Der Prophet Joel
Die Heuschreckenplage
Joel, der zweite der kleinen Propheten, war der Sohn Pethuels. Das ist alles, was man über seine Familie und seine Geschichte weiß. Sein Name bedeutet: „Der Herr ist Gott“ oder „Der Herr ist sein Gott“. Er übte seinen prophetischen Dienst im und für das Königreich Juda aus. Man denkt allgemein, dass er unter der Regierung von Ussija (oder Asarja) um das Jahr 800 v.Chr. prophezeite.
In den ersten zwei Kapiteln beschreibt Joel in der lebhaftesten und poetischsten Weise den Einmarsch einer furchtbaren Armee in Judäa. „Denn eine Nation ist über mein Land heraufgezogen, mächtig und ohne Zahl; ihre Zähne sind Löwenzähne, und sie hat das Gebiss einer Löwin... das Feld ist verwüstet, es trauert der Erdboden… der Weinstock ist verdorrt… alle Bäume des Feldes sind verdorrt… vor ihm ist das Land wie der Garten Eden, und hinter ihm eine öde Wüste… sein Aussehen ist wie das Aussehen von Pferden…sie sind wie ein mächtiges Volk, zum Kampf gerüstet… sie ziehen jeder auf seinem Weg, und ihre Pfade wechseln sie nicht... und keiner drängt den anderen, sie ziehen jeder einzeln auf seiner Bahn; und sie stürzen zwischen den Waffen hindurch und verwunden sich nicht. Sie laufen in der Stadt umher, rennen auf die Mauer, steigen in die Häuser; durch die Fenster dringen sie ein wie der Dieb. Vor ihnen erbebt die Erde, erzittert der Himmel; Sonne und Mond verfinstern sich, und die Sterne verhalten ihren Glanz. Und der Herr lässt vor seiner Heeresmacht her seine Stimme erschallen, denn sein Heerlager ist sehr groß, denn der Vollstrecker seines Wortes ist mächtig; denn groß ist der Tag des Herrn und sehr furchtbar, und wer kann ihn ertragen?“
Joel gibt uns von dieser riesigen Armee nur einige Beschreibungsmerkmale: Der Herr nennt sie seine Armee, denn sie war nur ein Instrument in seinen Händen um die Gerichte auszuführen, die die Sünden des jüdischen Volkes auf es gezogen hatten. Nun, könnten wir glauben, dass in einem rein wörtlichen Sinn diese Armee nichts anderes als eine Menge von Heuschrecken war? Das ist es aber, was der Vers 4 von Kapitel 1 angibt.
Die Heuschrecken sind eine der gefürchtetsten und schrecklichsten Plagen der heißen Ländern und des Orients im Besonderen. Sie kommen im Frühling aus dem Boden heraus, besonders wenn die Trockenheit die Reife der unzähligen Eier begünstigt hat, die sie in der Erde ablagern, und auf den Flügeln der Winde getragen, fallen sie wirbelnd und wie dicke Wolken auf die Ebenen von Ägypten, Palästina oder Syrien. Diese Wolken sind manchmal 16 bis 24 km lang und 8 bis 12 km breit. Wenn sie näher kommen, verhüllen sie den Himmel, bedecken die Erde mit ihrem Schatten und lassen von weitem das Rauschen ihrer Millionen Flügel und Beine hören. Wenn sie anhalten (und man wird vergeblich versuchen sie daran zu hindern), bilden sie auf der Erde, die sie bedecken, ein dichtes Lager, das manchmal die Höhe von einem Meter übersteigt; in einem Augenblick nagen sie mit ihren spitzen Zähnen und mit einem Lärm, der an den Marsch einer Kavallerie erinnert, das Gras, die Blätter, die Früchte, besonders die Trauben, bis auf die Baumrinde und die Wurzeln der Bäume. Sie versetzen den Boden in den gleichen Zustand als ob das Feuer dahingezogen wäre. Wenn sie alles verwüstet haben, setzen sie sich wieder in Bewegung und lassen nur noch ihre Eier und die toten Körper zurück, die eine derartige Infektion verbreiten, dass daraus oft schreckliche Seuchen hervorgehen.
Ihr Ziehen ist sehr geordnet (Spr 30,27; Joel 2,7–8); sie fliegen in Scharen voreinander her, nur tagsüber; abends lassen sie sich auf der Erde nieder. Nichts hält sie auf; sie meiden alle Gefahren, und können selbst nicht vermieden werden. Sie dringen bis in die Wohnungen vor und nagen nicht nur die Holzgeräte an, sondern auch die Holztäfelungen, die Dielen und Balken (2. Mose 10,4–6). Müde von ihrem Flug stürzen sie sich auf die Wasser, wie auch auf die Erde (2. Mose 10,19; Joel 2,20) und ihre leichten Kadaver, zu den Ufern angetrieben, bringen bald die Pest dorthin und betrüben sie durch ihren Tod, nachdem sie sie durch ihr Leben betrübt haben. Der Kopf der Heuschrecken erinnert an den eines Pferdes; sie wurden auch in der Schrift mit Pferden verglichen (siehe Joel 2,11 und Offenbarung 9,7–9).