Joseph, der Patriarch
Der Erzvater Jakob
1. Mose 37,1–4
„Und Jakob wohnte in dem Land, in dem sein Vater als Fremder geweilt hatte, im Land Kanaan. Dies ist die Geschichte Jakobs: Joseph, siebzehn Jahre alt, weidete die Herde mit seinen Brüdern; und er war als Knabe bei den Söhnen Bilhas und bei den Söhnen Silpas, der Frauen seines Vaters. Und Joseph brachte ihre üble Nachrede vor ihren Vater. Und Israel liebte Joseph mehr als alle seine Söhne, weil er der Sohn seines Alters war; und er machte ihm ein langes Ärmelkleid. Und als seine Brüder sahen, dass ihr Vater ihn mehr liebte als alle seine Brüder, da hassten sie ihn und vermochten nicht, ihn zu grüßen“ (37,1–4).
„Und Jakob wohnte in dem Land, in dem sein Vater als Fremder geweilt hatte, im Land Kanaan.“ Mit diesen wenigen, aber bedeutungsvollen Worten wird der letzte, so lehrreiche Abschnitt in dem äußerst wichtigen ersten Buch Mose eingeleitet.
Er steht in einem auffallenden Gegensatz zu Kapitel 36, das uns das mächtige Geschlecht Esaus mit seinen Fürsten zeigt. Diese sind ein Bild derer, „die im Fleisch sind und Gott nicht zu gefallen vermögen“ (Röm 8,8). Die Söhne Esaus kannten nur ein Bestreben, sich in dieser Welt einzurichten und es sich in ihr gut gehen zu lassen. Ihr Stammvater Esau hatte gesagt: „Siehe, ich gehe hin zu sterben, und wozu nützt mir da das Erstgeburtsrecht?“ (1. Mo 25,32). Denselben verderblichen Grundsatz finden wir auch bei den Nachkommen Esaus. Von ihnen wird die damalige Welt viel geredet haben. Sie waren Fürsten, und nach ihren Namen wurden Städte und Dörfer genannt (1. Mo 36,31–43). An Zerstreuung, Unterhaltung, Festlichkeiten und Gastmählern ließen sie es nicht fehlen, auch waren Laute und Pfeife bereits erfunden (1. Mo 4,21). Schon das älteste Buch der Heiligen Schrift, das Buch Hiob, berichtet davon, dass dies alles schon Gewohnheit und Sitte geworden war (Hiob 1,4.13).
Gott hatte Jakob zweimal Engelscharen sehen lassen (siehe 1. Mo 28,12; 32,1.2). Ja, einmal hatte Jakob sogar mit einem Engel gerungen und gesiegt, und Jakob war von ihm gesegnet worden (1. Mo 32,24–32). Jetzt, nach vielfältigen Übungen war er zur Ruhe gekommen, und zum ersten Mal wird von ihm, als Fremdem, bezeugt: „Er wohnte im Land ...im Land Kanaan“. Zweimal erwähnt der Heilige Geist das Wort „Land“. Der Glaube Jakobs war in Tätigkeit; die ihm und seinen Vätern gemachten Verheißungen erfüllten sein Herz, wie es uns in Hebräer 11,9 mitgeteilt wird. Gottes Gnade war bei ihm nicht vergeblich gewesen. Auf dem Weg ernster Züchtigungen und Demütigungen hatte er erfahren und auch gelernt: „Wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleisch Verderben ernten“ (Gal 6,8). Doch Jakob hatte in der Schule Gottes gelernt und war ein Überwinder geworden (Röm 8,37). Es erging ihm wie Elihu, der zu Hiob sagte: „Wenn sie hören und sich unterwerfen, so werden sie ihre Tage im Wohlergehen verbringen und ihre Jahre in Annehmlichkeiten“ (Hiob 36,11).
Jedenfalls hatte Jakob in jener Nacht die wahre Bedeutung seines neuen Namens Israel, das ist Gotteskämpfer, klar verstanden, da ja der Name Israel die Verheißungen in sich schloss (1. Mo 32,23–29; 35,10–15).
Der Titel „Fremder“ belehrt uns, dass Jakob keinerlei Gemeinschaft, noch Verbindung mehr mit seinen Verwandten nach dem Fleisch hatte, dem mächtigen Geschlecht Esaus. Dagegen hatte er wahre Gemeinschaft mit Gott, zu dem er in jener bedeutungsvollen Nacht gebetet hatte: „Ich lasse dich nicht los, es sei denn, du segnest mich“ (1. Mo 32,27). Das Licht Jakobs stand weder „unter dem Bett, noch unter dem Scheffel“, sondern leuchtete allen, die mit ihm in Berührung kamen. Er lebte, was ihn betraf, mit allen Menschen in Frieden.
Das Wort „Kanaan“, das Land, in dem Jakob wohnte, führt uns auf den Boden der Verheißungen Gottes, die Er Abraham, Isaak und ihm, Jakob, gegeben hatte.
Wohl wohnte Jakob noch in einem Zelt, als Fremder im Land, aber sein Herz war mit dem beschäftigt, was Gott verheißen hatte: „Eine Nation und eine Schar von Nationen soll aus dir werden, und Könige sollen aus deinen Lenden hervorkommen“ (1. Mo 35,11). Aber wie und auf welche Weise Gott diese Verheißungen zur Ausführung bringen würde, das wusste Jakob nicht. Dennoch glaubte er dem Wort, obwohl es menschlich gesprochen um ihn her dunkel aussah, besonders wenn er an seine Söhne dachte. Allerdings bildeten die beiden Jüngsten, Joseph und Benjamin, die Söhne Rahels, eine Ausnahme. Sie allein werden als solche bezeichnet, die Jakob liebte. Der sündige Herzenszustand der übrigen zehn Söhne hinderte Jakob, Gemeinschaft mit ihnen zu haben. Da war nichts zu erwarten; es bestand keinerlei Geistesgemeinschaft mit ihnen, denn „...welche Genossenschaft haben Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?“ (2. Kor 6,14.15).
Der Herzenszustand Josephs war ein guter, und mit ihm fühlte sich Jakob verbunden. Da bestand eine enge, innere Verbindung, und Geistesgemeinschaft war vorhanden, denn auch Joseph hatte weder Gemeinschaft mit seinen Brüdern, noch nahm er an ihrem schlimmen Lebenswandel teil.
Das Auge Jakobs war auf Joseph, den Sohn seines Alters, gerichtet. Er war der Mittelpunkt seiner Gedanken, das Geheimnis seiner Seele im Blick auf die Verheißungen, auf deren Erfüllung er wartete. Er sollte auch erfahren, dass Gott den Glauben belohnt (Heb 11,6).
Mit 1. Mose 37 beginnt im Leben Jakobs sozusagen ein neuer Abschnitt, und ein neuer Hauptgegenstand tritt in den Vordergrund. Darum lesen wir: „Dies ist die Geschichte Jakobs: Joseph, siebzehn Jahre alt, weidete die Herde mit seinen Brüdern“. Die Geschichte des zwölfstämmigen Volkes, in Verbindung mit den Abraham, Isaak und ihm, Jakob, gegebenen Verheißungen, sollte aber erst durch einen größeren als Joseph, durch Jesus Christus, ihre wunderbare Erfüllung finden.
Es ist unser großes Vorrecht, anhand der Geschichte Josephs, dem Vorbild unseres Herrn, allen Spuren nachzuforschen, die der Geist Gottes uns vor Augen führt. In Ihm laufen alle Fäden der Verheißung zusammen. Er wird uns im Wort Gottes als „Schoßkind“ vorgestellt, was auch mit „Künstler“ oder „Werkmeister“ übersetzt werden kann; als der, „der seinen ganzen Willen tun wird“ (Spr 8,22–31; Apg 13,22). Gott hat alles zuvor erwogen und einberechnet, wie verwirrend auch alles im Hinblick auf Israel und die Kirche aussehen mag.
Es ist wunderbar, wie der Heilige Geist in zwei kurzen Versen Jakob und seine Söhne beschreibt und sowohl von dem Fremden im Land der Verheißung, als auch von seinem Glauben spricht. Auch gab es ab jetzt nichts mehr, was Gott zu tadeln gehabt hätte; alles war schön und lieblich, welche Glaubensproben es auch noch geben mochte.
Joseph tritt in den Vordergrund; auf ihn lenkt der Heilige Geist unsere Blicke.
Zunächst sehen wir ihn im Alter von nur siebzehn Jahren, ein Bild jugendlicher Frische. Es ist sehr bedeutungsvoll, dass uns als erste Tätigkeit Josephs sein Hirtendienst gezeigt wird. Im Auftrag des Vaters weidete er als Hirte mit seinen Brüdern die Herde seines Vaters. Er war sozusagen Knecht „bei den Söhnen Bilhas und bei den Söhnen Silpas, den Frauen seines Vaters“ (1. Mo 37,2).
So sehen wir auch den Herrn Jesus zu Beginn seiner öffentlichen Laufbahn inmitten seiner leiblichen Brüder. In Matthäus 3,13–17 hören wir, wie das Wohlgefallen des Vaters über seinen geliebten Sohn zum Ausdruck kommt. Er, der einzige Gerechte und Abgesonderte, hatte bei der Taufe im Jordan keine Sünden zu bekennen. Nur die Gnade und Liebe zu dem Sünder veranlasste Ihn, sich durch Johannes taufen zu lassen, „um alle Gerechtigkeit zu erfüllen“. Deshalb öffnete sich der Himmel über Ihm. So wird uns auch Joseph schon in jugendlichem Alter als auf Gottes Seite stehend gezeigt.
Christus hasste das Böse und die Werke der Finsternis, darum sagte Er zu seinem Vater, dass Er die Gerechtigkeit und die Wahrheit liebe. Dies geschah nicht im Sinn fleischlicher Überhebung oder böser Anklagesucht. Joseph müssen wir stets als das Vorbild von Christus sehen, dann ist alles einfach, ergreifend und schön. Die Früchte des neuen Lebens, wie wir sie im Neuen Testament finden, waren auch im Alten Bund dieselben. „Die Weisheit von oben ist erstens rein, dann friedsam, milde, folgsam...“ (Jak 3,17; siehe auch Ps 1,1; 119,9; Spr 3,17).
Wie Joseph seinem Vater von dem schlechten Lebenswandel seiner Brüder berichtete, so wird auch der Herr Jesus auf dieser Erde oft und viel mit seinem Gott und Vater über den tieftraurigen Zustand des Volkes Israel geredet und sich fürbittend für dasselbe verwendet haben; ja, Er weinte über Jerusalems Verstocktheit. Wenn schon Mose, Jeremia, Daniel und Esra trauerten und weinten und sich im Blick auf die Schuld und Sünde des Volkes in tiefer Reue und Demut vor Gott beugten, wie viel mehr wird dies bei dem Herrn Jesus der Fall gewesen sein; allerdings mit der Ausnahme, dass an Ihm keinerlei persönliche Schuld zu finden war.
Joseph empfand tief, dass durch das schlechte Leben seiner Brüder eine große Schmach auf das Haus seines Vaters und dessen Ansehen fiel. „Da sprach Jakob zu Simeon und Levi: Ihr habt mich in Trübsal gebracht, indem ihr mich stinkend macht unter den Bewohnern des Landes“ (1. Mo 34,30). Wir sehen also Joseph als den „Abgesonderten“ unter seinen Brüdern. So bezeichnete Jakob ihn (1. Mo 49,26).
Joseph erhielt vonseiten seines Vaters ein öffentliches Zeugnis seiner Zuneigung und Liebe zu ihm; der Vater machte ihm ein langes Ärmelkleid, wie es damals nur die Vornehmen und die Königskinder trugen. Die Schönheit seines Charakters und seine göttliche Gesinnung erfreuten das Herz seines Vaters Jakob. So verband sich seine Seele mit Joseph, dem Sohn seines Alters. Er hielt fest an der Verheißung Gottes, dass Könige aus ihm hervorkommen würden, vor allem der „Same“, der verheißene Christus.
Ebenso wie Joseph von seinem Vater, so wurde auch der wahre Abgesonderte unter seinen Brüdern, der Herr Jesus, am Jordan öffentlich ausgezeichnet. Von der Zeit an sehen wir den Herrn Jesus, mit Heiligem Geist und Kraft gesalbt, seine öffentliche Laufbahn beginnen. Er heilte Menschen und tat Wunder, Er konnte Tote auferwecken, Dämonen austreiben usw. Das wurde öffentlich gesehen, und Er bezeugte durch seine Werke und seine Worte, dass Er der Sohn Gottes, der Gesalbte war (Jes 42,1; 61,1–3; Joh 5,36; 10,25).
Durch seinen Lebenswandel hatte Joseph sich das Wohlgefallen vonseiten seines Vaters erworben. So war es auch bei dem Herrn Jesus, als Er in die Mitte derer trat, die bei der Taufe durch Johannes im Jordan ihre Sünden bekannten. „Du hast zu den Heiligen gesagt, die auf Erden sind, und zu den Herrlichen: An ihnen ist all mein Gefallen.“ (Ps 16,3) Das fand hier seine Erfüllung.
Wenn es kein erworbenes Wohlgefallen gewesen wäre, so würden wir dieses Wort schon bei der Geburt des Herrn gehört haben, da Er doch damals schon derselbe geliebte Sohn des Vaters war, wie am Jordan und auf dem Berg der Verklärung. Auch als Kind war der Herr Jesus der Sohn, der im Schoß des Vaters war und ist, der ständige Gegenstand seines Wohlgefallens (Ps 22,9–10; Lk 2,49). Doch dies sind alles Geheimnisse, die wir mit unserem natürlichen Verstand weder erfassen noch erklären können.
Durch die Auszeichnung Josephs mit dem langen Ärmelkleid ist in wunderbarer Weise vorbildlich offenbart, was beim Herrn Jesus am Anfang seiner öffentlichen Laufbahn vollkommen zum Ausdruck kam: Der Vater versiegelte Ihn und der Heilige Geist kam in Gestalt einer Taube auf Ihn hernieder.
In den ersten Versen von 1. Mose 37 sehen wir vorbildlich, wenn auch nur in schwachen Umrissen, die Dreieinheit Gottes: Jakob als Vater, Joseph als Sohn und die Früchte des neuen Lebens, das Zeugnis des Heiligen Geistes (V. 1–3).
Am Jordan sehen wir auch das öffentliche Zeugnis der Dreieinheit: Gott, der Vater; Gott, der Sohn und Gott, der Heilige Geist. Gott, der Vater, dessen Stimme aus dem Himmel ertönte; Gott, der Sohn, im Jordan getauft, alle Gerechtigkeit erfüllend, und Gott, der Heilige Geist, in Gestalt einer Taube – Bild der Reinheit und Unschuld – auf den Herrn Jesus herniederkommend.
Die christliche Taufe bringt diese Wahrheit ebenfalls zum Ausdruck (Mt 28,19). Er war gekommen, um den Willen Gottes zu erfüllen, als der geliebte Sohn, gesandt vom Vater – Gott offenbart im Fleisch – wie wunderbar! Der Schritt in den Jordan endete am Kreuz, denn nur so konnten unsere Sünden getilgt und geordnet werden, entsprechend der Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes. Johannes der Täufer hatte ja auch am Jordan gesagt, dass sie an den glauben sollten, der nach ihm kommen würde, das ist an Jesus (Apg 19,4). „Und hinblickend auf Jesus, der da wandelte, spricht er: Siehe das Lamm Gottes!“ (Joh 1,36).
Die Auszeichnung Josephs durch den Vater erregte den Hass seiner Brüder, so dass sie ihn nicht einmal mehr grüßen wollten. So lesen wir auch von dem Herrn Jesus: „Sie haben ihn ohne Ursache gehasst“ (Joh 15,25). Dieser Hass der Brüder Josephs endete schließlich damit, dass sie in ihren Herzen zu Mördern wurden (1. Mo 37,20). Dasselbe taten die Juden, die die Mörder des Herrn Jesus wurden. In Apostelgeschichte 7,9.52 wird der Neid der Brüder Josephs als die Ursache zu dessen Verkauf nach Ägypten angeführt. Wie ernst sind die Folgen von Neid und Hass unter den Menschen, sowohl im familiären Umgang, als auch in den Beziehungen der Kinder Gottes untereinander. Wie manches liebliche und schöne Verhältnis wurde durch Neid getrübt oder auch ganz zerstört. Man brauchte viel Zeit, um den Schaden zu heilen, doch der Anfang von allem war der Neid.
In Gerechtigkeit zu leben und die Brüder zu lieben, sind die Kennzeichen des neuen Lebens der Kinder Gottes. Die Liebe ist aus Gott, sie bedeckt eine Menge von Sünden und hält diese zurück. In Kolosser 3,14 wird die Liebe das „Band der Vollkommenheit“ genannt. „Strebt nach der Liebe!“ (1. Kor 14,1).
Bei Joseph sehen wir beides: Er lebte in Gerechtigkeit und Liebe. Bei dem Herrn Jesus sehen wir auch beides und zwar in einer restlos vollkommenen Weise. Wie weit bleiben wir doch bei einem Vergleich mit Ihm zurück.
Wie traurig, dass man einen Menschen, der anderen nur Gutes tat, ihnen nur Gnade, Liebe und Erbarmen zuwandte, ihre Armen mit Brot speiste und alle seine Kräfte nur im Dienst für andere verzehrte, hassen konnte. Alle ließen sich aufwiegeln, zu rufen: „Hinweg, hinweg! Kreuzige Ihn!“ (Joh 19,15). In Psalm 109,3–5 sehen wir den Herrn Jesus kurz vor der Kreuzigung in den Händen der Gesetzlosen. Da offenbarte sich völlig der traurige und gottfeindliche Zustand des Menschen. Gott allein offenbart und ergründet die Tiefe des verderbten, entsetzlich bösen Herzens des Menschen (Jer 17,9.10). Sogar Pilatus, der Heide, wusste, dass die Hohenpriester und Ältesten Jesus nur aus Hass und Neid überliefert hatten (Mt 27,18).
Die Brüder Josephs liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse, die ihres Bruders aber gerecht. Das Gleiche lesen wir von Kain (1. Joh 3,12).
Welche Gnade, ein Interesse zu haben an allem, was mit Gott in Verbindung steht, wie auch an der kostbaren Person des Herrn Jesus! „Euch nun, den Glaubenden, ist die Kostbarkeit...“, schreibt der Apostel Petrus (1. Pet 2,7).
In den Tagen, als der Herr Jesus auf der Erde war, nannte Er auch nur eine ganz kleine Herde sein Eigen. Wenige waren es, die an Ihn glaubten, Ihn liebten und Ihm dienten (Lk 8,1–3). Diese Wenigen hatten geöffnete Augen und Ohren, sie hatten seine Herrlichkeit angeschaut, „eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14). Sie hatten von Ihm Worte des ewigen Lebens gehört (Joh 6,68.69). Ja, wohin hätten sie auch gehen sollen? Mochten andere sich abwenden – sie waren an Ihn gefesselt. Das gilt auch uns Kindern Gottes. Wir sehen und genießen alles durch den Glauben in der Kraft des Heiligen Geistes, der von dem Seinen nimmt und uns gibt. Der Geist ist es, der uns in die ganze Wahrheit leitet und uns auch das Kommende verkündigt (Joh 16,13–15).
Der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, es ist ihm eine Torheit (1. Kor 2,14). Wenn sich aber der Sünder vor Gott demütigt und begehrt, von Gott belehrt zu werden, dann erfreut dies das Herz Gottes, und Er naht sich ihm und offenbart sich als der Heiland-Gott (Jak 4,7.8). Jedoch ist alles Gnade. Für den Stolz des Menschen bleibt nichts übrig, denn wer sich rühmt, rühme sich des Herrn (Röm 3,27.28; 1. Kor 1,31).
Wie betrübend und schmerzlich ist es für den Herrn, wenn wahre Gläubige, Kinder Gottes, wenig oder gar kein Bedürfnis haben, sich mit den wunderbaren, ewigen Dingen und besonders mit der kostbaren Person des Herrn Jesus zu beschäftigen! Dann wird das Herz mit der Zeit ganz kalt, das Lesen des Wortes Gottes und das Gebet kommen zum Stillstand, und schließlich verliert sich das Herz in den Dingen dieser Welt. Ach wie arm, leer und trostlos ist ein solches Leben! Magerkeit ist das Teil einer solchen Seele (Ps 106,15).