Der Prophet Habakuk
Einleitung
Habakuk ist für uns ein Name, ein Mann, eine Weissagung. Wir finden kein Geschlechtsregister und keine Angaben über sein Alter und seinen Familienstand, kurz gesagt, keine Hinweise, um ihn näher kennen zu lernen. Es ist, als ob der Bote vollständig hinter der Botschaft Gottes zurückstehen sollte. Habakuk offenbart nur sehr wenig prophetische Ereignisse. Aber er beschreibt den Charakter Gottes in seinen Wegen hinsichtlich des moralischen Zustandes des Volkes Israel und der Nationen. Außerdem zeigt er die Mittel, derer Gott sich bedient, um seinen Willen zu erfüllen. Er teilt uns das Ergebnis mit, welches diese Offenbarung in seiner Seele bewirkt.
Wenn man den Zusammenhang und die Beschreibungen des Volkes der Chaldäer und des moralischen Zustandes des Volkes Israel berücksichtigt, fällt die Abfassung dieses Buches wohl in die Zeit des 6. Jahrhunderts v. Chr. Damit wäre Habakuk ein Zeitgenosse Jeremias.
Der Name Habakuk könnte nach Auffassung mehrerer „Umarmung“ bedeuten und würde so mit der großen Empfindsamkeit und den tiefen Gefühlen der Zuneigung des Propheten gegenüber seinem Volk übereinstimmen. Es ist, als ob der Prophet sein Volk umfassen wollte, als ob er es in seine Arme schließen und ihm die Gewissheit geben wollte, dass mit Gott alles besser gehen wird. Sein Name kann auch seine Liebe zu seinem Herrn ausdrücken.
Habakuk ist ein Mann, der sich beklagt, sich wundert, sich Fragen stellt und sich sogar auflehnt - und dies alles gleichzeitig. Er spricht mit seinem Gott oft auf eine leidenschaftliche, wenn nicht gar anklagende Weise. Dennoch ist er das Sprachrohr Gottes, da er ja schließlich zweimal Prophet genannt wird (Hab 1,1; 3,1). Im Gegensatz zu anderen, die zu ihren Zeitgenossen sprachen, berichtet Habakuk sein Zwiegespräch mit Gott und lässt uns in die Gemeinschaft mit seinem Herrn eintreten. Er lernt durch Glauben zu leben, indem er die zukünftige Herrlichkeit erwartet und in Lobpreis überfließt, bevor er die verheißenen Dinge empfangen hat.
Man könnte der Weissagung die Überschrift „Von der Ratlosigkeit zum Glauben“ geben. Habakuk erträgt die klare Sünde seines Volkes nicht mehr und bittet um das Eingreifen Gottes. Gott offenbart ihm, dass die Chaldäer das Instrument sein werden, um das Land zu züchtigen. Der Prophet erregt sich und beklagt sich über die Chaldäer. Er denkt mit Zuneigung an sein Volk, aber Gott zeigt ihm, dass er diese ungerechten Chaldäer zu gegebener Zeit ebenfalls bestrafen wird und dass „der Gerechte durch den Glauben leben wird“. Dieser Vers (Hab 2,4) ist der Angelpunkt des Buches.
Genau wie Hiob versteht Habakuk die unergründlichen Wege Gottes nicht. Aber weit davon entfernt in seinem Glauben erschüttert zu werden, beugt er sich unter seine Souveränität, erfleht sein Mitgefühl, bleibt treu, leidet mit seinem Volk und verkündet laut und stark seinen Glauben. Bemerken wir den Kontrast zwischen der Ratlosigkeit, die den Propheten zu Beginn des Buches niederdrückt, und dem ruhigen Vertrauen auf Gott am Ende! Er hat in Gott selbst eine vollkommen befriedigende Antwort auf alle Probleme gefunden, die sein Herz bewegten. Selbst wenn alle Segnungen fehlen würden, würde er sein Vertrauen auf Gott setzen. Welch eine Ermahnung für unsere Tage!