Ährenlese im Neuen Testament (Offenbarung)
Kapitel 5-8
Offenbarung 5,1-14
Eine Frage bewegt das Weltall: «Wer ist würdig, das Buch zu öffnen und seine Siegel zu brechen?» Mit andern Worten: Wer wird das Gericht ausführen? Nur einer kann es: Er, der ohne Sünde ist (vergleiche Johannes 8,7), der durch seine eigene Vollkommenheit Satan und die Welt besiegt hat. Christus ist dieser «Löwe aus dem Stamm Juda», der schon in 1. Mose 49,9 bezeichnet wurde. Aber gleich danach wird Er als ein Lamm, wie geschlachtet, gesehen. Um über den Feind zu triumphieren, um den Himmel mit einer Menge glücklicher und dankbarer Menschen zu füllen, war das Kreuz Jesu notwendig. Die Herzen aller Heiligen werden auf rührende Weise an sein Opfer erinnert. In diesem Himmel, wo alles von Macht und Majestät spricht, wird die fortdauernde Erinnerung an die Erniedrigung unseres geliebten Herrn den ergreifendsten Gegensatz dazu bilden. Seine Demut, seine Sanftmut, seine Abhängigkeit, seine Geduld -alle diese Eigenschaften, die Jesus hienieden vollkommen geoffenbart hat, werden nie aufhören sichtbar zu sein, und werden uns in alle Ewigkeit die Grösse seiner Liebe zeigen.
Dann wird ein allgemeines Echo aller Bereiche der Schöpfung auf das neue Lied der verherrlichten Heiligen antworten. «Würdig ist das Lamm ..., zu empfangen die Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung!»
Offenbarung 6,1-17
Wenn wir manchmal über die Strenge der Gerichte Gottes erstaunt sind, so deshalb, weil wir nicht verstehen durch den Glauben -in den Himmel hinaufzusteigen. Wenn wir hörten, wie die vollkommene Heiligkeit Gottes gerühmt wird (Kapitel 4,8), wenn wir in dem geschlachteten Lamm gleichzeitig die göttliche Liebe und die Verachtung dieser Liebe durch den aufrührerischen Menschen betrachteten, dann würden wir verstehen, wie gerecht, verdient und notwendig das Gericht ist. Und wir wären auch von der Tatsache überzeugt, dass nichts dem Zufall überlassen ist. Gott hat die Kontrolle über alles, was sich auf der Erde ereignet. Seine Wege des Gerichts sind nicht nur im voraus in diesem symbolischen Buch (Kapitel 5,1) beschrieben, sondern jedes dieser Gerichte wird genau in dem von Ihm festgesetzten Augenblick eintreffen, wenn das Lamm das Siegel bricht. Das Oeffnen der vier ersten Siegel bringt ebensoviele Reiter hervor. Sie stellen vier Ereignisse dar, die nacheinnder auf der Erde folgen werden: die Eroberung von Staatsgebieten, den Bürgerkrieg, die Hungersnot, die tödlichen Katastrophen (vergleiche Vers 8 und Hesekiel 14,21). Beim Oeffnen des fünften Siegels erscheint eine Schar Märtyrer, die den allmächtigen Gott anflehen, ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Das sechste Siegel ist sozusagen die Antwort auf ihren Schrei. Es veranlasst eine schreckliche Revolution; alle bestehenden Regierungen werden gestürzt.
Wie befremdend klingen diese Worte zusammen: «der Zorn des Lammes» (Vers 16; Psalm 2,12)!
Offenbarung 7,1-17
Dieses Kapitel ist eine Einschiebung zwischen dem sechsten und siebten Siegel. Bevor Gott mit seinen Gerichtswegen weitergeht, setzt Er die auf die Seite, die Ihm gehören, und versiegelt sie. Eine erste Gruppe (Verse 4–8) sind die Juden der verschiedenen Stämme. Sie bilden den treuen Ueberrest, dessen Gefühle uns die Psalmen offenbaren. Die zweite Klasse von Personen setzt sich aus einer Volksmenge aus den Nationen zusammen, die dem Evangelium des Reiches geglaubt haben werden (Verse 9 ff.). Wenn Gott uns schon jetzt diese Getreuen vorstellt, ist es, wie wenn Er sagen wollte: diese Strafen sind nicht für sie; sie werden unter meinem Schutz durch die Prüfung hindurchgehen. In gleicher Weise wurden die Israeliten während der Passahnacht ausgesondert und durch das Blut des Lammes vor dem Würgengel geschützt (2. Mose 12,13). In diesem Blut werden die Gläubigen, die «aus der grossen Drangsal» kommen, ihre Gewänder gewaschen und weiss gemacht haben (Vers 14). Das Heil wird ihnen durch kein anderes Mittel zugesichert sein als uns: das kostbare Blut Christi. Dann wird das gleiche Lamm, das sie gereinigt hat, sie weiden, sie schützen und sie zu den Quellen des Wassers des Lebens leiten (Jesaja 49,10). Gott selbst wird ihre Tränen abwischen. Was für Verheissungen! Angesichts einer noch nie dagewesenen Trübsal sind sie ihnen schon im voraus zum Trost gegeben!
Offenbarung 8,1-13
Beim Oeffnen des siebten Siegels entsteht eine kurze Ruhepause. Während Engel sich vorbereiten, die Gerichte auszuführen, erfüllt ein anderer Engel (Christus in Person) die Funktionen eines Fürsprechers (Vers 3). Worin Er selbst gelitten hat, vermag der Herr Jesus mit den Gläubigen in der Prüfung Mitleid zu haben (Hebräer 2,18; 4,15). In diesen Endzeiten wird Er für die Treuen der grossen Drangsalszeit ins Mittel treten, (für die in Kapitel 7 erwähnten). Nachdem sie auf der Erde selbst Mühen und Beschwerden gekannt hatten, werden die bereits in der Herrlichkeit versammelten Christen umso grösseres Interesse für die Umstände der Gläubigen bekunden, die durch diese schreckliche Zeitperiode hindurchgehen müssen. So werden sie mit Christus Priester sein, indem sie Gott die goldenen Schalen voll Räucherwerk darbringen, welches die Gebete der Heiligen sind (Kapitel 5,8).
Nachdem diese Fürbitte vorausging, wird jeder der sieben Engel mit seiner gefürchteten Trompete posaunen. Die erste gibt das Signal für ein plötzliches Gericht, das die Mächte des Westens (die Bäume) und den allgemeinen Wohlstand erreichen wird. Die zweite entspricht einem feindlichen Einfall in das Reich einer grossen anarchistischen Macht dieser Erde. Die dritte und vierte bewirken den Fall und Abfall der verantwortlichen Regierungen, sodass die Menschen in die tiefste moralische Finsternis gestürzt werden.