Einführung in den Brief an die Römer

Einführung in den Brief an die Römer

1. Einleitende Gedanken

Der Brief an die Römer ist nicht der erste Brief, den Paulus geschrieben hat. Dennoch nimmt er zu Recht in allen Bibelausgaben den ersten Platz unter den Briefen ein – unmittelbar nach der Apostelgeschichte. Und das nicht nur, weil die Apostelgeschichte damit endet, dass Paulus in Rom ankommt. Der Grund ist ebenso wenig der, dass der Römerbrief der längste der Briefe ist. Es liegt vielmehr daran, dass der Römerbrief ein sehr grundsätzliches Thema behandelt, nämlich das des Heilsplans Gottes, wie wir ihn im Evangelium finden. Das zeugt von der Einsicht derer, die einmal – ohne dabei inspiriert gewesen zu sein – die Reihenfolge der Briefe festgelegt haben.

W. Kelly beginnt seine Auslegung zum Römerbrief mit den Worten: „Obwohl uns der Römerbrief – was seinen Inhalt betrifft – nicht die höchsten Wahrheiten vorstellt, erklärt er uns dennoch in einer sehr verständlichen Weise das Evangelium Gottes. Er tut das auf eine Weise und in einer Tiefe, die nicht nur dem Schreibstil des Paulus entspricht, sondern vor allem die Weisheit des Heiligen Geistes zeigt, der den großen Apostel der Nationen beim Schreiben inspirierte.“1

Ganz sicher ist alle Schrift von Gott eingegeben. Jeder Autor wurde durch den Heiligen Geist geleitet. Und doch nimmt der Römerbrief einen besonderen Platz ein, denn er zeigt uns mit unwiderlegbarer Logik, klar gegliedert und systematisch dargestellt, wesentliche Grundwahrheiten der christlichen Heilslehre. Er beantwortet die alte Frage Hiobs: „Wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott?“ (Hiob 9,2; 25,4).

Wir lernen in diesem Brief etwas über die Gerechtigkeit Gottes, die im Evangelium offenbart wird, und dass der Gerechte aus Glauben lebt (Röm 1,17). Es wird gezeigt, wie Gott dem verlorenen und sündigen Zustand des Menschen begegnet. Die Frage der Rechtfertigung und Heiligung wird ebenso behandelt wie die Frage, wie Gott mit der in uns wohnenden Sünde umgeht und Befreiung schenkt. Das Evangelium Gottes ist das große Thema des Briefes. Es wird in seinen verschiedenen Aspekten behandelt. Dabei kommen auch praktische Fragestellungen nicht zu kurz.

Man hat den Römerbrief als ein Kompendium der christlichen Heilslehre bezeichnet.

Es wird deutlich gezeigt, dass Gott in seinem Handeln mit den Juden und den Heiden vollkommen gerecht ist. Vor dem dunklen Hintergrund der völligen Verdorbenheit jedes Menschen (sei es Jude, Grieche oder Heide) scheint das Licht des Evangeliums umso heller. Gott rechtfertigt jeden Sünder, der das Werk seines Sohnes im Glauben annimmt. Gott handelt in Gnade, ohne je aufzuhören, gerecht zu sein. Alles stimmt mit seinem eigenen göttlichen Maßstab überein.

J. N. Darby scheibt: „So sehen wir denn in diesem Brief, wie Gott uns mit vollkommener Gnade entgegengekommen ist, als wir nach unserer menschlichen Verantwortlichkeit und nach der Gerechtigkeit Gottes ganz verloren waren; wie Er aus lauter Gnade uns Errettung und ewiges Leben bereitet hat, als wir von Ihm entfernt waren durch die Sünde, ja, als wir dem Fleisch nach in Feindschaft gegen Ihn waren.“2 Es lohnt sich, den Römerbrief immer wieder zu lesen und zu überdenken.

2. Die Bedeutung des Römerbriefs in Vergangenheit und Gegenwart

Der Römerbrief spielt in der Kirchen- und Theologiegeschichte eine herausragende Rolle. Er war vor allem prägend für die Zeit der Reformation. Mit Recht ist gesagt worden, dass es wohl kein anderes Buch der Bibel gibt, das solche gewaltigen Bewegungen in der Kirchengeschichte ausgelöst hat wie gerade der Römerbrief.

  • Der Kirchenvater Augustinus (354–430 n. Chr.) wurde durch die Lektüre des Römerbriefes völlig verändert. Seine Schriften prägten über tausend Jahre lang die europäische Kultur. Er gehört bis heute zu den größten Denkern der Kirche.
  • Der deutsche Reformator Martin Luther (1483–1546) erlebte durch den Römerbrief eine entscheidende Lebenswende. Er suchte verzweifelt nach einem gerechten und zugleich gnädigen Gott und fand ihn beim Lesen des Römerbriefes. Er schreibt: „Dieser Brief ist das rechte Hauptstück des Neuen Testamentes und das allererste Evangelium, welcher wohl würdig und wert ist, dass ihn ein Christenmensch nicht allein Wort für Wort auswendig wisse, sondern täglich damit umgehe als mit einem täglichen Brot für die Seele; denn er kann nimmer zu viel und zu gründlich gelesen und betrachtet werden. Und je mehr er behandelt wird, desto kostbarer wird er und umso besser schmeckt er.“3 Johannes Calvin schreibt: „Wenn jemand diesen Brief versteht, wird ihm eine Tür zum Verständnis der ganzen Schrift geöffnet.“4
  • Der Römerbrief führte 1738 zur Bekehrung von John Wesley, einem bekannten englischen Erweckungsprediger, durch den zahlreiche Menschen das Heil in Christus kennenlernten.
  • Im 19. Jahrhundert war es besonders der englische Bibellehrer J. N. Darby, der einige seiner tiefgehenden Beiträge für das Verständnis des Neuen Testamentes gerade im Bereich der Gerechtigkeit Gottes und der Rechtfertigung aus Glauben geliefert hat. Gleiches gilt für den deutschen Bibellehrer R. Brockhaus. Die Auslegungen beider Autoren zum Römerbrief sind bis heute lesenswert.

Man könnte weitere Beispiele nennen. Warum ist das so? Die Antwortet lautet, dass der Römerbrief die grundlegende Heilsbotschaft enthält, die einem Menschen zeigt, wie er von einem gerechten Gott angenommen werden kann.5 In diesem Sinn ist der Brief manchmal das „fünfte Evangelium“ genannt worden.

Wir leben heute in einer Zeit, in der viele Christen wenig von dem wissen, was der Römerbrief vermittelt. Sie haben nur eine vage Vorstellung davon, wie sie von Gott angenommen und gerecht erklärt worden sind. Paulus schreibt den Korinthern: „Ich tue euch aber kund, Brüder, das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch steht, durch das ihr auch errettet werdet“ (1. Kor 15,1.2). Genau das ist es: Wenn das verkündigte Evangelium – so wie es im Römerbrief gezeigt wird – im Glauben angenommen wird, vermittelt es uns eine sichere Stellung. Dann haben wir ein sicheres Fundament unter den Füßen und „stehen“. Wer dieses volle Evangelium nicht kennt, wird nie gefestigten Frieden und Heilssicherheit bekommen. A. C. Gaebelein schreibt: „Deshalb ist die Lehre des Römerbriefes über das Evangelium Gottes von allergrößter Wichtigkeit. Sie bringt Sicherheit und Frieden; seine Lehren führen den Gläubigen hinein in ein Siegesleben... Sogar dann, wenn wir die großen Lehren des Heils ergriffen haben, die in diesem Brief geoffenbart werden, ist es nötig, dass wir sie immer wieder neu durchgehen. Und das muss unter Gebet geschehen. Es gibt viele Christen, die aus dem Römerbrief die richtigen Lehren über Rechtfertigung und Heiligung kennen, die Kraft dieser Wahrheiten in ihrem Leben jedoch vermissen lassen.“6

3. Der Verfasser

Der Apostel Paulus stellt sich selbst in Römer 1,1 als Verfasser vor. Wie üblich, schrieb er den Brief nicht mit eigener Hand, sondern diktierte ihn. Im Fall des Römerbriefes war ein Mann mit Namen Tertius der Schreiber (Röm 16,22).7 Tertius bedeutet: „der Dritte“. Wer dieser Tertius war, wissen wir nicht. Die Bibel sagt darüber weiter nichts. Jedenfalls besaß er das Vertrauen des Apostels. Überbracht wurde der Brief sehr wahrscheinlich durch die Schwester Phöbe, die in Kapitel 16,1 ausdrücklich empfohlen wird. Sie war aus der Versammlung in Kenchräa (bei Korinth) und siedelte offensichtlich nach Rom über.

Die Echtheit des Briefes an die Römer ist selbst von kritischen Autoren kaum in Frage gestellt worden. Das schließt die Tatsache ein, dass Paulus den Brief verfasst hat. Der Brief zeigt durch seinen Inhalt, dass hier jemand schreibt, der ein auserwähltes Werkzeug in der Hand Gottes war (vgl. Apg 9,15) und der zum Evangelium Gottes abgesondert war (Röm 1,1). Der innere Aufbau und die Argumentationsweise lassenr erkennen, dass Paulus diesen Brief geschrieben hat. Die Gedanken werden in einer stringenten Abfolge vorgetragen. Dabei sind einige Gedankengänge sehr tief und komplex. Niemand anderes als Paulus hätte diesen Brief schreiben können. Interne wie externe Beweise sind eindeutig.

3.1. Interne Beweise

Im Gegensatz zu einigen anderen Briefen erwähnt Paulus seinen eigenen Namen in diesem Brief nur einmal.8 Allerdings gibt es weitere Hinweise in dem Brief selbst, die eindeutig auf Paulus hinweisen. Er erwähnt seine Herkunft als Israelit und Nachkomme Abrahams vom Stamm Benjamin (Röm 11,1). Er lässt Grüße von Priska und Aquila ausrichten, die bei ihm waren (Röm 16,3). Er spricht davon, dass er eine Spende der Gläubigen in Mazedonien und Achaja nach Jerusalem bringen wollte (Röm 15,25–27). Darüber hinaus erwähnt er seine Reisepläne (Röm 15,24.28) und schreibt davon, wie gerne er die Gläubigen in Rom besuchen wollte (Röm 1,10–13.15; 15,22–32). In Verbindung mit Apostelgeschichte 19,21 weist das ebenfalls deutlich auf Paulus hin. Gerade die Parallelität zwischen den Aussagen in der Apostelgeschichte und dem Römerbrief machen deutlich, dass nur Paulus der Schreiber sein kann.

3.2. Externe Beweise

Mit den externen Beweisen müssen wir uns nicht lange beschäftigen. Die Verfasserschaft von Paulus war bereits in der frühen Kirche allgemein anerkannt. Bereits bei frühen Kirchenvätern finden sich entsprechende Aussagen, die zeigen, dass sie diesen Brief als von Paulus geschrieben anerkannten. Der Kirchenvater Irenäus (ca. 140–202 n. Chr.) ist der erste, der diesen Brief ausdrücklich und namentlich zitiert. Andere, wie Clemens von Rom, Ignatius, Justin der Märtyrer, Tertullian und Polykarp bestätigen das in ihren Schriften. Selbst ein Irrlehrer wie Marcion nennt Paulus ausdrücklich als Schreiber dieses Briefes. Auch das Muratorische Fragment listet diesen Brief als von Paulus geschrieben auf.

3.3. Das Problem des 16. Kapitels

Obwohl der Brief an und für sich ebenso wenig angezweifelt wird wie der Verfasser, beschäftigen sich einige Ausleger intensiv mit einer anderen Frage. Sie vermuten, es habe sich ursprünglich um einen Rundbrief gehandelt, der je nach Anschrift verschieden endete. Daraus ist der Rückschluss gezogen worden, dass besonders das letzten Kapitel ursprünglich nicht zu dem Brief gehörte. Zudem steht der Lobpreis von Römer 16,25–27 in einigen Handschriften bereits am Ende von Kapitel 14. Es gibt andere Handschriften, in denen sich die Doxologie sowohl in Kapitel 14 als auch in Kapitel 16 findet, in anderen wiederum fehlt sie ganz.

Es sind im Wesentlichen drei Argumente, die angeführt worden sind, um nachzuweisen, dass Kapitel 16 ursprünglich nicht Teil des Briefes gewesen sein soll. Alle drei Argumente lassen sich jedoch ohne Mühe widerlegen: 9

  1. Es wird behauptet, dass Paulus – der vorher nicht in Rom war – unmöglich so viele Gläubige in Rom persönlich kennen konnte, wie in Römer 16,3–16 erwähnt werden. Dabei fällt allerdings auf, dass das im Kolosserbrief ähnlich ist. Gerade in diesen beiden Briefen, die an Versammlungen geschrieben wurden, die Paulus nicht persönlich kannte, kommen sehr viele Grüße an Einzelpersonen vor. Es ist keine Frage, dass Paulus diese Geschwister auf seinen Reisen kennengelernt oder von ihnen gehört hatte. Die Mobilität im Römischen Reich war groß, so dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass Paulus eine ganze Reihe von Geschwistern in Rom persönlich kannte, selbst wenn er bis dahin dort nicht gewesen war.
  2. Es wird behauptet, dass die Aussagen in Römer 16,17–20 voraussetzten, dass Paulus an eine Versammlung schrieb, die in einem gewissen Gehorsamsverhältnis zu ihm stand, was jedoch bei den Römern nicht der Fall sei, weil er sie persönlich nicht kannte. Das Argument zieht ebenfalls nicht. Paulus sah Gefahren, und deshalb warnte er mit deutlichen Worten. Als Apostel war er dazu autorisiert – und das unabhängig davon, ob er die Gläubigen persönlich kannte oder nicht (vgl. auch hier die Parallelität zum Kolosserbrief).
  3. Es wird behauptet, Römer 15,33 sei bereits ein Briefabschluss, so dass das Ende von Kapitel 16 nicht dazu passe. Es sei ein doppeltes Briefende. Es spricht allerdings nichts dagegen, Kapitel 16 wie einen Anhang zu dem Brief zu sehen, der dann mit einer wunderbaren Doxologie endet. Gerade der Abschluss in Kapitel 16 rundet den Brief über das Evangelium Gottes ab und weist auf etwas hin, das noch weitergeht, nämlich den Ratschluss Gottes, über den Paulus vor allem im Epheserbrief schreibt. Es würde uns in der Tat etwas fehlen, wenn diese Verse nicht zum dem Brief gehörten.

3.4. Paulus, Knecht Christi Jesu, berufener Apostel

Paulus stellt sich in Römer 1,1 mit den Worten vor: „Paulus, Knecht Christi Jesu, berufener Apostel, abgesondert zum Evangelium Gottes“.

  1. Paulus: Das war der lateinische Name des Saulus von Tarsus. Er bedeutet: „der Kleine“. Paulus benutzt diesen Namen durchweg in seinen Briefen. Obwohl er apostolische Autorität besaß und sehr tiefe Wahrheiten vorstellt, bleibt er in seinen eigenen Augen doch immer bescheiden.
  2. Knecht Christi Jesu: Paulus war nicht nur bescheiden, sondern nennt sich zugleich einen Sklaven Christi Jesus. Die Römer wussten, was Sklaven waren. Anders als im normalen Leben war Paulus jedoch kein Sklave aus Zwang, sondern freiwillig. Sein Leben gehörte nicht mehr ihm selbst, sondern dem, der ihn erworben hatte. Die Formulierung „Christus Jesus“ ist typisch für Paulus, denn er hatte Ihn als den verherrlichten Christus im Himmel gesehen, der als „Jesus von Nazareth“ auf dieser Erde gelebt hatte und gestorben war.
  3. Berufener Apostel: Paulus schreibt diesen Brief mit apostolischer Autorität. Er war der „Apostel der Nationen“ (Röm 11,13), ein „auserwähltes Gefäß“, um den Namen des Herrn vor Nationen, vor Könige und vor Söhne Israels zu tragen (Apg 9,15). Der Herr selbst hatte ihn berufen. Seine Apostelschaft hatte er sich nicht selbst angemaßt, noch war er von anderen Menschen ernannt worden. Sie ging vielmehr auf göttliche Berufung zurück. Obwohl Paulus selbst bis zu diesem Zeitpunkt nie in Rom gewesen und auch nicht das Werkzeug zur Bekehrung der dortigen Gläubigen gewesen war, konnte er mit Autorität an sie schreiben. Der Brief selbst zeigt das deutlich. Es ist kein persönlich gehaltener Brief an eine Versammlung, zu der Paulus eine intensive Beziehung hatte. Abgesehen vom Anfang (wo Paulus die Herzensverbindung zu den Gläubigen in Rom sucht) und vom Ende (wo Paulus viele ihm bekannte Glaubensgeschwister grüßt) zeichnet sich dieser Brief dadurch aus, dass er mit apostolischer Autorität die Lehre des Heils in Christus und ihre praktischen Konsequenzen vorstellt.
  4. Abgesondert zum Evangelium Gottes: Paulus hatte einen besonderen Auftrag. Er war von Gott selbst für seine Aufgabe zubereitet und abgesondert worden. Er war nicht nur „Diener der Versammlung“ (Kol 1,25), sondern zugleich „Diener des Evangeliums“ (Kol 1,23). Paulus nennt das Evangelium hier das Evangelium Gottes. Die Botschaft hat göttlichen Ursprung. Das, was uns im Evangelium vermittelt wird, kommt von Gott selbst.

4. Ort und Zeit der Niederschrift

Wir können mit sehr großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Römerbrief um ca. 57/58 n. Chr. von Korinth aus geschrieben wurde. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kaiser Nero gerade seine Regierung angetreten (54–68 n. Chr.), die Christenverfolgung hatte allerdings noch nicht begonnen.

Gemäß Apostelgeschichte 20,2.3 hielt Paulus sich drei Monate lang in Korinth auf. In seinen Grußworten am Ende des Briefes erwähnt er Gläubige aus dieser Stadt, nämlich Phöbe aus Kenchräa (der Hafenstadt von Korinth) und Gajus, in dessen Haus die Gläubigen zusammenkamen (vgl. 1. Kor 1,14). Darüber hinaus hatte Paulus die Absicht, gesammelte Spendengelder von Mazedonien und Achaja nach Jerusalem zu bringen. Darauf spielt er in Römer 15,15–27 an (vgl. 2. Kor 8,1.2; 9,1.2; Apg 24,17). Paulus hat den Römerbrief also offensichtlich am Ende seiner dritten Missionsreise geschrieben.

Paulus beabsichtigte, nach Jerusalem zu reisen, und trug in seinem Herzen den großen Wunsch, danach die Gläubigen in Rom zu sehen (Apg 19,21). Davon spricht er in seinem Brief (vgl. Röm 15,23–25). Der Anfang des Briefes erwähnt diesen Wunsch ebenfalls (vgl. Röm 1,10.11).10 Als sich nun die griechische Schwester Phöbe auf den Weg nach Rom machte, war dies sehr wahrscheinlich der äußere Anlass, den Brief an die Römer zu schreiben und ihn Phöbe mitzugeben.

Obwohl also der Römerbrief aus gutem Grund am Anfang der Briefe des Neuen Testamentes steht, ist er nicht der erste von Paulus geschriebene Brief. Vorher waren sehr wahrscheinlich bereits die Briefe an die Thessalonicher, Galater und Korinther entstanden.

5. Die Stadt Rom

Die Briefempfänger lebten in Rom, der Hauptstadt des Römischen Reiches. Die Stadt wurde ca. 750 v. Chr. am Ufer des Flusses Tiber als Zusammenschluss verschiedener Siedlungen gegründet. Bis ca. 510 v. Chr. wurde Rom von verschiedenen Königen regiert, danach war es eine Republik. Nach und nach dehnte sich die Macht Roms auf ganz Italien aus und reichte später weit darüber hinaus in den gesamten Bereich des Mittelmeeres.

Um die Macht in der Stadt und darüber hinaus gab es viel Streit. 45 v. Chr. wurde Julius Cäsar nach mehreren militärischen Erfolgen Diktator dieser Weltmacht und regierte von Rom aus. Nur ein Jahr später wurde er ermordet und die Republik wurde wiederhergestellt. Es dauerte jedoch nicht lange, bis 27 v. Chr. Octavian vom römischen Senat den Ehrennamen Augustus (der Erhabene) verliehen bekam. Ihm wurden wichtige Kompetenzen im Reich und in der Hauptstadt Rom verliehen.

Die Stadt wuchs sehr schnell. Zur Zeit der ersten Christen war Rom bereits eine Millionenstadt. Sie war damit die bedeutendste und politisch sowie militärisch einflussreichste Stadt der damaligen Zeit. Es gab zahlreiche Sklaven, die in Rom arbeiteten. Kulturell und religiös wurde Rom vor allem von den Griechen geprägt.

In Rom gab es eine große jüdische Kolonie. Davon spricht auch der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus. Der Feldherr Pompeius Magnus (bekannt als Gegenspieler Julius Cäsars) hatte im Jahr 61 v. Chr viele Juden als Sklaven nach Rom verschleppt. Deren Nachkommen wurden später zum großen Teil freigelassen, blieben jedoch in Rom wohnen. Diese römischen Juden pflegten einen regen Kontakt mit ihrer Heimat und zogen zum Teil zu den jüdischen Festtagen nach Jerusalem. Das erklärt den Ausdruck in Apostelgeschichte 2,10, wo von den „hier weilenden Römern“ die Rede ist. Man schätzt der Zahl der Juden in Rom zu Beginn des ersten Jahrhunderts auf 30.000 bis 40.000.

Apostelgeschichte 18,2 erwähnt einen Befehl von Claudius, dass alle Juden sich aus Rom entfernen sollten. Dieses Dekret datiert aus dem Jahr 49 n. Chr. Alle in Rom lebenden Juden wurden demnach ausgewiesen. Über die Ursachen dieses Befehls gibt es unter Geschichtsschreibern verschiedene Ansichten. Als mögliche Ursache gelten Unruhen, die durch die Verkündigung des Evangeliums (das in Rom als Sonderlehre der Juden galt) ausgelöst worden sein sollen. Das lässt zumindest eine Aussage des römischen Schriftstellers Sueton vermuten.11 Allerdings kehrten viele Juden nach dem Tod von Claudius im Jahr 54 n. Chr. nach Rom zurück, darunter Priska und Aquila, denen in Römer 16,3 ausdrücklich Grüße ausgerichtet wurden.

6. Die Gläubigen in Rom

In Rom gab es gläubige Christen. Paulus nennt sie „Geliebte Gottes“ und „berufene Heilige“. Er wünscht ihnen: „Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ (Röm 1,7).

Es fällt also auf, dass der Brief nicht direkt „an die Versammlung (Gemeinde)“ in Rom gerichtet ist, sondern an einzelne Gläubige, die sich von Gott geliebt wussten und berufene Heilige waren. Diese Gläubigen bildeten natürlich zusammen die Versammlung Gottes in Rom. Das Wort „Versammlung“ kommt jedoch nur am Ende des Briefes (in Kapitel 16) einige Mal vor und – von einer Ausnahme abgesehen – bezieht sich auf Versammlungen außerhalb von Rom. Die Ausnahme ist die Versammlung im Haus von Priska und Aquila (Röm 16,5). Ihr Haus war vermutlich einer von verschiedenen Versammlungsorten in der Millionenstadt Rom.

Diese persönliche Ansprache passt zu dem Charakter des Briefes, der sich überwiegend mit dem Heil des einzelnen Gläubigen befasst und nicht mit der Wahrheit der Versammlung Gottes.

Es ist aus dem Brief eindeutig ersichtlich, dass es sich bei den Empfängern um Gläubige mit jüdischem und heidnischem Hintergrund handelte. Ganz am Anfang werden es vermutlich nur Juden gewesen sein, durch die das Evangelium nach Rom kam. Doch bald kamen Gläubige aus den Nationen dazu. Wir können davon ausgehen, dass die Gläubigen mit heidnischem Hintergrund sogar sehr bald in der Mehrzahl waren. Die Stadt Rom war zuerst die heidnische Hauptstadt eines heidnischen Weltreiches, in dem die Juden an sich eine kleine Minderheit bildeten. Als „Apostel der Nationen“ (Röm 11,13) wandte Paulus sich besonders an sie. Gleichzeitig hatte er eine brennende Liebe zu seinen jüdischen Brüdern, seinen „Verwandten nach dem Fleisch“ (Röm 9,3). Paulus redet in seinem Brief sowohl die Juden als auch die Heiden direkt an (z. B. Röm 2,17; 11,13). Zum Teil erklärt diese Mischung aus gebürtigen Juden und Heiden manche Hintergründe in diesem Brief (besonders die Kapitel 9 bis11 und 14). Die eigentliche Botschaft galt jedoch beiden „Gruppen“, denn das Heil, über das Paulus schreibt, ist ein gemeinsames (Jud 3).

Über die Entstehung der Versammlung in Rom gibt es in der Bibel keine direkten Aussagen. Paulus war nicht daran beteiligt, und es gibt ebenfalls keinen einzigen Hinweis in der Bibel, dass Petrus es war. Das Gegenteil ist der Fall.12 Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr groß, dass das Evangelium nicht durch einen der Apostel nach Rom gekommen ist. Wir erkennen darin etwas von der Weisheit Gottes. Er wusste, was Menschen einmal aus Rom machen würden, dass der Bischof von Rom einmal Oberhaupt (Papst) der ganzen Kirche genannt werden würde.

Die Frage stellt sich, wie denn dann das Evangelium nach Rom gekommen ist. Zwei parallele Szenarien sind sehr wahrscheinlich:

  1. Wir wissen, dass bei der Entstehung der Versammlung in Apostelgeschichte 2 Juden aus Rom anwesend waren (Apg 2,10). Wir können uns sehr gut vorstellen, dass einige von ihnen zum Glauben an Jesus Christus gekommen waren und diese Botschaft dann mit nach Rom genommen hatten. Wenn das so ist, dann gab es bereits in den dreißiger Jahren des ersten Jahrhunderts Christen in Rom.
  2. Es ist bekannt, dass es im Römischen Reich einen intensiven Reiseverkehr gab, der die Hauptstadt Rom mit anderen Teilen des Reiches verband. Das römische Straßennetz war ausgezeichnet, so dass nicht nur Personen und Waren, sondern auch Ideen im ganzen Römischen Reich relativ schnell kursierten. Christliche Kaufleute, Handwerker und Prediger nahmen das Evangelium überallhin mit, wohin sie reisten – so auch nach Rom. Es ist also durchaus denkbar, dass das Evangelium Rom durch das Wirken des Heiligen Geistes erreichte, indem Männer und Frauen in ihren täglichen Geschäften und Begegnungen ihren Herrn bezeugten und das Evangelium verkündigten.

7. Zweck und Gegenstand

7.1. Zweck

Es fällt auf, dass der Römerbrief – anders als fast alle anderen Briefe – keinen direkten Zweck nennt, der in einem Fehlverhalten der Adressaten begründet liegt. In dieser Form finden wir das nur noch im Epheserbrief. In allen anderen Briefen ist der Zweck zumeist die Korrektur von Fehlverhalten oder eindeutige vorbeugende Hinweise.

Beide Briefe – Römerbrief und Epheserbrief – zeigen den Heilsplan Gottes. In beiden Briefen spricht Paulus – wenn auch unter zwei ganz unterschiedlichen Gesichtspunkten – von dem Evangelium, der guten Botschaft Gottes für uns Menschen. Er tut das ohne unmittelbaren Anlass, der sich aus der konkreten Situation der Briefempfänger ergäbe. Im Epheserbrief ist das allerdings noch deutlicher als im Römerbrief. Es wäre gewiss deutlich zu wenig, wenn man sagen würde, dass Paulus den Brief deshalb geschrieben hat, weil Phöbe nach Rom reiste (Röm 16,1). Es wäre ebenfalls zu wenig zu sagen, dass er den Brief schrieb, um den römischen Gläubigen seine Liebe zu bekunden und ihnen zu sagen, dass er sie gerne persönlich sehen würde. Nein, die eigentlichen Gründe liegen woanders. Wenn man den gesamten Brief auf sich einwirken lässt, erkennt man zwei wesentliche Punkte:

  1. Belehrend: Der Brief an die Römer ist ein Lehrbrief par excellence. Die ersten Kapitel (Röm 1–8) beschäftigen sich mit dem Evangelium Gottes, das „Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden“ ist, „sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen“ (Röm 1,16). Es geht vor allem um den Heilsplan Gottes, wie er im Evangelium sichtbar wird. Es ist ein gemeinsames Heil, das heißt das Teil jedes Glaubenden, ob er nun aus den Juden oder aus den Heiden stammt. Die Frage lautet: Wie kann ein Mensch vor Gott gerecht werden? Oder anders formuliert: Wie kann ein gerechter und heiliger Gott Menschen für gerecht erklären, die von Geburt an Sünder und Feinde Gottes sind? Dieser Heilsplan Gottes wird ausführlich dargelegt. Danach erfolgt im zweiten Teil (Röm 9–11) eine Erklärung zur Zukunft Israels. Der dritte Teil (Röm 12–16) zeigt die praktischen Konsequenzen, die das Evangelium für jeden Glauben hat.
    Der Brief gebraucht sehr viele grundlegende Heilsbegriffe, wie z. B. Sünden, Sünde, Schuld, Übertretung, Gesetz, Zorn, Gericht, Tod, Gerechtigkeit, Glaube, Rechtfertigung, Befreiung, Friede, Versöhnung, Hoffnung, Beschneidung usw. Zwei Begriffe spielen dabei jedoch eine ganz besondere Rolle. Zum einen geht es um das Evangelium und damit verbunden um die Gerechtigkeit Gottes. Das Evangelium ist die gute Botschaft Gottes. Dieses Evangelium wollte Paulus den Römern verkündigen (Röm 1,15). Es beinhaltet nicht nur die Botschaft für den Sünder, sondern das Evangelium Gottes zeigt jedem Gläubigen die Grundlage seiner Stellung, die er aus Gnade und im Glauben jetzt vor Gott hat. Kernpunkt dieser Botschaft ist nicht etwa die Liebe Gottes, sondern die Tatsache, dass Gott gerecht ist. Der Römerbrief zeigt uns, wie ein gerechter Gott Menschen gerecht spricht. Das ist die Kernbotschaft. Zum anderen ist die Befreiung von der Macht der Sünde ein weiteres Thema.
  2. Vorbeugend: Es wird deutlich, dass Paulus ein gewisses Konfliktpotential sah, das darin begründet lag, dass es zwischen Gläubigen aus Juden und Nationen zu Differenzen kommen konnte. Dieses Konfliktpotential gab es eigentlich in allen Versammlungen, in denen es Gläubige mit jüdischem und heidnischem Hintergrund gab. Es gab jüdische Christen, die beständig versuchten, die Gläubigen von der Freiheit des Evangeliums abzubringen und sie wieder unter Gesetz zu stellen. Bei den gläubigen Galatern war es dadurch zu einem offenen Zwist gekommen. Gerade deshalb schreibt Paulus mit deutlichen Worten in seinem Brief an die Galater. Bei den Römern war das bisher nicht der Fall. Dennoch zeigt der Brief, dass Paulus vorbeugen wollte. Die mögliche Kontroverse zwischen jüdischen und heidnischen Christen durchzieht den ganzen Brief. Paulus macht deutlich, dass es weder in der Schuld der Menschen noch in der Antwort Gottes darauf (dem Heil) einen Unterschied zwischen Juden und Heiden gibt. Im praktischen Teil des Briefes kommt dieser Punkt ebenfalls wiederholt zur Sprache. Es geht um die Frage, wie Gläubige aus Juden und Heiden bei ihrem unterschiedlichen Hintergrund miteinander umgehen. Wie groß die Sorge von Paulus war, zeigt sich sehr deutlich am Ende des Briefes (Röm 16,17–20).

7.2. Zwei Probleme und ihre Lösung

Man kann sagen, dass der Kernpunkt der Belehrung darin liegt, das zwei Probleme und ihre Lösung aufgezeigt werden. Die Tatsache, dass jeder Mensch ein Sünder ist, hat nämlich zwei große Seiten. Auf beide Seiten hat Gott durch die Erlösung in dem Herrn Jesus eine Antwort.

  1. Das erste Problem lautet: Wir haben gesündigt. Wir sind schuldig geworden, weil wir Sünden über Sünden begangen haben. Das sind unsere bösen Taten. Der Römerbrief nennt einige Beispiele: Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit, Neid, Mord, Streit, List, Tücke (Kap 1,29). Wir können diese bösen Taten mit schlechten Früchten vergleichen, die an einem Baum wachsen. Sie sind ungenießbar.
    Die Antwort Gottes auf das Problem unserer Sünden lautet, dass Er uns in dem Herrn Jesus Vergebung anbietet. Gott muss Sünden bestrafen, weil Er gerecht ist. Aber es gibt einen Stellvertreter für uns Menschen. Der Herr Jesus hat unsere Sünden getragen (1. Pet 2,24). Er hat für unsere Sünden gelitten (1. Pet 3,18). Gott hat Ihn als Sühnmittel dargestellt (Röm 3,25). Weil Gott gerecht ist und nicht zweimal straft, rechtfertigt Er jeden, der das Werk des Herrn Jesus für sich annimmt. Wir stehen – was unsere Sünden betrifft – so vor Gott, als ob wir nie gesündigt hätten. Rechtfertigung bedeutet, dass Gott uns unsere Sünden nicht zurechnet, weil der Herr Jesus für uns gestorben ist. Das Ergebnis der Rechtfertigung ist, dass wir Frieden mit Gott haben. Das, was trennend zwischen uns und dem heiligen Gott stand, ist nicht mehr da.
    Die Lösung dieses Problems wird besonders in Römer 3,21–5,12 behandelt. Paulus fasst die Ergebnisse mit dem herrlichen Vers zusammen: „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1).
  2. Das zweite Problem lautet: Wir haben eine Quelle in uns, die nicht anders kann als zu sündigen. Das ist die „alte Natur“. Das Wort selbst kommt zwar in der Bibel nicht vor, wohl aber das, was mit der „alten Natur“ gemeint ist (nämlich die böse Quelle in uns). Das Neue Testament nennt diese Quelle an einigen Stellen unser „Fleisch“ (z. B. Röm 7,18). Die schlechten Früchte (die Sünden) kommen von einem schlechten Baum, und dieser Baum hat verborgene Wurzeln. Eine andere Bezeichnung dafür ist „die Sünde“ (nicht Sünden in der Mehrzahl, sondern Sünde in der Einzahl). Die Sünden sind die bösen Taten, die aus einer bösen Quelle (der Sünde) hervorkommen.
    Im Gegensatz zu den bösen Taten kann Gott die sündige Natur in uns nicht einfach vergeben. Eine „Natur“ kann man nicht vergeben. Gott ist heilig. Deshalb kann Er die alte Natur (das Fleisch, die Sünde) nur richten und verurteilen. Genau das hat Er getan. Er hat sie am Kreuz des Herrn Jesus unter das Gericht des Todes gebracht. Der Herr Jesus ist nicht nur gestorben, um unsere Sünden zu tragen, sondern Gott hat Ihn zur Sünde gemacht (2. Kor 5,21). Gott hat Ihn für die Sünde gesandt und die Sünde im Fleisch verurteilt (Röm 8,3). Das geschah auf Golgatha in den drei finsteren Stunden. Das Werk des Herrn Jesus wird uns angerechnet. Wir sind mit Ihm eins gemacht. Er ist der Sünde gestorben. Wir sind der Sünde gestorben. Er ist auferweckt. Wir sind fähig gemacht, in Neuheit des Lebens zu wandeln. Die alte Natur ist zwar noch in uns, solange wir auf der Erde leben. Wir sind allerdings von der Macht dieser alten Natur über uns befreit. Wir können wohl noch sündigen – leider –, wir müssen es aber nicht mehr. Der alte Mensch – d. h. der Mensch vor seiner Bekehrung ohne Leben aus Gott und unter der Macht der Sünde – existiert vor Gott nicht mehr.
    Dieses Thema wird in Römer 5,11–8,30 behandelt. Erneut gibt es eine herrliche Zusammenfassung der Ergebnisse: „Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind“ (Röm 8,1). Das Urteil ist vollzogen, und ein gerechter Gott wird es nicht zweimal vollziehen.

Eine gute Methode, die Lehre des Römerbriefs besser zu verstehen, ist es, ihn als eine Art Gerichtsverhandlung zu verstehen. Viele juristische Begriffe, die wir bis heute in der modernen Rechtsprechung kennen, gehen in der Tat auf das römische Rechtssystem zurück, mit dem die Briefempfänger mehr oder weniger gut vertraut waren. Der lehrmäßige Teil des Briefes ähnelt einem Prozess in einem Gerichtssaal, in dem es einen Richter gibt (Gott) und einen Angeklagten (jeder Mensch). Paulus trägt die Anklage vor, und das Ergebnis lautet, dass jeder Angeklagte des Todes schuldig ist. Das Erstaunliche dabei ist, dass der Prozess dennoch nicht nur mit einem Freispruch, sondern sogar mit der vollständigen Rehabilitation des Angeklagten endet. Für jeden, der „in Christus“ ist, gibt es keine Verurteilung, sondern im Gegenteil Rechtfertigung. Es ist also kein Freispruch mangels Beweise (die es reichlich gibt), es ist nicht einfach eine Begnadigung (obwohl es Gnade ist), sondern der Richter erklärt die Angeklagten tatsächlich für gerecht, d. h. so, als hätten sie nichts Böses getan. Grund dafür ist das Werk des Herrn Jesus am Kreuz. Dieses Werk bringt uns nicht in den Zustand der Unschuld zurück, in dem Adam und Eva sich befanden, sondern es macht uns zu „Gerechten“. Das ist weit mehr, als Adam und Eva im Paradies je besaßen.

8. Römerbrief und Epheserbrief

Zum besseren Verständnis des Römerbriefes hilft es, wenn wir ihn kurz mit dem Epheserbrief vergleichen. Beiden Briefen ist erstens gemeinsam, dass sie ihren Anlass nicht in einem konkreten Fehlverhalten der Briefempfänger finden. Beiden Briefen ist zweitens gemeinsam, dass es sich um Lehrbriefe handelt, in denen zuerst die Lehre und dann die praktischen Konsequenzen vorgestellt werden. Beiden Briefen ist drittens gemeinsam, dass sie den Zustand des Menschen ohne Gott beschreiben und dann den Heilsplan Gottes und die Stellung der Glaubenden vor Gott vorstellen.

In dem dritten Punkt liegt jedoch gleichzeitig der große Unterschied zwischen beiden Briefen. Der Ausgangspunkt ist völlig verschieden. Im Römerbrief ist der Startpunkt die Not des Sünders, der zum einen in seinen Sünden lebt und zum anderen ein Sünder ist. Gott antwortet auf diese Not, indem Er den rechtfertigt, der an Christus glaubt. Im Epheserbrief ist der Startpunkt nicht die Not des Sünders, sondern das Herz und der Ratschluss Gottes. Der Epheserbrief sieht den Menschen als „tot in Vergehungen und Sünden“ (Eph 2,1). Einem solchen Menschen gegenüber erweist Gott seine ganze Barmherzigkeit und Liebe. Er macht uns mit dem Christus lebendig, weckt uns mit Ihm auf uns lässt und in Ihm in den himmlischen Örtern mitsitzen (Eph 2,4–6). Im Römerbrief entspricht Gott der Notwendigkeit des Sünders, der in der Sünde lebt und Rechtfertigung braucht. Im Epheserbrief handelt Gott nach dem, was in seinem Herzen ist. Insofern geht der Epheserbrief weit über das hinaus, was wir im Römerbrief finden. Und dennoch benötigen wir die Belehrung beider Briefe.

Daraus folgt, dass die Gläubigen im Römerbrief als solche gesehen werden, die auf der Erde leben, während der Epheserbrief uns zeigt, dass wir – was unsere Stellung betrifft – bereits jetzt zum Himmel gehören. Der Römerbrief geht deshalb in seiner Belehrung über das Leben des Gläubigen nicht weiter, als dass er uns zeigt, dass wir mit Christus der Sünde gestorben ist (Röm 6,1–11). Der Epheserbrief hingegen sieht uns als mit Christus lebendig gemacht und auferweckt. Das wiederum hat Auswirkungen auf die praktischen Hinweise in beiden Briefen. Der Maßstab, den der Epheserbrief an unser Verhalten im Alltag legt, ist deutlich höher als der im Römerbrief.

Die Bildersprache des Alten Testament hilft uns, den Zusammenhang und die Unterschiede zwischen diesen beiden Briefen besser zu verstehen.

  • Der Römerbrief findet sein Gegenstück im zweiten Buch Mose in der Rettung des Volkes Israel aus Ägypten. Das Volk befindet sich unter der Knechtschaft der Ägypter und des Pharaos. Doch Gott befreit sein Volk erstens durch Blut (Passah) und zweitens durch Macht (Rotes Meer). Das Blut schützte das Volk Israel vor dem gerechten Gericht Gottes. Ebenso sind wird durch das Blut des Herrn Jesus von dem Gericht über unsere Sünden befreit. Das Rote Meer trennte das Volk Israel von der Macht des Pharaos. Ebenso sind wir durch den Tod Christi von der Macht der Sünde, des Todes und des Teufels befreit. Beide Wahrheiten werden im Römerbrief ausführlich behandelt. Er zeigt uns, dass der Mensch in der Sünde lebt und mit Christus stirbt.
  • Der Epheserbrief hat es nicht mit dem Roten Meer zu tun, sondern bringt uns auf die andere Seite des Jordan. Beide Gewässer sprechen vom Tod, doch in unterschiedlicher Weise. Im Roten Meer stirbt Christus für uns. Im Jordan sterben wir nicht nur mit Ihm, sondern wir erleben zugleich die Auferstehung. Was für Israel das Land Kanaan war, sind für uns die himmlischen Örter. Dort hat Gott uns mit jeder geistlichen Segnung gesegnet (Eph 1,3). Das ist unsere Stellung, in der Gott uns sieht. Illustriert wird das in dem Durchzug des Volkes Israel durch den Jordan. Dieser Durchzug spricht deshalb nicht – wie manchmal gesagt wird – von dem leiblichen Tod des Menschen, sondern von unserer geistlichen Identifikation mit dem Tod und der Auferstehung des Herrn Jesus, wodurch wir jetzt in eine wunderbare Stellung „in Christus“ gebracht worden sind.

R. Brockhaus schreibt dazu Folgendes: „Beachten wir indes von vornherein, dass der Römerbrief, obwohl er uns das Evangelium Gottes in seiner ganzen Fülle vor Augen stellt, doch nicht über die genannten Grenzen hinausgeht. Der vor Grundlegung der Welt gefasste Ratschluss Gottes, der den Glaubenden heilig und tadellos in Liebe vor Gott hinstellt, ihm jetzt schon in Christus einen Platz in den himmlischen Örtern gibt, das Geheimnis von Christus und seinem Leib, der Versammlung, von dem zur Rechten Gottes verherrlichten Haupt der neuen Schöpfung, das, was der Apostel, im Unterschied von den anderen Aposteln, so gern sein Evangelium nennt, finden wir im Römerbrief nur andeutungsweise. Wollen wir diesen Ratschluss kennenlernen, so müssen wir uns zu dem Brief an die Epheser wenden.“13

J. N. Darby schreibt: „Im Brief an die Römer werden die Christen als auf der Erde wandelnde und lebende Menschen betrachtet, die jedoch das Leben Christi und den Heiligen Geist besitzen, so dass sie in Christus sind. Ihre Sünden sind vergeben; sie sind gerechtfertigt durch das Werk Christi. Ihre Pflicht ist: ihre Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzustellen, indem sie verwandelt worden sind durch die Erneuerung ihres Sinnes, dass sie prüfen mögen, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist (Röm 12,1.2).14

9. Besonderheiten

Der Römerbrief zeichnet sich vor allem durch seinen besonderen Inhalt aus (das Evangelium und die darin offenbarte Gerechtigkeit Gottes). Darüber hinaus gibt es einige weitere Besonderheiten, die dem aufmerksamen Leser auffallen. Dazu zählen:

  • Ein sehr stringenter Briefaufbau in drei Teilen mit wenigen Einschüben. In dieser klaren Form findet wir das – mit Ausnahme des Epheserbriefes – in keinem anderen Brief. Es ist deutlich, dass es sich vornehmlich um einen Lehrbrief handelt, ohne dass praktische Dinge vernachlässigt werden.15
  • Eine ungewöhnlich lange Einleitung (Röm 1,1–15). Der Grund dafür scheint zu sein, dass Paulus nie in Rom war. Er möchte zunächst eine innere Herzensverbindung zu den Briefempfängern herstellen.
  • Ein ungewöhnlich langes Briefende mit sehr vielen Grüßen. Es ist erstaunlich, wie viele Gläubige Paulus kennt. Kein anderer Brief erwähnt so viele Namen wie der Römerbrief. Der Grund könnte erneut sein, dass Paulus die Verbundenheit mit den Gläubigen in Rom betonen möchte.
  • Es gibt ungewöhnlich viele Hinweise auf das Alte Testament. Mehr als die Hälfte aller „Es steht geschrieben“-Hinweise im Neuen Testament finden wir im Römerbrief (14 Mal). Obwohl gerade die Lehre des Römerbriefes einerseits im Kontrast zu dem steht, was wir im Alten Testament finden (Gnade versus Gesetz), wird deutlich, dass es dennoch keinen Widerspruch zum Alten Testament gibt. A. Remmers schreibt: „Der göttliche Ursprung dieser Heilsbotschaft und ihre Beziehung zur Handlungsweise Gottes im Alten Testament wird durch über 50 Zitate aus dem Alten Testament oder Anklänge daran bekräftigt. Auch die Behandlung der „Israelfrage“ in Kapitel 9–11 soll die Verbindung der zeitlichen Pläne Gottes mit seinem ewigen Ratschluss verdeutlichen.“16

10. Überblick und Gliederung

10.1. Überblick

Der Brief ist klar erkennbar in drei Teile geteilt:

  • Belehrender Teil: Gottes Gerechtigkeit aus Glauben (Kapitel 1–8). Hier gibt es wiederum zwei Teile. Zunächst geht es um das Problem der Sünden (der bösen Taten) und wie Gott in der Rechtfertigung darauf antwortet (Röm 1,18–5,11). Danach wird das Problem der Sünde (der alten Natur) behandelt und wie Gott dieses Problem löst und Befreiung gibt (Röm 5,12–8,38). Der erste Teil wird durch die Worte Schuld und Rechtfertigung geprägt, der zweite Teil durch die Worte Sünde und Befreiung.
  • Heilsgeschichtlicher Teil: Das souveräne Handeln Gottes mit Israel. Hier lernen wir, wie Israel erwählt war, an die Seite gestellt wurde und einmal wiederhergestellt werden wird. Gottes Gerechtigkeit wird in diesem zweiten Teil ebenso deutlich wie im ersten Teil (Kapitel 9–11).
  • Praktischer Teil: Der Wille Gottes für das tägliche Leben des Christen. Hier finden wir Ermahnungen für den gerechtfertigten, geheiligten und befreiten Gläubigen, der jetzt noch auf der Erde lebt und die kommende Herrlichkeit erwartet. Er wird aufgefordert, in der Kraft des Evangeliums zu leben und als jemand, der gerechtfertigt und befreit ist, zur Ehre Gottes zu leben.

Nach einer relativ ausführlichen Einleitung (Röm 1,1–17) wird zunächst deutlich gemacht, dass jeder Mensch vor Gott schuldig ist, weil er ein Sünder ist. Das betrifft den Juden ebenso wie den kultivierten Griechen oder den Heiden. Darin gibt es keinen Unterschied (Röm 3,22). Als Problemlösung wird dann die Gerechtigkeit Gottes vorgestellt, die darin sichtbar wird, dass Er seinen Sohn gibt. Das Werk am Kreuz ist vollbracht, und jeder, der an Ihn glaubt, wird von Gott gerechtfertigt. Das Ergebnis ist Frieden mit Gott (Röm 5,1).

Danach wird in Kapitel 6 gezeigt, dass wir Menschen nicht nur durch unsere bösen und sündigen Taten geprägt sind, sondern dass es ein tiefer sitzendes Problem gibt. Wir sind als Sünder geboren. Wir gehören zu dem alten Menschen, der völlig verdorben ist. Wir sind Sklaven der Sünde, d. h. wir können gar nicht anders als sündigen. Während Gott Sünden vergeben kann, ist die Antwort Gottes auf das Problem der Sünde (das Prinzip in uns) Gericht. Dieses Gericht wird jedoch nicht an uns ausgeübt, sondern Christus hat es getragen. Der „alte Mensch“ ist mit Christus gekreuzigt und gestorben. Er ist vollständig beseitigt. Der Gläubige steht nun nicht mehr unter dem Zwang, sündigen zu müssen. Er kann in Neuheit des Lebens wandeln (Röm 6,4).

Danach geht es in Kapitel 7 ausführlich um die Frage, wie ein Gläubiger die volle Tragweite des Erlösungswerkes vom Kreuz für sich erfassen kann. Paulus zeigt, wie es einem Menschen geht, der das noch nicht wirklich im Glauben ergriffen hat. Er hat die Befreiung von der Macht der Sünde noch nicht praktisch erlebt.

Römer 8 schließt den belehrenden Teil ab und zeigt die Stellung in Christus, die ein Gläubiger dann genießen kann, wenn er die Befreiung kennengelernt hat und weiß, dass er den Heiligen Geist besitzt. Kapitel 8 beginnt mit dem Jubelruf eines Gläubigen, der weiß, dass es keine Verdammnis mehr für ihn gibt. Es endet mit der herrlichen Feststellung, dass uns nichts mehr von der Liebe Gottes trennen kann, die in Christus ist. Wir sind Kinder und Söhne Gottes, Erben und Miterben Christi und erfahren die Zuwendung unseres Gottes an jedem Tag unseres Lebens.

Der heilsgeschichtliche Teil in den Kapiteln 9 bis 11 ist eine Einschaltung. Paulus macht deutlich, dass das Handeln Gottes in der Zeit der Gnade nicht im Widerspruch zu dem steht, was Israel versprochen war. Zwar ist das irdische Volk Gottes jetzt für eine Zeit an die Seite gestellt, indem Gott sich den Nationen zuwendet. Dennoch wird die Zeit kommen, in der alle Zusagen an das Volk Israel erfüllt werden und es auch für Israel Rettung geben wird.

Der Brief endet mit dem praktischen Teil (Kapitel 12–16). Die Hinweise werden in Übereinstimmung mit dem gegeben, was wir in dem lehrmäßigen Teil gelernt haben. Die verschiedenen Lebensbereiche, in denen der Gläubige sich befindet, werden angesprochen. Viele Themen, die Paulus behandelt, werden in anderen Briefen aufgegriffen und vertieft.

10.2. Gliederung

Teil 1: Belehrender Teil – das große Heil Gottes (Römer 1–8)

  1. Einleitung – Gruß und Thema des Briefes (Röm 1,1–17)
  2. Jeder Mensch ist schuldig vor Gott (Röm 1,18–3,20)
    2.1. Die gottlosen Heiden (Röm 1,18–32)
    2.2. Die selbstgerechten Nationen (Röm 2,1–16)
    2.3. Die stolzen Juden (Röm 2,17–3,8)
    2.4. Kein Gerechter (Röm 3,9–20)
  3. Gottes ist gerecht und rechtfertigt den Sünder (Röm 3,21–5,11)
    3.1. Der Weg zur Rechtfertigung – der Glaube (Röm 3,21–31)
    3.2. Das Beispiel Abrahams (Röm 4,1–25)
    3.3. Die herrlichen Folgen der Rechtfertigung (Röm 5,1–11)
  4. Befreiung von der Macht der Sünde und dem Gesetz (Röm 5,12–8,39)
    4.1. In Adam – in Christus (Röm 5,12–21)
    4.2. Befreit von der Knechtschaft der Sünde (Röm 6,1–23)
    4.3. Befreit von der Knechtschaft des Gesetzes (Röm 7,1–25)
    4.4. Heilssicherheit – in Christus keine Verdammnis (Röm 8,1–39)

Teil 2: Heilgeschichtlicher Teil – Gottes Handeln mit Israel (Röm 9–11)

  1. Israels Vergangenheit – Das Volk und die Souveränität Gottes (Röm 9,1–33)
  2. Israels Gegenwart – Versagen und Unglaube des Volkes (Röm 10,1–21)
  3. Israels Zukunft – Die Wiederherstellung des Volkes (Röm 11,1–36)

Teil 3: Praktischer Teil – Ermahnungen und Schlussworte (Röm 12–16)

  1. Das Verhalten gegenüber Gott, der Versammlung und den Ungläubigen (Röm 12,1–21)
  2. Das Verhalten gegenüber dem Staat und der Welt (Röm 13,1–14)
  3. Das Verhalten gegenüber dem Nächsten und den Schwachen im Glauben (Röm 14,1–15,13)
  4. Der Dienst des Paulus (Röm 15,14–33)
  5. Grüße und Warnung (Röm 16,1–24)
  6. Lobpreis (Röm 16,25–27)

Fußnoten

  • 1 W. Kelly: The Epistle to the Romans
  • 2 J. N. Darby: Der Brief an die Römer
  • 3 M. Luther: Vorrede zum Römerbrief
  • 4 J. Calvin: Der Römerbrief
  • 5 Leider spricht M. Luther in diesem Zusammenhang davon, wie man einen gerechten Gott bekommen kann. Doch das ist nicht die eigentliche Fragestellung. Gott ist gerecht, und die Frage ist nicht, wie wir einen gerechten Gott bekommen können, sondern wie ein gerechter Gott schuldige und verlorene Menschen annehmen und gerecht erklären kann.
  • 6 A. C. Gaebelein: The Letter to the Romans, in: The Annotated Bible
  • 7 Es fällt auf, dass der Sekretär sich in Röm 16,22 selbst zu Wort meldet: „Ich, Tertius, der ich den Brief geschrieben habe, grüße euch im Herrn.“ Diese Formulierung ist ungewöhnlich. Sie bedeutet jedoch nicht, dass Tertius der Verfasser (oder Co-Verfasser) ist, sondern schlicht und einfach, dass Paulus ihm den Brief diktiert hat. Es ist gut möglich, dass Tertius die Römer kannte und deshalb diesen persönlichen Gruß schreibt.
  • 8 In den Briefen an örtliche Versammlungen ist das nur noch im Philipperbrief so (Phil 1,1). In allen anderen Briefen an Versammlungen kommt sein Name zumindest zweimal vor. Am häufigsten steht er im ersten Korintherbrief.
  • 9 Vgl. dazu ausführlicher E. Mauerhofer: Einleitung in die Schriften des Neuen Testamentes
  • 10 Als Paulus dann wenige Jahre später tatsächlich nach Rom kam, war er ein Gefangener des römischen Kaisers und kein freier Mann.
  • 11 Vgl. dazu E. Mauerhofer: Einleitung in die Schriften des Neuen Testamentes
  • 12 Der römisch-katholischen Tradition folgend, soll Petrus der Gründer der Gemeinde in Rom sein. Es wird behauptet, er sei im 2. Regierungsjahr des Kaisers Claudius (42 n. Chr.) nach Rom gekommen und habe dort 25 Jahre lang bis zu seinem Märtyrertod unter Kaiser Nero als Bischof gearbeitet. Diese These ist jedenfalls unhaltbar. Wäre Petrus in Rom gewesen, als Paulus seinen Brief schrieb, hätte er mit Sicherheit Grüße ausrichten lassen. Darüber hinaus zeigt uns der erste Petrusbrief, dass Petrus sich wenige Jahre vor seinem Tod nicht in Rom, sondern in Babylon befand (1. Pet 5,13). Als Apostel der Beschneidung (Gal 2,8) war sein Arbeitsfeld ganz sicher nicht die heidnische und politische Hauptstadt Rom.
  • 13 R. Brockhaus: Der Brief an die Römer
  • 14 J. N. Darby: Der Brief an die Römer
  • 15 Es fällt auf, wie ganz anders Paulus im Galaterbrief schreibt, der ein verwandtes Thema behandelt. Bei den Galatern waren jedoch falsche Lehrer aktiv, die den Gläubigen aus den Nationen das Gesetz auferlegen wollten. Dort wird Paulus sehr deutlich und schreibt in einer völlig anderen Art und Weise als im Römerbrief, wo er die Wahrheit sachlich und ruhig Punkt für Punkt vorträgt.
  • 16 A. Remmers: Der Brief an die Römer, in: Bibel im Überblick