Einführender Vortrag zum 2. Thessalonicherbrief

Einleitung

Einführender Vortrag zum 2. Thessalonicherbrief

Der zweite Thessalonicherbrief beschäftigt sich mit einer anderen Schwierigkeit. Er wurde geschrieben im Zusammenhang mit einem weiteren Missbrauch der Wahrheit über das Kommen des Herrn – eine Gefahr, welche die Erlösten bedrohte. Wie die Absicht des ersten Briefes darin bestand, die Gläubigen vor einem Irrtum bezüglich der Toten zu bewahren, sollte der zweite insbesondere einen weiteren in Hinsicht auf die Lebenden richtig stellen. Sie waren besorgt darüber, dass einige ihrer Geschwister vor dem Kommen des Herrn gestorben waren. Die beständige Erwartung Christi vom Himmel erfüllte sie derart, dass sie niemals daran gedacht hatten, dass auch nur ein einziger Christ von der Welt abscheiden könnte vor seiner Ankunft. Wie mussten sie in ihrem unablässigen Warten die Unmittelbarkeit jener gesegneten Hoffnung verwirklicht haben! Dann erfuhren sie, dass sie deswegen nicht besorgt zu sein brauchten; denn zuerst werden die Toten in Christus auferstehen und danach wir, die wir bei seinem Kommen leben, mit ihnen hinaufgetragen, um zusammen dem Herrn zu begegnen. Der zweite Brief hingegen erwuchs aus einem anderen und noch schwerwiegenderem Irrtum. Wir haben gesehen, dass sie sehr erschreckt und beunruhigt wurden. Der Apostel war wirklich besorgt um sie, ob nicht der Versucher sie versucht hatte und seine eigene Arbeit vergeblich gewesen sei (Galater 4,11). Auf jeden Fall waren sie, verursacht durch ihre ernste Drangsal, in Furcht versetzt worden bezüglich des schrecklichen Tages des Herrn, die der Feind nur zu gut für seine Zwecke zu verwenden wusste.

Jeder, der Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die kleinen Propheten gelesen hat, weiß, was sie über den Schrecken der Menschen berichten, wenn der Tag Jahwes über die Erde kommt – dass es sich um einen Tag des Entsetzens und der Finsternis handelt, an dem alle irdischen Dinge völlig in Verwirrung geraten und das Volk Gottes fürchten muss, von seinen Feinden verschlungen zu werden. Falsche Lehre stellt immer die eine Wahrheit gegen die andere; und sie fehlte auch nicht unter den Thessalonichern jener Zeit; denn einige Menschen suchten diese zu überzeugen, dass der Tag des Herrn damals schon gekommen sei. Möglicherweise argumentierten sie damit, dass ihre Schwierigkeiten zu den Umständen jenes Tages gehörten. Auf jeden Fall suchten sie die Gläubigen zu erschüttern, indem sie vorgaben, der Tag des Herrn sei schon da. Die Thessalonicher erfuhren eine solche furchtbare Verfolgung und Not, dass die Vorstellung vom Eintreffen des Tages des Herrn glaubwürdig genug aussah. Diese falschen Gerüchte scheinen anzudeuten, dass sie sich „jenen Tag“ in einem gewissen Sinn bildlich vorstellten (wie es im Alten Testament sicherlich geschieht). Auf jeden Fall scheinen sie vorausgesetzt zu haben, daß der „Tag des Herrn“ nicht notwendigerweise die Anwesenheit des Herrn erfordert. Mit anderen Worten: Sie werden gedacht haben (wie viele Christen seitdem), dass eine schreckliche Zeit der Drangsal über die Welt hereinbrechen muss, bevor der Herr kommt, um die Seinen zu sich in den Himmel zu nehmen.

Dieser zweite Brief wurde geschrieben, um die Gedanken der Thessalonicher von diesem Irrtum zu befreien. Tatsächlich besteht seine unmittelbare Aufgabe darin, alle Christen von jeglicher Angst in dieser Hinsicht frei zu machen, obwohl es natürlich immer wieder Verfolgungen geben mag, wie es damals und wiederholt später der Fall war, insbesondere durch das heidnische und päpstliche Rom. Diese unterscheiden sich aber völlig von dem Schrecken, welchen der Feind den Thessalonichern einflößen wollte. Der Apostel stellt sich folglich dieser Aufgabe. Zunächst einmal tröstet er sie.

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