Ährenlese im Neuen Testament (Jakobus)
Kapitel 4-5
Jakobus 4,1–12
Ein Streit unter Kindern Gottes offenbart ohne Zweifel den ungebrochenen Willen bei jedem Beteiligten. Der Herr lehrt uns, dass dies zudem ein Hindernis für die Erhörung unserer Gebete ist (lies Markus 11,25). Es kann zwei Gründe geben, warum wir nichts empfangen. Der erste ist, dass wir nicht bitten, «denn jeder Bittende empfängt» (Matthäus 7,8). Der zweite ist, dass wir übel bitten. Es geht hier nicht um die ungeschickte Form unserer Gebete (in jedem Fall «wissen wir nicht, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt»: Römer 8,26), sondern um ihr Ziel. Bitten wir im Blick auf die Ehre des Herrn, oder um unsere Lüste zu befriedigen? Diese zwei Grundsätze sind unvereinbar. Wenn wir die Welt lieben, verraten wir die Sache Gottes; denn die Welt hat Ihm den Krieg erklärt, indem sie seinen Sohn gekreuzigt hat; und Neutralität ist nicht möglich (Matthäus 12,30).
Lust und Begierde sind die Magnete, durch die die Welt uns anzieht. Aber denen, die für Ihn sind, gibt Gott unendlich viel mehr als die Welt bieten kann: grössere Gnade (Vers 6; Matthäus 13,12). Wer vom Herrn Sanftmut und Demut gelernt hat, geniesst sie (Matthäus 11,29). Aber um die Kraft der Gnade zu erfahren, muss man zuerst sein eigenes Elend gefühlt haben (Verse 8,9; vergleiche Joel 2, 12.13).
Jakobus 4,13–5,6
Die, welche Pläne schmieden (Verse 13–15; Jesaja 56,12), und die, die irdische Güter aufhäufen (Kapitel 5, 1–6), sind oft die gleichen Leute (Lukas 12, 18.19). Den einen wie den andern ist das Leben des Glaubens fremd. Über die Zukunft verfügen, heisst seinen eigenen Willen an die Stelle von Gottes Willen setzen. Es ist sogar Unglaube: man zeigt damit, dass man nicht an die nahe Wiederkunft des Herrn glaubt. Was die Reichtümer betrifft, ist es besonders traurig, sie «in den letzten Tagen» anzuhäufen. Die Unsicherheiten, die dem Vermögen hienieden drohen: Konkurs, Diebstahl, Abwertung usw. beweisen, dass dies vergängliche Reichtümer sind, verrostetes Gold und Silber (siehe Psalm 52,7). Deshalb empfiehlt der Herr: «Macht euch Säckel, die nicht veralten, einen Schatz, unvergänglich, in den Himmeln, wo kein Dieb sich naht und keine Motte verderbt» (Lukas 12,33). Der Genuss irdischer Güter trägt dazu bei, das Herz zu verhärten: gegenüber Gott, weil man dadurch das Gefühl der Abhängigkeit und der wirklichen Bedürfnisse der Seele verliert (Offenbarung 3,17); und gegenüber seinem Nächsten, weil man mehr Mühe hat, sich in die Lage derer zu versetzen, denen das Notwendige fehlt (Sprüche 18,23).
Jakobus 5,7–20
Der Herbst ist die Zeit vieler Feldarbeit. Acht bis zehn Monate vergehen, bis unter dem Einfluss von Kälte und Wärme, von Regen und Sonne, die neue Ernte reift. Wieviel Geduld braucht es für den Bauern! Lasst uns Geduld üben, wie er, «da die Ankunft des Herrn nahe gekommen ist». Wir wollen auch unsere Kraftquellen benützen: In Zeiten der Freude: Loblieder; in der Trübsal (wie zu jeder Zeit): das inbrünstige Gebet des Glaubens. Machen wir manchmal die Erfahrung, dass es «viel vermag» (Johannes 9,31)? Die Verse 14–16, die in der Christenheit zur Rechtfertigung aller möglichen Anwendungen dienen, erhalten ihren ganzen Wert, wenn die erwähnten Bedingungen damit verbunden sind. Immerhin wird ein abhängiger Christ sich kaum je frei fühlen, um Heilung zu bitten; er wird mit seiner Umgebung zusammen vielmehr darum bitten, den Willen Gottes anzunehmen.
Der Schluss des Briefes zeigt, wie wichtig es ist, dass Brüder einander in Liebe helfen: im gegenseitigen Bekennen der Vergehungen (und nicht eines Gläubigen gegenüber seinem Priester), im Gebet des einen für den anderen, in den Bemühungen um solche, die gefehlt haben. Die Lehre hat wenig Platz in diesem Brief. Dagegen steht viel darüber, wie wir unser Christentum in die Praxis umsetzen können. Gott gebe, dass wir wirklich nicht vergessliche Hörer, sondern Täter des Werkes seien (Kapitel 1,25).