sündenvergebung bekannt ist. Man hat diese Art der Vergebung auch eine „administrative (verwaltende) Sündenvergebung“ genannt1 (vgl. Joh 20,23). Die Jünger waren die Ersten, die Vergebung der Sünden predigten. Wohin sie als Prediger kamen, wurde diese Wahrheit bekannt.
    Die Vergebung der Sünden für den Himmel hängt nicht von der Taufe ab. Die Taufe bringt uns aber in den Bereich, in dem diese Wahrheit bekannt ist und verkündigt wird. Das ist nicht der Himmel, sondern die Erde. Wir müssen lernen zu unterscheiden, ob es um unsere Stellung vor Gott und unsere ewige Sündenvergebung geht oder ob es um unsere Stellung auf der Erde geht, wo diese Wahrheit verwaltet und verkündigt wird.
  3. Die Rettung: Genauso verstehen wir drittens auch, dass Petrus dann sagt: „Lasst euch retten von diesem verkehrten Geschlecht!“, und dass diejenigen, die das Wort annahmen, getauft wurden. Die Zuhörer gehörten zu einem verkehrten Geschlecht – zu einem Geschlecht, das den Messias abgelehnt und gekreuzigt hatte und das nun auf dem Weg in das Gericht Gottes war. Die Gefahr bestand, mit diesem Geschlecht fortgerissen und gerichtet zu werden. Deshalb war Rettung nötig – Rettung also nicht nur für den Himmel, sondern wiederum Rettung für die Erde. Diejenigen, die Buße taten, mussten sich öffentlich von den Juden distanzieren, die Christus gekreuzigt hatten, und das taten sie, indem sie sich taufen ließen. Auf diese Weise gaben sie öffentlich zu erkennen, dass sie die Seite gewechselt hatten. Sie standen nicht mehr auf der Seite der Feinde des Christus, sondern auf der Seite derjenigen, die Christus folgten.
  4. Der Heilige Geist: Ein vierter Punkt ist hier wichtig. Die Taufe war für diese Juden die Voraussetzung, den Heiligen Geist zu empfangen. Die uns geläufige Reihenfolge lautet anders: Wir glauben dem Wort der Wahrheit, wir empfangen den Heiligen Geist und wir werden dann getauft (Apg 10,44–48). Doch hier ist die Reihenfolge anders. Die Taufe war für diese Juden so wichtig, dass sie in diesem konkreten Fall sogar die Voraussetzung dafür war, dass die Glaubenden (die das Wort annahmen) zuerst getauft werden mussten, bevor sie den Heiligen Geist empfangen konnten. Das zeigt uns, welchen hohen Stellenwert das öffentliche Bekenntnis durch die Taufe hat – damals wie heute. Es ist Gott wichtig, dass wir uns öffentlich auf die Seite dessen stellen, der in der Welt immer noch abgelehnt wird.

Für die Juden damals war es eine bedeutsame Entscheidung, sich öffentlich zu dem zu bekennen, den sie vor kurzem ermordet hatten. Es war nicht einfach, dem Judentum erkennbar den Rücken zu kehren. Doch genau das war notwendig. Für uns bedeutet die Taufe zwar keine Rettung aus dem Judentums, wohl aber, dass wir uns bewusst und öffentlich auf die Seite von Jesus Christus stellen. Nur wer das tut, ist im eigentlich Sinn ein Christ – denn Christsein hat es mit der Erde zu tun und nicht mit dem Himmel. Im Himmel sind wir keine Jünger und keine Christen mehr, sondern Kinder und Söhne Gottes.

7. Die Taufe bei Paulus (Apg 22,16)

Bei Paulus liegt der Fall ähnlich wie bei den Juden in Apostelgeschichte 2. Er war ein wesentlicher Repräsentant der jüdischen religiösen Elite und ein Verfolger der jungen Gemeinde in Jerusalem und darüber hinaus. Damit stellte er sich direkt gegen Christus. Damit er seinen Dienst für den Herrn tun konnte, zu dem er berufen war, musste er nicht nur eine Kehrtwende erleben und seine Sache mit Gott in Ordnung bringen. Nein, gerade bei Saulus war es nötig, dass er sich öffentlich, für alle erkennbar, auf die Seite dessen stellte, den er bisher so erbittert bekämpft hatte. Deshalb war es unerlässlich, dass er sich taufen ließ und sich damit als Christ zu erkennen gab.

Die Bekehrung des Saulus fand auf dem Weg nach Damaskus statt. Von diesem Zeitpunkt an war die Sache zwischen dem Herrn und Paulus geregelt. Seine Sünden waren von Gott vergeben und der Weg zum Himmel war frei. Ohne es zu realisieren, war er „in Christus“ und es gab keine Verdammnis mehr für ihn (Röm 8,1).

Doch eine andere Frage war bisher nicht geklärt. Was war seine Position hier auf der Erde? Er galt immer noch als Christenhasser, von dem nichts anderes bekannt war, als dass er die Gläubigen verfolgte. Er stand immer noch auf der falschen Seite. Deshalb sagt Ananias zu ihm: „Lass dich taufen und deine Sünden abwaschen.“ Im Blick auf den Himmel war das nicht mehr nötig, wohl aber im Blick auf die Erde und seinen Dienst, den er tun sollte. Saulus musste durch ein öffentliches Zeugnis deutlich machen, wo er jetzt stand. Erst dann würde auch, für alle erkennbar, keine Sünde mehr an ihm haften. Deshalb war die Taufe für ihn so wichtig.

8. Fazit

Wir haben gelernt, dass die christliche Taufe sehr wohl rettet – allerdings nicht für den Himmel, sondern für die Erde. Es geht um unserer Zeugnis, das wir vor den Menschen ablegen. Wer sich taufen lässt, stellt sich bewusst auf die Seite von Jesus Christus, den die Menschen im Allgemeinen immer noch ablehnen. Er gibt zu erkennen, dass er ein Christ ist, der seinem Herrn folgen und Ihm dienen möchte. Taufe hat es mit Jüngerschaft und Nachfolge zu tun, d. h. in letzter Konsequenz mit dem Reich Gottes in der Zeit, in der die Menschen den Herrn des Reiches ablehnen und seine Rechte nicht anerkennen. Wer sich taufen lässt, zeigt vor den Menschen Flagge. Er verlässt den Bereich, wo Christus abgelehnt wird, und tritt in den Bereich ein, wo Menschen Christus anerkennen. Das ist ein Aspekt von Errettung, den wir nicht übersehen wollen. Gott möchte, dass wir nicht nur Buße tun, uns bekehren und an seinen Sohn glauben, sondern Er möchte auch, dass wir uns in einer Welt zu Ihm bekennen, die Ihn abgelehnt hat und immer noch ablehnt.

Fußnoten

  • 1 Vgl. C. Briem: Ein Volk für seinen Namen, Teil 2 (CSV Hückeswagen)