Petrus beginnt diesen zweiten Brief damit, dass er die Christen an das erinnert, was sie empfangen haben: einen gleich kostbaren Glauben (Vers 1); «alles» in betreff des Lebens und der Gottseligkeit (Vers 3); und schliesslich «die grössten und kostbaren Verheissungen» (Vers 4). Unser Glaube, der sich das aneignet, was Gott schenkt, darf nicht untätig bleiben. Er muss von der Energie begleitet sein, die Tugend genannt wird, um zu der Erkenntnis (einem für diesen Brief charakteristischen Wort) zu gelangen. Um unsere Kräfte voll zur Verfügung zu haben, ist die Enthaltsamkeit unerlässlich; ferner das Ausharren, das in der Anstrengung standhaft bleibt. In diesem 'gesunden Klima' werden sich unsere verschiedenen Beziehungen entwickeln, 1. mit dem Herrn: die Gottseligkeit, 2. mit unseren Brüdern: die Bruderliebe, 3. mit allen: die Liebe. Diese sieben Ergänzungen des Glaubens bilden ein Ganzes, wie die Glieder einer Kette. Ihr Fehlen hat tragische Folgen im Leben eines Christen: Trägheit, Unfruchtbarkeit, geistliche Kurzsichtigkeit. Er sieht nicht weit; sein Glaube kann am Horizont die himmlische Stadt, das Ziel des christlichen Pilgers, nicht mehr erkennen (vergleiche Hebräer 11,13 ff). Für Christus, den König der Herrlichkeit, haben sich die ewigen Pforten schon erhoben (Psalm 24,7 und 9). Möge Er uns in seiner Nachfolge einen reichlichen Eingang in sein ewiges Reich geben.
2. Petrus 1,12–21
Die im ersten Brief dargestellten Wahrheiten erinnerten an die Offenbarungen in Matthäus 16: die Leiden Christi, die Auferbauung der Versammlung, des auf den Felsen gebauten geistlichen Hauses. Der zweite Brief stützt sich auf Kapitel 17 des gleichen Evangeliums. Bei der Verklärung betrachteten Petrus, Jakobus und Johannes den Herrn Jesus in der «prachtvollen Herrlichkeit». Aber es wurde ihnen geboten, vor seiner Auferstehung niemand davon zu erzählen. Jetzt ist die Zeit dieser Offenbarung gekommen. Und Petrus, der damals vom Schlaf beschwert war (Lukas 9,32), weckt die Heiligen auf, indem er ihnen diese Szene in Erinnerung ruft (Vers 13; Kapitel 3,1). Er, der ohne zu überlegen vorgeschlagen hatte, drei Hütten zu errichten, schickt sich jetzt an, seine «irdische Hütte abzulegen», um, diesmal für immer, in einem verherrlichten Leib die Gegenwart Christi zu geniessen (Vers 14). Der Herr hatte ihm gezeigt, wann und durch welche Todesart er Gott verherrlichen würde (Vers 14; Johannes 21,18.19). Bald werden auch wir «Augenzeugen seiner herrlichen Grösse» sein.
Durch die ganze Schrift hindurch richtet die prophetische Lampe ihre Strahlen auf die kommende Herrlichkeit. Aber das Kind Gottes besitzt ein noch viel leuchtenderes Licht. Der Gegenstand seiner Hoffnung lebt in ihm: Christus ist der Morgenstern, der in seinem Herzen schon aufgegangen ist (Vers 19; Kolosser 1,27).
2. Petrus 2,1–11
Die verderblichen Sekten sind gegenwärtig am Blühen. Ihr Erscheinen wurde zuvor angekündigt, damit wir heute weder darüber erstaunt seien, noch uns dadurch entmutigen lassen (Vers 1). Sie handeln mit Menschenseelen (Vers 3; Offenbarung 18,13 Schluss).
In Kapitel 1 wurde die Aussicht auf die kommende Herrlichkeit durch ein dreifaches Zeugnis bestätigt: die in die Zukunft weisende Szene auf dem heiligen Berg; das prophetische Wort; und schliesslich der in unseren Herzen aufgehende glänzende Morgenstern. Ebenso wird das Gericht, das sich über die Erde ergiessen wird, durch drei Beispiele bestätigt: das Los der gefallenen Engel (Judas 6), die Sintflut (Lukas 17,27), die Strafe über Sodom und Gomorra (Judas 7). Aber inmitten einer gottlosen Generation sieht und errettet der Herr den, der Ihn fürchtet (Vers 9). Trotz seiner Verweltlichung war Lot ein Gerechter. Die Worte in der Klammer in Vers 8 zeigen, dass Gott von jedem Seufzen der Seinen Notiz nimmt. Immerhin hätte sich Lot alle diese Qualen erspart, wenn er, wie Abraham, das Land der Verheissung geschätzt hätte. Eine falsche und zweideutige Stellung vor den Menschen ist immer eine Quelle von Schwierigkeiten für das Kind Gottes. Lot ist das Bild eines Gläubigen, der «wie durchs Feuer» gerettet wird (1. Korinther 3,15). Er wird keinen reichlichen Eingang in das Reich haben (Kapitel 1,11). Der Herr bewahre uns davor, ihm zu gleichen!
2. Petrus 2,12–22
Um die Wahrheit, wie sie im 1. Kapitel aufgestellt wurde, umzustürzen, benützt Satan die gewohnten zwei Mittel: er ist eifrig darauf bedacht, sie zu verfälschen -das haben wir in Kapitel 2 -oder sie offen zu verleugnen, wie wir es in Kapitel 3 sehen. Seine Werkzeuge, die er benützt, um die Seelen zu verführen, werden uns hier in ihrem wahren Licht vorgestellt. Welch ein abscheuliches und erschreckendes Bild wird uns hier von den religiösen Führern gezeigt, bei denen das moralisch Böse mit dem lehrhaft Bösen Hand in Hand geht (Verse 12–17; Matthäus 7,15). Diese Menschen, die den andern die Freiheit versprechen, sind selbst Sklaven ihrer Leidenschaften und ihrer niedrigsten Lüste (Vers 19). Denn – und das ist auch für den Gläubigen ein ernstes Wort -«von wem jemand überwältigt ist, diesem ist er auch als Sklave unterworfen». Ist jeder von uns frei, durch den Herrn befreit (Johannes 8,34–36; Jesaja 49,24.25)? Oder ist er noch gefesselt durch solche Ketten, die er sich nicht eingestehen will? Diese Welt hält einem im wahrsten Sinn des Wortes gefangen. Wie ein Sumpf, aus dem man sich nicht herausziehen kann, hält sie den Fuss des Unvorsichtigen gefangen, der sich in Gefahr begibt; und gleichzeitig wird die Seele verunreinigt (Vers 20 erwähnt die Befleckungen der Welt.).
Der Schluss des Kapitels zeigt, welch ein Selbstbetrug es ist, zu denken, man könne durch soziales oder intellektuelles Christentum jemand von der Sündenbahn abbringen. Eine äussere Reform ist keine Bekehrung.
2. Petrus 3,1–10
Petrus scheut sich nicht vor Wiederholungen. Er wird nicht müde, den Kindern Gottes die gleichen Wahrheiten immer wieder ins Gedächtnis zu rufen (Vers 1; Kapitel 1,12.13; siehe auch Phi!. 3,1; Judas 17). Wir wollen unsererseits auch nicht müde werden, sie immer wieder zu lesen und darüber nachzudenken. Zum dritten Mal erwähnt der Apostel das Beispiel der Sintflut. Im Gegensatz zu denen, die nach ihrem eigenen Willen jede Warnung missachten (Epheser 4,18), sollen die Geliebten des Herrn seine Absichten nicht unbeachtet lassen. Das «Ende dieser Welt», von dem viele reden, sei es mit Schrecken oder aus Leichtfertigkeit, wird erst in dem von Ihm gewählten Augenblick kommen. Die «jetzigen» Himmel und die Erde werden dann zerstört werden. Nur die Langmut Gottes, die das Heil des Sünders im Auge hat, hat das Gericht bisher zurückgehalten. Er will nicht, dass irgend welche verlorengehen (Hesekiel 33,11). Diese Langmut schliesst sogar die Spötter mit ein, die sie anfechten und verhöhnen. Aber die Menschheit befindet sich in einem unwiderruflichen «Countdown». Einmal wird der letzte Augenblick kommen. Dann werden die so oft gehörten Verheissungen sich plötzlich verwirklichen. Die Ereignisse werden damit enden, dass sie der Hoffnung der Kinder Gottes recht geben, zur Bestürzung der Spötter und Gottlosen. Dann wird es zu spät sein, «zur Busse zu kommen» (Vers 9b). Freund, bist du dazu gekommen?
2. Petrus 3,11–18
Diese letzten Ermahnungen gründen sich nicht wie die vorangehenden auf «die grössten und kostbaren Verheissungen» (Kapitel 1,4), sondern auf die Unbeständigkeit alles dessen, was den gegenwärtigen Schauplatz erfüllt. Wir sollten manchmal eine Bestandsaufnahme unserer irdischen Güter machen, an die wir uns am meisten klammern, und dann darüber schreiben: «da nun dies alles aufgelöst wird». So werden wir davor bewahrt bleiben, unser Herz daran zu hängen. Wie sollten wir, die diese Dinge im Voraus wissen, uns eines heiligen Wandels und der Gottseligkeit befleissigen. («Wandel» ist auch ein für Petrus charakteristisches Wort: siehe 1. Petrus 1,15.17.18; 2,12; 3,1.2.16). Nichts drängt uns mehr zur Absonderung von der Welt und dem Bösen, als der Gedanke an die nahe bevorstehende Wiederkunft des Herrn. Und nichts könnte uns wirksamer zur Evangelisation anspornen, denn seine Wiederkunft bedeutet das Ende seiner Langmut zur Errettung (Vers 15). Befleissigen wir uns, bei der Ankunft Christi so erfunden zu werden, wie Er uns haben möchte (Vers 14; Philipper 1,10), indem wir Fortschritte gemacht haben in der Gnade und in seiner Erkenntnis (Vers 18).
Der Apostel hat seinen Dienst erfüllt; er ist jetzt bereit, «seine Hütte abzulegen». Wir werden ihn sehen an jenem Tag der Ewigkeit, auf den unser Glaube wartet und sich freut, indem er schon jetzt unserem Herrn und Heiland Jesus Christus Herrlichkeit gibt.
Die "Ährenlese im Neuen Testament" wurde ursprünglich in Französisch von Jean Koechlin unter dem Titel "Chaque jour les Ecritures" geschrieben. Sie ist in vielen Sprachen erhältlich und kann in Deutsch, Englisch oder Französisch bei dem Beröa Verlag, Schweiz angefordert werden.