Botschafter des Heils in Christo 1854
Friede mit Gott
„Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1).
Es ist etwas überaus Hohes und Herrliches, in Wahrheit sagen zu können: Ich habe Frieden mit Gott! Die Gottlosen haben keinen Frieden (vgl. Jes 48,22). Die Sünde hat ihn aus dem Herzen jedes Menschen verdrängt und unsere eigene Gerechtigkeit bringt ihn nie wieder. Der Sünder kann Frieden haben, aber nicht mit Gott. Dieser muss eine gewissere und festere Grundlage haben als unser Herz und seine Gerechtigkeit. „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott, durch unseren Herrn Jesus Christus“ (Röm 5,1). Wir müssen diesen Frieden nicht in uns, sondern allein in Christo suchen, und wer ihn hier gefunden hat, besitzt ihn völlig. Das Werk Christi ist die unumstößliche Grundlage unseres Friedens und aller Segnungen.
Mit unserer eigenen Gerechtigkeit ist es vor Gott ganz aus; wir können vor Ihm nicht darin bestehen. Was vor Ihm bestehen soll, muss heilig sein, wie Er selbst ist (vgl. 1. Pet 1,16). Gott hat unsere Gerechtigkeit bis auf den Grund erprobt und sie nicht probehaltig gefunden. Wohl uns, wenn wir uns selbst erkannt haben, dass vor Ihm kein Fleisch gerecht ist, und dass wir allzumal als Sünder vor Ihm erfunden werden. Der Mensch außer Christo hat nichts zu fordern, nichts zu hoffen, sondern nur zu fürchten. Er lebt im Reich der Finsternis und ist dem Tod als der Sünde Lohn anheimgefallen; nur dem Tod bringt er seine Frucht. Da ist auch nicht das Geringste, was Gott gefallen könnte.
Was bleibt nun noch übrig? Von Seiten des Menschen nichts. Sein Tun ist eitel Verderben, für seine Errettung vermag er keinen Schritt zu tun. Wohl ihm, wenn er gelernt hat, seinen Blick ganz von sich abzuwenden, so wird er sein Heil allein bei Gott suchen. Gottes Gnade allein bleibt noch übrig und bietet Leben und Seligkeit dar, und nur hier finden wir durch den Glauben Heil und Frieden. Geliebte, lernt Jesum und sein Werk kennen, so werdet ihr frohlockend ausrufen: Ich habe Frieden mit Gott!
Wo aber dieser Friede mangelt, da hat man nicht erkannt, dass es mit unserer eigenen Gerechtigkeit aus ist und hat das heilvolle Werk der reichen Gnade in Christo Jesu nicht verstanden.
In seinem Worte hat uns Gott selbst dies Werk durch seinen Heiligen Geist geoffenbart und wir tun wohl, wenn wir unsere eigenen Gedanken nicht in diese göttliche Offenbarung hineintragen. Wir schwächen nur dadurch diese köstliche Wahrheit und schwächen somit auch unseren Frieden. Wie Gott selbst von seinem Werke zeugt, so ist es wahr, und nicht das, was wir davon denken. Er offenbart uns eine Tiefe des Reichtums seiner Gnade und Herrlichkeit und wir haben nur zu bewundern und gläubig anzubeten. Hat Gott meine Errettung übernommen, steht mein Heil allein in seiner Hand, glaube ich, dass Er voll Gnade und Wahrheit ist, wie kann ich da anders, als mit vollem Vertrauen das annehmen, was Er mir offenbart? Und was Er uns von unserem Heil verkündigen lässt, wie köstlich und herrlich ist es, wie erfüllt es das Herz mit Freude und Frieden. So laßt uns denn, Geliebte, sein Wort in völligem Glauben aufnehmen, so wird alle Furcht schwinden und das sonst unruhige Herz im Frieden Gott preisen. Wer an sein Heil denkt, muss in jeder Beziehung von sich und aller Kreatur völlig absehen und seinen Blick nur auf das richten, was Gott getan hat.
Das Werk Christi ist also der alleinige Grund unseres Friedens mit Gott. Der natürliche Mensch kann weder in die Gemeinschaft Gottes kommen, noch darin bleiben. Gott kann Sich noch so herrlich und treu beweisen, fordert Er das Geringste von uns, so werden wir immer wieder ausrufen müssen: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr“ (Lk 5,8). Nicht ein Gesetz, und wäre es noch so gut, darf zwischen Gott und uns aufgerichtet werden, sondern nur die Gnade. Es darf Nichts von uns gefordert, sondern es muss Alles geschenkt werden. Sein Bund mit uns darf sich nie auf Gesetzes Werk, sondern allein auf sein freies Erbarmen gründen. Wo nicht, so werden wir uns immer wieder fürchten müssen. Sehen wir nur das Volk Israel an, das in seiner Unwissenheit versprochen hatte: „Alles, was der HERR geredet hat, wollen wir tun!“ (2. Mo 19,8). Wie zitterte es am Berg Sinai in der Nähe Gottes! Sie flohen und traten von ferne und sprachen zu Mose: „Rede du mit uns, und wir wollen hören; aber Gott möge nicht mit uns reden, dass wir nicht sterben!“ (2. Mo 20,19). Der Sünder kann nicht vor Gott bleiben. Nur wer los ist vom bösen Gewissen, wer geheiligt und gereinigt ist, darf sich Ihm ohne Furcht nahen. In Jesu aber sind wir Gott dargestellt heilig und tadelos in der Liebe (vgl. Eph 1,4), wir sind geheiligt in Ihm und haben das selige Vorrecht in der Gemeinschaft Gottes zu leben.
Christus war offenbart im Fleische und der erste Mensch, der Gott auf Erden vollkommen verherrlichte. Bei Ihm wurde keine Sünde noch Betrug erfunden; Er wandelte völlig in der Gerechtigkeit Gottes; Er war der geliebte Sohn, an dem Gott Wohlgefallen hatte (vgl. Lk 3,22). Aber alle unsere Sünden wurden auf Ihn gelegt. Schon vor Grundlegung der Welt wurde Er als Lamm Gottes zum Sühnopfer für uns bestimmt. Er trat als Mensch vor Gott ganz und gar in unsere Stelle ein; unsere Strafe lag auf Ihm, damit wir Frieden hätten (vgl. Jes 53,5). Er wurde an unserer Statt gerichtet, unser Urteil wurde das seinige, Er hing am Fluchholz in der Mitte von Mördern; unser Los, als Lohn der Sünde, welches der Tod ist, wurde sein Los für uns. Alle, die wir glauben, sind also in Ihm gerichtet und haben in Ihm den Fluch getragen. Als Er starb, starben wir. Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt, damit der Leib der Sünde abgetan sei (vgl. Röm 6,6). „Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott“ (Röm 6,10), und wir sollen dafür halten, dass wir der Sünde gestorben sind (vgl. Röm 6,11).
Er wurde für uns zur Sünde gemacht, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm (vgl. 2. Kor 5,21). Unsere Sünden waren die Scheidewand zwischen uns und Gott; Er hat durch sein Fleisch am Kreuze jene hinweggenommen und diese niedergerissen. Die Gerechtigkeit Gottes ist in Betreff unserer Sünden durch Ihn in Ewigkeit befriedigt. Sie scheiden uns jetzt nicht mehr von unserm Gott, denn wir sind gerechtfertigt worden. Er ist um unserer Übertretungen willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden (vgl. Röm 4,25). Er ist aus dem Gericht genommen und alle Schuld ist entrichtet, jetzt kann unserer Sünden nicht mehr vor Gott gedacht werden. Er ist durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt und zur Rechten des Vaters versetzt (vgl. Röm 6,4.5; Kol 3,1.3), und Gott lässt uns „mitsitzen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus“ (Eph 2,6); wie könnten wir noch Furcht haben? Ist Jesus, auf dem alle unsere Sünden lagen, auferweckt und zur Rechten Gottes versetzt, wie könnten wir noch an unserer Annahme zweifeln? Es ist ja in Jesu unser Gericht vollzogen, die Gerechtigkeit gesühnt, und wir sind freigesprochen. Ist der Stellvertreter gerechtfertigt, so sind es auch die, welche Er vertrat. Sein Werk und Opfer geschah nur für uns, unsere Befreiung war ja sein alleiniger Zweck. Er hat dies Werk vollbracht, und Gott hat es anerkannt. Jetzt rufen wir aus: „Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns? Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken? Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt, wer ist es, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der [auch] auferweckt worden, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet“ (Röm 8,31–34).
Jesus ist der große Hohepriester über das Haus Gottes (vgl. Heb 10,21) und hat sein eigenes Blut in das Allerheiligste droben vor das Angesicht Gottes getragen. Er hat eine ewige Erlösung erfunden. Sind wir nun durch die Heiligung des Geistes von der Welt abgesondert und unter die Besprengung dieses Blutes gekommen, so kann unser Herz ja ganz beruhigt sein. Dieses so wertvolle Opfer ist immerdar vor den Augen Gottes und wie könnte Gott angesichts dessen noch an unsere Sünden denken! Vielmehr läßt Er uns durch seinen Geist verkündigen: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken“ (Heb 10,17) und: „Glückselig der Mensch, dem der HERR die Ungerechtigkeit nicht zurechnet“ (Ps 32,2). Wir sind ein für allemal gereinigt und losgemacht vom bösen Gewissen, ja wir sind nun in Ewigkeit vollendet (vgl. Heb 10,10–14). Sein Blut redet besser wie Abels Blut, es schreit für uns immerdar um Gnade und Erbarmen. Und welch einen treuen Hohenpriester haben wir in Jesu, der immerdar für uns bittet und uns vertritt; aufgrund seines wertvollen Opfers, macht Er jede Anklage gegen uns kraftlos. Verständen alle Kinder Gottes das Werk Christi hier und dort, so würde ihr Herz mit Frieden erfüllt sein. Erkannten sie, dass seine saure Arbeit nur unsere Gerecht-Erklärung zum Ziele hat, und wie nahe wir Gott gebracht sind, sie würden als die Geheiligten und Begnadigten in Christo Jesu mit aller Freimütigkeit nahen; glaubten sie die Gerechtigkeit Gottes in Betreff all unserer Sünden auf ewig befriedigt und das jetzt uns Gnade und Frieden nur entgegenströme, alle Unruhe wäre gestillt und durch Lob, Preis und Anbetung würden sie in seligem Frieden Gott verherrlichen.
Ich rede hier nicht von unserem Wandel, sondern allein von dem Werk Christi für uns. Wäre mein Friede mit Gott von meinem Wandel abhängig, so könnte er durch den geringsten Fehltritt gestört werden. Das Werk Christi aber bleibt ewig. Dieses Bewusstsein befestigt unseren Frieden. Sich für immer gereinigt, für immer unter der Besprengung Seines köstlichen Blutes zu wissen und wissen, dass dies Opfer so wertvoll vor Gott ist, dass es stets vor seinem Angesicht bleibt und seine Gerechtigkeit für immer über uns zufrieden gestellt hat; das ist es, was unser Herz vor Gott stillt. Ist mein Friede noch abhängig von meinen Gefühlen, so ist er stets dem Wechsel unterworfen, und wir genießen auch nicht seine ganze Fülle und seine reichen Segnungen.
Jesus hat durch sein Fleisch einen neuen und lebendigen Weg ins Heiligtum für uns bereitet, der Vorhang ist zerrissen. Sein Blut hat uns den Eingang geöffnet, sodass wir mit aller Freimütigkeit nahen dürfen. Wir sind ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk geworden; sind für immer besprengt mit seinem Blut, gewaschen mit reinem Wasser, eingeweiht zu seinem Dienst. Geliebte, lasst uns dieses hohe Vorrecht doch in Wahrheit genießen, lasst uns stets zu seinem Dienste bereit sein und unsere Leiber zu einem lebendigen, heiligen und Gott wohlgefälligen Opfer hingeben (vgl. Röm 12,1). Wir sind die vielgeliebten Kinder geworden, die am Vaterherzen Gottes ruhen dürfen, und unser Leben ist jetzt schon mit Christus in Gott verborgen (vgl. Kol 3,3).
Hier möchte ich noch etwas von Wichtigkeit hinzufügen. Es gibt viele Seelen unter den Gläubigen, die sich zu Jesu recht nahe fühlen, aber bei Gott dem Vater in einer gewissen Entfernung bleiben. Es liegt daran, dass sie nicht recht verstehen, dass von Gott dem Vater unsers Herrn Jesu Christo unser ganzes Heil ausgeht. „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab“ (Joh 3,16). Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selbst (vgl. 2. Kor 5,19).
In dem ersten Kapitel des Epheserbriefes treten uns so recht klar die Gedanken Gottes über unser Heil entgegen. In Vers 3 heißt es: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“ (Eph 1,3). Es ist also der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns so reich gesegnet hat. Er hat uns mit allen geistlichen Gütern im Himmel in und mit Christo gesegnet. Seine Beziehungen zu Christo sind jetzt auch die zu uns, denn Er ist auch unser Gott und Vater geworden. Jesus selbst bezeugt, dass sein Vater uns liebt, wie Ihn (vgl. Joh 17,23), und am Tage seiner Auferstehung ließ er seinen Brüdern sagen: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17).
In Vers 4 und 5 des angeführten Kapitels redet der Apostel weiter von unserer Auserwählung in Christo von Seiten Gottes. Es war schon vor Gründung der Zeiten Gottes Ratschluss, aus uns in Christo einen Gegenstand zu bereiten, der vor Ihm heilig und tadellos sei in Liebe (vgl. Eph 1,4.5). Es war das Wohlgefallen seines Willens, uns für sich selbst durch Jesum Christum zur Kindschaft zu verordnen, um seine ganze Liebe über uns zu verherrlichen und sein treues Vaterherz zu offenbaren. Er begnadigte uns und brachte uns sich in Christo Jesu so nahe, um dem unaussprechlichen Reichtum seiner Gnade im Himmel und auf Erden ein Lob zu bereiten. Dies sind die Gedanken des Gottes und Vaters unsers Herrn Jesu Christi über uns, die wir von ihm im gleichen Maße geliebt sind. Johannes ruft aus: „Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (1. Joh 3,1). Gott ist sich zwar selbst genug, aber seine Liebe musste einen Gegenstand zu ihrer Verherrlichung haben. Seht, Geliebte im Herrn, wir sind dieser Gegenstand geworden. Wir sind sein Werk in Christo Jesu (vgl. Eph 2,10). Welch eine reiche Gnade und welch eine Fülle von Glückseligkeit!
O, gewiß, Brüder, sobald wir diese Gedanken Gottes über uns verstehen, können wir von unserm Gott und Vater nicht mehr in einer Entfernung bleiben, sondern treten nahe hinzu in aller kindlichen Zuversicht und rufen: Abba, lieber Vater!
Es steht unser Heil unerschütterlich fest. Unser Glaube gründet und unser Friede ruht in dem ewigen Gnadenratschluß Gottes, in dem vollgültigen Opfer Christi und in den untrüglichen Zeugnissen des Heiligen Geistes.