Ährenlese im Neuen Testament (Galater)
Kapitel 4-6
Galater 4,1–18
Gott hatte etwas ganz anderes als das Gesetz gegeben: bedingungslose Verheissungen. Sie hatten ihren Ursprung in seiner Liebe und in seiner Freude, sowohl die Nationen wie die Juden zu segnen. Eine solche Gabe zu verachten, hiesse seine Liebe verachten. Dazu ein Beispiel: wenn man ein Geschenk, das man bekommt, bezahlen will, so beleidigt man den Geber. Wie sehr betrübt es das Herz Gottes, zu sehen, wie viele Christen die Freiheit des Geistes vergessen und sie durch armselige und wertlose Gewohnheiten ersetzen. Was beweist dies? Dass diese Kinder Gottes ihren himmlischen Vater sehr schlecht kennen. Man begreift, dass ein Unbekehrter sich mit «schwachen und armseligen Elementen» zufrieden gibt, weil er nichts Besseres hat. «Jetzt aber -sagt uns Vers 9 -da wir Gott erkannt haben» und von Ihm erkannt worden sind (1. Korinther 8, 3), wollen wir uns nicht mehr unterjochen lassen und nichts mehr dulden, was seiner unwürdig ist. Lasst uns volles Vertrauen in seine Liebe haben!
In Vers 12 unterbricht der Apostel seine Darlegungen, um zum Herzen seiner geliebten Galater zu reden. Er erinnert sie an ihr Wohlwollen, an ihre Hingabe für Ihn. Zuneigungen, die durch Abwesenheit erkalten, sind leider schwache Zuneigungen. Überzeugungen, die man sich nehmen lässt, sobald der Diener Gottes weggegangen ist, sind schwache Überzeugungen. Wie steht es mit unserer christlichen Liebe? -mit unserem Glauben?
Galater 4,19–31
Der Apostel ist voller Angst und Bestürzung. Sollte seine Arbeit, die er mit Ausdauer getan hatte, umsonst gewesen sein? (Vers 11). Er sieht sich gezwungen, mit den Galatern nochmals die elementarsten Grundsätze des Evangeliums durchzunehmen. Lasst uns davon Nutzen haben, indem wir sie mit ihnen uns wieder ins Gedächtnis rufen. Denn wenn Paulus bedauert, seine geistlichen Kinder nicht mündlich unterrichten zu können (Vers 20), so verstehen wir den Grund dafür: Gott wollte uns diesen Brief geben.
Ihr sagt vielleicht: Wir laufen doch heute kaum Gefahr, uns wieder unter das Gesetz zu stellen. Dann kennen wir uns schlecht! Jedesmal, wenn wir in selbstgefälliger Weise wandeln, als schulde Gott uns etwas, ist das nicht die gleiche Gesetzlichkeit? Jedesmal, wenn wir einen Entschluss fassen, ohne mit dem Herrn zu rechnen; jedesmal, wenn wir uns zu unserem Vorteil mit anderen vergleichen, zeigen wir diesen Geist der Selbstgerechtigkeit, der ein ausgesprochener Feind der Gnade ist (vergleiche Vers 29). Um diese Feindschaft zu illustrieren, erinnert Paulus an die beiden Söhne Abrahams. Isaak, der Sohn der Verheissung, ist der allein berechtigte Erbe. Ismael, von Hagar, der Magd, nach dem Fleisch geboren, hat keinerlei Anrecht auf die väterlichen Reichtümer und Segnungen. – Und wir, gehören wir alle zum «Jerusalem droben»? Sind wir mit Abraham, Isaak und Jakob «Miterben derselben Verheissung», der himmlischen Stadt (Vers 26; Hebräer 11, 9.10.16)?
Galater 5,1–15
Der Mensch hat die Freiheit immer als das kostbarste aller Güter betrachtet. Aber wo kann er sie wirklich geniessen? Er ist ein armer Sklave seiner Leidenschaften, er wird geboren und stirbt, mit Ketten, die an sein Herz geschmiedet sind. Jesus Christus allein kann ihn freimachen (Vers 1, Johannes 8, 36). Nun stellt sich eine andere Frage: welchen Gebrauch macht der Erlöste des Herrn von seiner Freiheit? Wird er sich bewusst wieder unter das strenge Joch des Gesetzes stellen? (Vers 1). Das wäre ebenso ungewöhnlich, wie wenn ein entlassener Gefangener den Wunsch äusserte, ins Zuchthaus zurückzukehren! Soll er also die Freiheit zu «einem Anlass für das Fleisch» gebrauchen (Vers 13)? Das würde heissen, den Weg der Thessalonicher in umgekehrter Richtung zu gehen, vom Dienst Gottes zur Tyrannei der Götter dieser Welt zurückkehren (Kapitel 4, 8.9; Lukas 11, 26; 1. Thessalonicher 1, 9). Nein, diese Freiheit, die sein Erlöser am Kreuz so teuer bezahlt hat, wird der Christ dazu benützen, seinem Nächsten zu dienen. Auf diese Weise erfüllt er schliesslich das Gesetz, denn dieses ist in dem einen Wort «Liebe» zusammengefasst (Vers 14). «Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt» (Römer 13, 8.9). Er erfüllt auch das Gebot des Herrn Jesus, dessen letzter und teuerster Wunsch es ist, dass wir einander lieben sollen, gleichwie Er uns geliebt hat (Johannes 13, 34; 15, 12.17).
Galater 5,16–26
Der Herr erklärt, wie man erkennen kann, ob ein Werk aus dem Fleisch oder aus dem Geist kommt. (Lies Mt 7, 16–20 und Joh 3, 6). «Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen.» Die Werke, die in den Versen 19–21 genannt werden, können demnach nur vom schlechten Baum, dem Fleisch, stammen. Das Fleisch mit den gleichen furchtbaren Auswirkungen ist noch in jedem von uns. Aber wenn wir «des Christus» sind (V. 24), wohnt in uns auch eine andere wirksame Kraft: der Heilige Geist. Er führt uns in unserem Leben (V. 25) und Wandel (V. 16 und 25); Er ist dem Fleisch entgegengesetzt (V. 17); Er leitet uns (V. 18); Er bringt seine eigene Frucht zur Reife, kostbare Frucht, die nicht mit einer anderen verwechselt werden kann. Der 22. Vers zählt ihre neun vorzüglichen «Körner» auf: Liebe, Freude, Friede... Aber ach, ein Baum kann unfruchtbar bleiben, wenn seine ganze Kraft in unnützen Schösslingen vergeudet wird, die aus seinem Stamm hervorkommen. Was macht dann der Gärtner? Er schneidet diese Schösslinge weg, damit der Saft wieder reichlich in den gepfropften Zweigen zirkulieren kann. Das ist die Bedeutung von Vers 24. «Die des Christus sind» haben bei ihrer Bekehrung das Fleisch gekreuzigt. Sie haben sich durch den Glauben unter das Todesurteil über ihre alte Natur gestellt (der wilde Baum wurde beschnitten, um gepfropft zu werden). In Zukunft haben sie ihre Äusserungen, Leidenschaften und Begierden zu verurteilen. «Wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns auch durch den Geist wandeln» (V. 25).
Galater 6,1–18
Das 6. Kapitel lehrt uns das richtige Verhalten einem Bruder gegenüber, der einen Fehltritt getan hat – ohne dabei unsere eigene Verantwortlichkeit aus dem Auge zu verlieren (V. 1). Es zeigt uns, wie wir denen begegnen sollen, die von Lasten niedergedrückt werden (V. 2), und das Gute wirken sollen gegen alle, besonders gegen die Hausgenossen des Glaubens (V. 10). Jetzt säen wir mit der Aussicht auf die Ernte «zu seiner Zeit». Aber ein Grundsatz ist offensichtlich: die Ernte wird unweigerlich der Saat entsprechen. Nur ein Narr könnte erwarten, da Weizen zu ernten, wo er Disteln gesät hat. Das Fleisch erzeugt immer Verderben, während die Frucht des Geistes zum ewigen Leben ausschlägt (Vers 8, Kapitel 5, 22, vergleiche Hosea 8, 7 und 10, 13). Es heisst also: jetzt wählen, später wird jede Reue umsonst sein.
Der Christ wurde bereits als dem Gesetz gestorben erklärt (Kapitel 2, 19) und hat das Fleisch gekreuzigt (Kapitel 5, 24). Es wird hier festgestellt, dass er «der Welt gekreuzigt» ist und umgekehrt (Vers 14). Fortan hat die Welt keine Rechte mehr an mich, und ich habe keine Rechte mehr an die Welt. Zwischen der Welt und mir steht eine unüberschreitbare Schranke. Es ist «das Kreuz unseres Herrn Jesu Christi», meine Befreiung und meine Herrlichkeit. Auf der einen Seite bin ich «eine neue Schöpfung», auf der anderen «nichts», was Gott anerkennen könnte. Lasst uns mit Ihm in Übereinstimmung sein, sowohl in Grundsätzen als in der Praxis.