Zucht im Haus Gottes
Mit Weisheit handeln

Vorwort

Zucht im Haus Gottes

Das Thema „Zucht im Haus Gottes“ scheint auf den ersten Blick nicht unbedingt ein erbauliches Thema zu sein. Es ist vielleicht sogar ein Thema, mit dem wir uns nicht besonders gern beschäftigen. Dennoch ist die biblische Unterweisung zu diesem Thema notwendig und wichtig. Gottes Wort spricht im Alten und im Neuen Testament über die Notwendigkeit der Ausübung von Zucht im Volk und im Haus Gottes. Vorweg sei bemerkt, dass es sich dabei - im Rahmen des Neuen Testamentes - keineswegs nur um „Ausschluss aus der Gemeinschaft am Tisch des Herrn“ handelt. Wenn eine örtliche Versammlung 1 einen Bösen aus ihrer Mitte hinaus tut, ist das eine überaus ernste Zuchthandlung. Dennoch beschränkt sich der biblische Unterricht über unser Thema nicht auf den Ausschluss. Es gibt eine Reihe von anderen Zuchtmaßnahmen, die uns im Neuen Testament gezeigt werden.

Dieses Buch besteht aus drei Teilen:

  • Teil 1 ist in der Vor- und Nachbereitung zu einer Vortragsreihe zum Thema „Zucht im Haus Gottes“ im Jahr 2005 entstanden. Es ist zu beachten, dass der Vortragsstil in diesem Teil weitgehend beibehalten worden ist, selbst wenn der eine oder andere Gedanke in schriftlicher Form etwas anders und ausführlicher niedergelegt ist, als er mündlich vorgetragen wurde. Außerdem wurde eine ganze Reihe von Ergänzungen vorgenommen.
  • Teil 2 ist ein Vers-für-Vers-Kommentar zu 1. Korinther 5. Das ist das Kapitel, das sich ausführlich mit dem Thema „Ausschluss“ beschäftigt.
  • Teil 3 besteht aus der Beantwortung einer Auswahl von Fragen, die in Verbindung mit einer Gesprächsrunde mit jungen Christen zum Thema „Zucht“ vor einigen Jahren gestellt worden sind. Dabei werden einige Punkte aus Teil 1 und 2 bewusst wiederholt und vertieft. Auch hier ist der Vortrags- bzw. Gesprächsstil weitgehend beibehalten worden.

Es ist nicht ganz einfach, die Gedanken Gottes zu diesem Thema in einer ausgewogenen Form vorzustellen. Wir brauchen sowohl beim Erfassen als auch bei der Darstellung der Grundsätze Gottes viel Weisheit. Darüber hinaus ist ebenso Weisheit  erforderlich, wenn es darum geht, die Grundsätze in der Praxis des Versammlungslebens umzusetzen.

Wir müssen lernen, zwischen den Grundsätzen der biblischen Wahrheit einerseits und ihrer Umsetzung im täglichen Versammlungsleben andererseits zu unterscheiden. Gerade wenn es um das Thema Zucht geht, benötigen wir in jedem Einzelfall die Weisung unseres Herrn. Nur so können wir unter der Leitung des Heiligen Geistes erkennen, was der Wille Gottes ist und wie wir im konkreten Fall handeln sollen und müssen.

Deshalb möchte ich vorweg folgende Bitten äußern:

  1. Wir dürfen bei Fragen der Zucht in keinem Fall eine starre Schablone anlegen. Jeder Fall, den eine Versammlung zu beurteilen hat, ist in der Regel anders als andere Fälle, selbst wenn sie auf den ersten Blick vergleichbar scheinen. Wir können wohl „Grundsätze“ für unser Handeln in der Bibel erkennen, aber „Patentrezepte“ gibt es nicht. Um die göttlichen Prinzipien in der Praxis  tatsächlich anwenden zu können, brauchen wir Weisheit und Einsicht sowie Abhängigkeit vom Herrn und Leitung durch den Heiligen Geist. In jedem einzelnen Fall müssen wir fragen, wie die Grundsätze anzuwenden sind.
  2. Wir sollten beim Überdenken der im Folgenden vorgestellten Gedanken möglichst keine konkreten Fälle im Hinterkopf haben. Es kann sich als fatal erweisen, wenn wir versuchen, über konkrete Fälle zu den Grundsätzen der Bibel vorzudringen. Der Weg ist umgekehrt: Gesunde Grundsätze führen zu einer gesunden Praxis und helfen uns, konkrete Fälle richtig zu beurteilen.
  3. Niemand erwarte in dieser Abhandlung eine vollständige Antwort auf alle Fragen. Das ist im Rahmen der hier vorgestellten Gedanken weder beabsichtigt noch möglich. Es zeigt sich, dass dieses Thema in der Praxis äußerst umfangreich und vielschichtig ist. Es ist lediglich meine Absicht, einige Gedankenanstöße zu geben und Prinzipien aufzuzeigen, die dann im Einzelfall unter der Leitung des Heiligen Geistes angewandt werden.
  4. Wir leben in Tagen der Schwachheit und machen viele Fehler. Damit wollen wir uns nicht entschuldigen, aber es bewahrt uns dennoch davor, einen Geist des Hochmuts zu offenbaren. Wir haben viel Grund, uns vor unserem Herrn zu schämen, dass wir in der Verwirklichung seiner Gedanken oft nachlässig gewesen sind.

Wenn einiges von dem, was in diesem Buch vorgestellt wird, von dem abweichen sollte, was der eine oder andere bisher als richtig angenommen hat, sollte er das im Gebet vor dem Herrn erwägen. Ich erhebe keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit in allen Punkten. Für Anregungen und Korrekturen bin ich jederzeit dankbar. Wir bleiben alle Lernende.

Herzlich danke ich meinen Eltern sowie einigen Freunden und Brüdern, die den Text sachlich und sprachlich Korrektur gelesen und mir manchen nützlichen Hinweis gegeben haben.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich die hier vorliegende Arbeit nicht ohne innere Übungen geschrieben habe. Ich habe lange gezögert, sie zu veröffentlichen. Zum einen wird uns die Beschäftigung mit Dingen, die wir als negativ empfinden, nicht unbedingt glücklich machen. Zum anderen sind wir uns bewusst, dass wir in der Verwirklichung der Grundsätze des Wortes Gottes gerade in diesem Punkt oft Fehler gemacht haben. Dennoch zeigt die Praxis des Versammlungslebens, dass es notwendig ist, sich mit diesem Thema anhand der Bibel zu befassen. Letztlich geht es um die Versammlung des lebendigen Gottes und um den, der diese Versammlung so geliebt hat, dass er sich selbst für sie am Kreuz gab. Das gibt mir den Mut, ein solches Thema aufzugreifen.

Der Tag kommt, wo Christus sich selbst diese Versammlung verherrlicht darstellen wird, die nicht Flecken oder Runzel oder dergleichen haben wird (Eph 5,27). Aber in seiner Liebe ist er jetzt schon tätig, um alles wegzunehmen, was seiner Heiligkeit nicht entspricht. Wenn diese Liebe des Christus und seine Ehre mehr vor uns stehen, werden wir davor bewahrt, die biblische Lehre als kalt und lieblos zu empfinden und ohne die notwendigen inneren Herzensübungen Zucht auszuüben.

Es ist mein Wunsch und meine Bitte, dass dieser Text unter Gebet gelesen wird und einen Beitrag dazu leisten kann, die Gedanken Gottes besser zu verstehen und zu praktizieren.

Wetter, im Dezember 2011

E.A. Bremicker

Fußnoten

  • 1 Ich benutze im Folgenden durchweg den in der überarbeiteten Elberfelder Bibelübersetzung gebräuchlichen Ausdruck „Versammlung“, der aber nichts anderes besagt als „Gemeinde“ oder „Kirche“. Es ist letztlich nicht so sehr entscheidend, welchen Ausdruck wir benutzen, sondern ob wir das Richtige darunter verstehen. Das deutsche Wort „Versammlung“ scheint jedoch dem griechischen Ausdruck „ekklesia“ am nächsten zu kommen.
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