Ährenlese im Neuen Testament (Matthäus)
Kapitel 1-8
Matthäus 1,1–17
Die Stimme der Propheten ist seit vierhundert Jahren verstummt. Nun ist für Gott «die Fülle der Zeit gekommen» (Galater 4,4). Er wird «im Sohn» reden und seinem Volk, der Welt, sowie jedem von uns persönlich die gute Botschaft des Evangeliums bringen (Hebräer 1,1.2). Sie lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: die Gabe dieses Sohnes.
Aber wie können wir mit unserem begrenzten Verstand in die Kenntnis einer solchen Person eindringen? Gott hat dafür vorgesorgt, indem Er uns vier Evangelien gegeben hat, die uns gestatten, die Herrlichkeit seines Sohnes unter mehreren Gesichtspunkten zu betrachten, so wie man einen wertvollen Gegenstand hervorhebt, um ihn von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Matthäus ist das Evangelium des Königs. Ein Geschlechtsregister ist hier nötig, um den Messias sogleich in den Rahmen der dem Abraham gemachten Verheissungen zu bringen und seinen Erbanspruch auf den Thron Davids unwiderlegbar zu beweisen (Galater 3,16 und Johannes 7,42). Von dieser langen Liste sind einige traurig berüchtigte Namen (Achas, Manasse, Amon ...) nicht ausgewischt worden. Bevor Gott den Erretter offenbart, bestätigt Er noch einmal, dass in allen Generationen, ob es sich um einen Patriarchen, einen König oder eine wenig rühmliche Frau handelt, jeder das gleiche Heil und das gleiche Evangelium braucht. Lieber Leser, auch du hast es so nötig wie jeder andere.
Matthäus 1,18–2,6
Der Herr Jesus wollte auf die gleiche Weise wie alle Menschen in diese Welt kommen, d. h. durch die Geburt. Als Gegenstände einer besonderen Gunst, wurden Joseph und Maria dazu auserwählt, das göttliche Kind zu empfangen und aufzuerziehen. Die Ratschlüsse Gottes erfüllen sich; in Übereinstimmung mit den Prophezeiungen erfolgt die Geburt des Thronerben Davids in der königlichen Stadt Bethlehem. Und wir stellen fest, dass in diesem Evangelium weder von der Krippe, die Ihm als Wiege diente, noch von irgend etwas anderem die Rede ist, was an seine Armut erinnerte. Im Gegenteil, Gott wacht darüber, dass sein Sohn von einigen vornehmen Besuchern geehrt wird: von diesen Magiern aus dem Morgenland. Was die Führer unter den Juden betrifft, war keiner in einem geistlichen Zustand, der ihn befähigt hätte, den Messias Israels anzubeten. Sie wünschten sein Kommen nicht. Wir befinden uns hier übrigens in einem der finstersten Zeitabschnitte in der Geschichte dieses Volkes. Der grausame Herodes regiert in Jerusalem, und das in Übertretung des Gesetzes (5. Mose 17,15), denn er war ein Edomit!
Mit Ausnahme einer kleinen Zahl Gottesfürchtiger, mit denen Lukas uns bekanntmacht, erwartete niemand in Israel den Christus. Und heute, wie viele unter denen, die sich Christen nennen, erwarten wirklich seine Wiederkunft?
Matthäus 2,7–23
Nach einer langen Reise, die in Psalm 72,10 angedeutet wird, sind die Magier durch den Stern zum Kindlein geführt worden. Welch grosse Freude für sie! Sie begegnen Ihm, bringen ihm ihre Huldigung und ihre Opfergaben dar und kehren dann «auf einem anderen Weg» zurück. Ist das nicht die Geschichte jeder Person, die zum Erlöser kommt?
Die mörderischen Pläne des Herodes sind vereitelt worden. Und das gleiche gilt für die Pläne Satans, der versuchte, Den, der ihn besiegen sollte, von seinem Eintritt in diese Welt an aus dem Weg zu schaffen. Die Reise nach Ägypten, von Gott angeordnet, damit das Kindlein diesen verbrecherischen Absichten entgehe, illustriert auch die Gnade Dessen, der dem gleichen Weg wie einst sein Volk folgen wollte.
Zwei Namen sind dem göttlichen Kind schon im vorangegangenen Kapitel gegeben worden: der Name Jesus (Heiland-Gott; Kapitel 1,21), der für das Herz jedes Gläubigen so kostbar ist. Dann der Name Emmanuel (Gott mit uns; Kapitel 1,23). Nun wird im 23. Vers der Name «Nazarener», der eine dreifache Bedeutung hat, hinzugefügt: In moralischer Hinsicht ist der Herr Jesus der wahre Nasir nach 4. Mose 6, abgesondert und Gott geweiht. Dann ist Er auch ein fruchttragendes neues Reis aus dem Stumpf Isais (des Vaters Davids), siehe Jesaja 11,1 (Spross = hebr. «nezer»), Schliesslich wird Er während dreissig Jahren ein unbekannter Bürger der verachteten Stadt Nazareth sein (Johannes 1,46).
Matthäus 3,1–17
Wie ein Gesandter einer hohen Persönlichkeit vorangeht, so kündet Johannes der Täufer das bevorstehende Erscheinen des Königs an. Aber dieser kann seinen Platz nicht inmitten eines Volkes einnehmen, das seinem sündigen Zustand gegenüber gleichgültig ist. Daher ist die Predigt des Johannes ein Aufruf zur Busse. Dagegen kündigt er den Pharisäern und Sadducäern, die als Selbstgerechte zu seiner Taufe kommen, das Gericht an.
Man versteht die Verwirrung des Johannes, als Der, dessen Sandalen zu tragen er sich nicht würdig erachtete, zu ihm kommt, um sich von ihm taufen zu lassen. Aber im 15. Vers hören wir die ersten Worte, die der Herr Jesus in diesem Evangelium ausspricht: «Lass es jetzt so sein.» Der Mensch wusste nur Böses zu tun; fortan geziemt es sich, Gott in Christus handeln zu lassen, um «alle Gerechtigkeit zu erfüllen» (Römer 10,3). «Dann lässt er es Ihm zu», heisst es von Johannes, obwohl er es war, der taufte. Haben nicht auch wir immer ein Interesse daran, den Herrn Jesus machen zu lassen?
Jesus steigt alsbald aus dem Wasser herauf, denn Er hat nichts zu bekennen. Und nun sehen wir die Himmel sich öffnen, um Ihm ein zweifaches Zeugnis zu geben: Der Heilige Geist fährt auf Ihn hernieder, wie das Salböl, das ehemals den König bezeichnete (vergleiche 1. Samuel 16,13). Gleichzeitig vernimmt Er von seinem Vater ein zärtliches Wort der Liebe und der Anerkennung.
Matthäus 4,1–11
Mit der Kraft des Geistes versehen, ist der Herr Jesus bereit, seinen Dienst zu erfüllen. Aber, wie jeder Diener Gottes, muss Er zuerst auf die Probe gestellt werden. Daher hat Er es mit dem grossen Feind zu tun. Es sind hauptsächlich zwei Taktiken, die Satan anwendet, um einen Mann Gottes vom Weg des Gehorsams abzubringen: Entweder stellt er ihm erschreckende Dinge auf dem Weg vor Augen (für Christus war dies ganz besonders der Kampf in Gethsemane), oder er bietet im Gegenteil begehrenswerte Dinge abseits des Weges an. Und das ist es, was der Teufel hier tut.
Beachten wir jedoch, dass er sich beim Anführen der Verse 11 und 12 aus Psalm 91 hütet, den nachfolgenden Vers, der eine Anspielung auf seine eigene Vernichtung ist, beizufügen: «Auf Löwen und Ottern wirst du treten, junge Löwen und Schlangen wirst du niedertreten.» 1. Mose 3,15 kündigt an, dass Christus, der «Same der Frau», der Schlange den Kopf zertreten werde. Während der erste Adam im Garten Eden, wo ihm nichts fehlte, durch die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und den Hochmut des Lebens eine dreifache Niederlage erlitt, triumphiert der vollkommene Mensch durch das unfehlbare Wort seines Gottes in der Wüste über die alte Schlange (1. Johannes 2,16; Psalm 17,4). Und worin Er selbst gelitten hat, als Er versucht wurde, vermag Er jetzt denen zu helfen, die versucht werden (Hebräer 2,18).
Matthäus 4,12–25
Die Anführung von Jesaja 9,1.2 im 16. Vers enthält eine kleine Änderung. Zur Zeit des Propheten «wandelte» das Volk noch im Finstern. Jetzt «sitzt» es, denn es hat seinen Platz fern von dem Licht Gottes eingenommen und allen Mut und alle Hoffnung verloren. Aber das ist genau der Augenblick, da Gott eingreifen kann. Er, der das Licht ist, erscheint, bringt die Befreiung, geht weiter. Auf seinen Ruf hin werden einige Jünger von seiner Liebe ergriffen, kommen zu Ihm und folgen Ihm nach. Zwei hier, zwei dort: Simon und Andreas, Jakobus und Johannes. Für diese Männer ist das der entscheidende Augenblick, der plötzlich ihr ganzes Leben verändert und den sie nie mehr vergessen werden (Kapitel 19,27). Ja, sie verlassen «alsbald» ihren Vater, das Schiff und die Netze. Aber dafür finden sie einen Meister, wie es nie einen solchen gegeben hat, und die Verheissung einer neuen Aufgabe; sie werden Menschenfischer werden. Wenn der Augenblick dafür gekommen ist, wird der Herr Evangelisten und Apostel aus ihnen machen.
Nicht alle Christen sind dazu berufen, ihren Broterwerb aufzugeben oder auf den Genuss der Familienbande zu verzichten. Aber alle haben irgendwann einmal in ihrem Herzen die bekannte Stimme gehört, die zu ihnen sagte: «Folge mir nach»! Hast du darauf geantwortet?
Die Verse 23 und 24 fassen in bewunderungswürdiger Weise die ganze Liebestätigkeit des Herrn Jesus zusammen.
Matthäus 5,1–16
Dem Herrn Jesus nachfolgen heisst zuerst Ihm gehorchen (Johannes 12,26). Dann kann man die gleichen Wesenszüge wie Er offenbaren. Diese Eigenschaften lehrt der Herr jetzt seine Jünger. Glückselig die, die einen einfachen Glauben haben und nicht ihren eigenen Verstand geltend machen; die, welche über die Bosheit der Welt betrübt sind, ohne deswegen im Ausüben der Güte und Barmherzigkeit ihr gegenüber zu ermüden; die, die um des Namens des Herrn willen allerlei Ungerechtigkeiten und Verfolgungen erdulden ... Das ist bei weitem nicht die Art von Glück, wie die meisten Menschen es sich wünschen. Aber den Gläubigen genügt es, die Anerkennung des Herrn zu haben, um vollkommen glücklich zu sein. Und die Freuden des Reiches warten auf sie. In den Versen 13 und 14 geht es um ihre gegenwärtige Lage. Wenn der Christ sich vom Bösen fernhält, dann erfüllt er auf der Erde die Rolle des «Salzes», das vor Fäulnis bewahrt; er hat Würze und soll davon weitergeben (siehe Hiob 6,6). Er ist auch «Licht» und als solches dafür verantwortlich, die Wesenszüge Gottes vor den Menschen und zuerst vor den Augen derer, «die im Hause sind», d. h. vor seiner eigenen Familie, und ebenso vor der Versammlung, dem Haus Gottes, leuchten zu lassen. Der Scheffel ist das Symbol des Handels und der Geschäfte, das Bett stellt die Faulheit dar; zwei Gegensätze, die beide geeignet sind, das Leuchten, das ein Kind Gottes haben sollte, auszulöschen.
Matthäus 5,17–30
Man kann die Verse 17 und folgende nicht lesen, ohne von Furcht ergriffen zu werden. Nicht nur erklärt der Herr, Er sei nicht gekommen, das furchtbare Gesetz Gottes, das uns alle verurteilte, aufzulösen, sondern Er gibt hier eine noch viel strengere Auslegung des göttlichen Willens. Bis dahin konnte ein gewissenhafter Israelit hoffen, das ewige Leben zu erwerben, wenn er mehr oder weniger «dieses alles von seiner Jugend an beobachtet hatte» (siehe Markus 10,20). Jetzt lassen ihm die Worte des Herrn Jesus keine falsche Hoffnung mehr. Wenn das die Forderungen der Heiligkeit Gottes sind, wer kann dann errettet werden? Ja, in diesem unvergleichlichen Menschen war das volle Mass der göttlichen Gerechtigkeit da. Aber die gleiche Person, die gekommen war, um es uns bekanntzumachen, ist auch gekommen, um es an unserer Stelle zu erfüllen (Vers 17; Psalm 40,8–10).
Das alte Judentum kümmerte sich nicht darum, was Gott vom Zorn oder von unreinen Blicken hielt. Es verurteilte nur die schlimmsten Früchte davon: Mord und Ehebruch. Die Gebote des Herrn gehen dagegen auf die Quelle dieser strafbaren Taten zurück und bringen uns zum Bewusstsein, dass sie in unserem Herzen liegt, das der gleichen Taten fähig ist (Kapitel 15,19). Denn bevor wir von der Gnade hören können, müssen wir verstehen, wie sehr wir sie nötig haben.
Matthäus 5,31–48
Vergessen wir nicht, Wer es ist, der hier spricht: es ist der Messias, der König Israels. Seine Unterweisungen werden manchmal die Verfassungsurkunde des Reiches genannt, denn sie geben die Bedingungen an, die von denen erfüllt werden müssen, die Bürger dieses Reiches sein werden. Aber welch ein Unterschied zu den Verfassungen und Gesetzen der Völker dieser Erde, die auf der Verteidigung der Menschenrechte und auf dem selbstsüchtigen Grundsatz: «jedem das Seine» aufgebaut sind. Dagegen stellt die Belehrung des Herrn nicht nur Grundsätze der Gewaltlosigkeit auf, sondern der Liebe, der Demut und der Selbstverleugnung, die dem Geist dieser Welt völlig fremd sind. Es gibt Leute, die meinen, solche Gebote seien auf der Erde, auf der wir leben, unanwendbar. Wären Christen, die sie buchstäblich verwirklichen, nicht als wehrlose Opfer jedem Missbrauch ausgeliefert? Wir können sicher sein, dass Gott sie dann zu schützen wüsste. Ein solches Verhalten wäre zudem ein mächtiges Zeugnis, dazu angetan, die zu beschämen, die den Gläubigen schädigen wollten, und sie sogar zur Bekehrung zu führen. Die Verse 38–48 demütigen uns und weisen uns zurecht. Wie weit entfernt sind wir doch von dem, was in 1. Petrus 2,22.23, Jakobus 5,6 und vielen anderen Stellen vom Herrn Jesus gesagt wird.
Matthäus 6,1–18
Die Almosen (Verse 1–4), die Gebete (Verse 5–15) und das Fasten (Verse 16–18) werden als die drei hauptsächlichen Dinge betrachtet, durch die viele Menschen meinen, sich ihrer «religiösen Verpflichtungen» zu entledigen. Wenn man diese Dinge tut, um von andern beachtet zu werden, dann kommt das Ansehen, das man dafür erntet, schon der Belohnung gleich (Johannes 5,44). Ach, das menschliche Herz ist so arglistig, dass es sich der besten Dinge bedient, um sich wichtig zu machen. Die grosszügigsten Gaben, vorausgesetzt, dass man sie sieht, können mit der schlimmsten Selbstsucht Hand in Hand gehen; die Bussfertigkeit mag nur auf dem Gesicht stehen und die Selbstzufriedenheit auf dem Grund des Herzens.
Der Herr lehrt uns beten. Es geht in keiner Weise um eine verdienstliche Tat, sondern darum, unserem himmlischen Vater demütig unsere Bedürfnisse vorzubringen, und das im Verborgenen unseres Zimmers. Sind unsere Gebete nicht allzu oft mechanisch hergesagte Phrasen, langweilige Wiederholungen? (siehe Prediger 5,2). Ja, selbst das schöne Gebet, das der Herr seine Jünger lehrte und das den damaligen Bedürfnissen vollkommen angepasst war (Verse 9–13), ist für viele eine sinnlose Wiederholung geworden. Das Kind Gottes hat Vorrechte, die der Israelit nicht besass. Es kann sich durch den Geist im Namen des Herrn Jesus jederzeit dem Thron der Gnade nahen. Machen wir davon Gebrauch?
Matthäus 6,19–34
Das einfältige Auge richtet sich nur auf einen einzigen Gegenstand. Christus ist für den Gläubigen dieser Gegenstand, dieser «Schatz». Wir betrachten ihn im Wort Gottes «mit aufgedecktem Angesicht», und dieses Schauen erleuchtet unser ganzes Inneres (lies 2. Kor 3,18; 4,6.7). Unser Herz kann sich nicht gleichzeitig im Himmel und auf der Erde befinden. Einen himmlischen Schatz in Ehren zu halten und sich gleichzeitig für diese Erde Schätze aufzuhäufen, das sind infolgedessen zwei völlig unvereinbare Dinge. Genau so unmöglich ist es, mehr als einem Meister zu dienen (Vers 24); denn die erhaltenen Befehle würden sich gegenseitig oft widersprechen. Wenn man aber auf den Mammon (die Reichtümer; siehe Lukas 16,13) verzichtet, setzt man sich dann nicht Entbehrungen aus, läuft man nicht Gefahr, dass es einem in der jetzigen Zeit am Nötigen fehlt? Der Herr kommt dieser schlechten Entschuldigung zuvor: «Deshalb sage ich euch: Seid nicht besorgt» (Vers 25). Öffnen wir unsere Augen, wie der Herr Jesus uns auffordert. Betrachten wir in der Schöpfung die unzähligen kleinen Zeugen der Fürsorge und Güte des himmlischen Vaters: die Blumen, die Vögel ... (vergleiche Psalm 147,9).
Nein, Gott wird nie der Schuldner derer sein, die seine Interessen vor die ihren stellen, derer, die Ihn erwählen (Lukas 10,42). Aber mit dieser Wahl muss man beginnen.
Matthäus 7,1–14
Die Verse 1–6 und 12 stellen die Beweggründe vor uns, die unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen, zu unseren Brüdern, bestimmen sollten. Mit dem Versuch, Lösungen zu diesem Problem zu bringen, haben grosse Denker aller Zivilisationen ganze Bibliotheken mit ihren sozialen, politischen, moralischen und religiösen Lehren gefüllt. Dem Herrn genügt ein kurzer Vers, um seine göttlich weise, vollkommene und endgültige Lösung auszudrücken und zu umfassen: «Dies nun, was immer ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, also tut auch ihr ihnen» (vergleiche Römer 13,10). Wir haben tagtäglich unzählige Gelegenheiten, diese goldene Regel in die Praxis umzusetzen. Lasst uns lernen, uns immer in die Lage derer zu versetzen, mit denen wir zu tun haben.
Die Verse 13 und 14 erinnern uns daran, dass, wenn es zwei Meister gibt, es auch zwei Wege und zwei Pforten gibt. Der breite Weg ist der, auf dem die meisten Menschen gehen, und das trotz eines Wegweisers, der einen erzittern lässt: hier führt es «zum Verderben» (Vers 13)! Dagegen sind es nur wenige, die den Weg, der zum Leben führt, finden (weil nur wenige ihn suchen -siehe Vers 7). «Eng ist die Pforte.» Man kann erst durch sie eingehen, wenn man das Gepäck der Selbstgerechtigkeit abgelegt hat. Leser, auf weichem Weg gehst du voran?
Matthäus 7,15–29
Wenn man die guten Bäume an ihren guten Früchten erkennt, sehen wir dann im 22. Vers nicht ausgezeichnete Leute? Sie haben anscheinend viele lobenswerte Werke aufzuweisen: Weissagungen, Wunder, Austreibung von Dämonen -und bei jeder Gelegenheit ist der Name des Herrn auf ihren Lippen. «Ich habe euch niemals gekannt», lautet die feierlich ernste Antwort des Herrn Jesus. Eure Früchte kommen nicht aus dem Gehorsam gegenüber Gott.
Alle diese Belehrungen sind nicht schwer zu erfassen. Es fehlt uns übrigens nicht daran, sie zu verstehen, sondern vielmehr daran, sie zu verwirklichen. Darum illustriert der Herr am Schluss seiner Reden durch ein kurzes Gleichnis den Unterschied zwischen denen, die nur hören, und denen, die das Gehörte in die Tat umsetzen. Wir haben hier zwei Häuser, die sich äusserlich gleichen. Aber steigt einmal in den Keller hinunter; was stellt ihr dort fest? Das eine steht auf dem Felsengrund des Glaubens an Jesus Christus (1. Korinther 3,11); sein Baumeister hat tief gegraben (Lukas 6,48). Das andere Haus aber ruht nur auf dem beweglichen und unsicheren Sand der menschlichen Gefühle. Bis zur Probe -eine unerlässliche Probe ist kein Unterschied sichtbar. Dann aber! Seht, was aus dem zweiten Haus geworden ist! Wie werden die beiden Erbauer genannt? Der eine heisst «klug», der andere «töricht». Welcher Name passt zu dir?
Matthäus 8,1–17
Auf die Lehre des Herrn folgt sein Dienst der Liebe und der Gerechtigkeit. Zuerst sehen wir drei Heilungen. Der Aussätzige im 2. Vers kennt die Macht des Herrn Jesus. Aber er zweifelt an seiner Liebe: «Wenn du willst, kannst du ...» Der Herr Jesus wollte und heilte ihn (Hosea 11,3).
Der Hauptmann von Kapernaum kommt einerseits mit dem Bewusstsein seiner eigenen Unwürdigkeit und anderseits mit der Überzeugung von der Allmacht des Herrn. «Sprich nur ein Wort.» Dieser aussergewöhnliche Glaube erstaunt und erfreut den Herrn Jesus. Er stellt ihn denen, die Ihm nachfolgen, als Beispiel hin; und beschämt er nicht auch uns?
Schliesslich ist es notwendig, dass der Meister auch in den Familien der Seinen wirkt. Er heilt die Schwiegermutter seines Jüngers Petrus.
Der Herr Jesus hat sich nicht mit den Kranken befasst wie ein Arzt, der untersucht, eine Diagnose stellt, ein Rezept verschreibt, das Honorar einzieht und dann geht. Er hat sich nicht damit begnügt, sie zu heilen. «Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten», indem Er sich mit der Wurzel des Übels, mit der Sünde, befasste. Er hat ihr ganzes Gewicht, ihre ganze Bitterkeit empfunden (Johannes 11,35). Ist ein solches Mitgefühl nicht noch kostbarer als die eigentliche Befreiung? Das ist die Erfahrung vieler kranker Christen.
Matthäus 8,18–34
Der Herr verheimlicht dem Schriftgelehrten, der Ihm überallhin nachfolgen will, nicht, dass sein Weg ein Weg völligen Verzichts ist. Selbst die Vögel des Himmels, für die der himmlische Vater sorgt (Kapitel 6,26), sind besser dran als ihr Schöpfer hienieden. Wie tief hat sich der Herr erniedrigt! Er hat auf der Erde keinen Ort gehabt, wo Er sein Haupt hinlegen und ausruhen konnte. Erst am Kreuz, nachdem das Werk vollbracht war, konnte Er endlich sein Haupt hinlegen -oder neigen (das gleiche Verb im Griechischen in Johannes 19,30).
Im 21. Vers bringt ein anderer Mann auf die Aufforderung des Herrn hin eine scheinbar berechtigte Entschuldigung vor. Was wäre wohl rechtmässiger, als am Begräbnis des eigenen Vaters teilzunehmen? Aber so dringend eine Aufgabe auch scheinen mag, kein «zuvor» darf den Platz des vom Herrn gebotenen «zuerst» (Kapitel 6,33) einnehmen. Es wird nicht gesagt, wie diese beiden Männer sich hernach entschieden haben. Für uns ist es wichtig zu wissen, wie wir auf den Ruf des Herrn Jesus geantwortet haben.
Die wohlbekannte und schöne Szene der Überfahrt im Sturm ist ein Bild der Reise des Gläubigen durch diese Welt. Er erlebt viele Stürme. Aber sein Erretter ist auch der Herr über die Naturgewalten, und Er ist bei ihm (Psalm 23,4). Er befiehlt dem Wind und den Wellen, der Krankheit und dem Tod und den satanischen Mächten, wie uns die Befreiung der zwei Besessenen aus dem Land der Gergesener zeigt.