Ährenlese im Alten Testament (Jona)
Jona 1-4
Jona 1,1-16
Im Unterschied zu den anderen Propheten, belehrt uns Jona weniger durch seine Worte als durch seine ergreifende Geschichte. Er hatte seinerzeit die Wiederherstellung der Grenze Israels angekündigt: eine gute Nachricht für sein Volk (2. Könige 14,25). Hier nun bekommt er einen viel weniger angenehmen Auftrag: das Gericht über Ninive auszurufen, diese große, heidnische Stadt, die vor Gott so schuldig war. Jona weicht aus und flieht „von dem Angesicht Jehovas hinweg“. Der Weg des Eigenwillens! Ein Diener Gottes hat weder seine Botschaft noch sein Arbeitsfeld selbst zu wählen! Gleichzeitig war sein Benehmen töricht. Wie wollte er Dem entkommen, der alles sieht, und über die Elemente verfügt, um den Ungehorsamen anzuhalten? (Lukas 8,25). Beachten wir, wie Jona unaufhörlich hinabgeht (Verse 3,5; Kapitel 2,7). Zuerst auf einem angenehmen Weg (das ist die Bedeutung von Japho), der aber zum Verderben (Tarsis) führt. Und jetzt, nachdem er in den unteren Schiffsraum hinabgestiegen ist, schläft er, während der Sturm tobt. Der Kapitän muss ihn aus seiner Bewusstlosigkeit herausreißen. Gibt es für ein Kind Gottes etwas Demütigenderes, als von der Welt zur Ordnung gerufen zu werden?
Prophetisch zeigt uns dieser Bericht das Volk Israel, das seinem Auftrag gegenüber untreu war, als Gegenstand des Gerichtes Gottes, aber zum Heil der Nationen (die Matrosen), ins Meer der Völker geworfen (Römer 11,11-15).
Jona 2,1-11
Alles, was Jehova schickt, bestellt, befiehlt, muss der Ausführung seiner Absichten dienen (Kapitel 1,4; 2,1.11, 4,6.7.8). Das ist für Jona und Ninive wahr, aber auch für den Herrn Jesus selbst. In dem schmerzlichen und inbrünstigen Gebet, das von diesem Ort des Todes emporsteigt, erkennen wir die Stimme Dessen, der aufs höchste bedrängt war (vergleiche Vers 3 mit Psalm 130,1; Vers 4 mit Psalm 42,7-, Verse 6,7 mit Psalm 69,1.2 usw.). Aber während Jona als Folge seines eigenen Ungehorsams in solche Bedrängnis kam, ist Christus wegen unserem Ungehorsam und zu unserem Heil durch die finsteren Wellen des Todes hindurchgegangen. Seine Todesnot ist unsere Errettung geworden.
Diese drei Tage im Bauch des großen Fisches sind die besten gewesen in der Geschichte Jonas. Sie lehren uns auch, dass wir in allen Umständen den Herrn Jesus anrufen können. Er gibt uns im voraus die volle Gewissheit, dass unser Gebet erhört wird. „Er antwortete mir“, verkündet der Prophet noch im Bauch des Fisches (Vers 3).
Der 9. Vers erklärt uns, warum wir die Gnade des Herrn manchmal so wenig genießen: wir richten unsere Blicke auf die nichtigen Götzen, derer sich Satan bedient, um die Menschen dieser Welt abzulenken und zu verführen.
Aber die Tatsache, der Gegenstand der Gnade Gottes gewesen zu sein, bestärkt in Jona die stolze Selbstsucht, die unserer Natur eigen ist.
Jona 3,1-10
Der „Ruf“ Jonas durch die Stadt Ninive ist eigentlich die einzige Prophezeiung, die wir in seinem Buch finden. Und selbst diese erfüllt sich nicht, denn auf seine Predigt hin fürchten die Bewohner der bösen Stadt Gott, allen voran der König; sie glauben seinem Wort und tun Buße. Nun ist es diese Gesinnung, die zum Himmel emporsteigt (Vers 10; Kapitel 1,2). Gott übt Gnade (siehe Jeremia 18,7.8). Und der Herr Jesus führte die Männer von Ninive den Juden seiner Zeit als Beispiel an, während sie unendlich „mehr als Jonas“ in ihrer Mitte hatten (Matthäus 12,40.41). In der Tat, wie viel größere Verantwortung hatten sie doch als die heidnischen Niniviten. Der Sohn Gottes war hier, gekommen, nicht um die Welt zu richten, sondern um sie zu erretten (Johannes 12,47). Sich als Sünder erkennen, den Herrn Jesus als Erlöser annehmen, das ist der einzige Weg, um der ewigen Verdammnis zu entgehen. Die Ankündigung des Gerichts ist ein Teil des Evangeliums. „Es ist den Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht“, warnt die Heilige Schrift (Hebräer 9,27). Dieses „einmal“ kann für dich, unbekehrter Leser, in einem Augenblick sein. Weißt du, ob du noch über eine Frist, und wären es nur 40 Tage, verfügst? (Lukas 12,20). „Deshalb auch ihr, seid bereit“, sagt der Herr Jesus in Matthäus 24,44. Ja, heute ist der Tag des Heils.
Jona 4,1-11
Die Vergebung, die Ninive gewährt wird, scheint der Predigt Jonas zu widersprechen und sie in Abrede zu stellen. Leider hat das Los der Stadt in den Augen Jonas weniger Gewicht als sein eigener Ruf. Er vergisst, dass er gerade selbst ein Gegenstand der Gnade gewesen ist; er findet keine Freude an dieser Gnade, sondern nur an seinem eigenen Wohlbehagen (Schluss von Vers 6).
Jona erinnert uns an Elia, der entmutigt unter seinem Ginsterstrauch saß (vergleiche Verse 3 und 8 mit 1. Könige 19,4). Und wie er, sind auch wir fähig, uns über kleine Dinge aufzuregen. Beim kleinsten „Wunderbaum“, einem ungewissen Schutz, den Gott uns wegnimmt, gerät unser Blut in Wallung! Dabei geht es um das ewige Leben der vielen Menschen um uns her.
Hätte sich da nicht eine neue Gelegenheit zum Dienst vor dem Propheten geöffnet, anstatt murrend auf seinem Beobachtungsposten zu verharren? (Vers 5). Sollte er nicht in das verschonte Ninive zurückkehren, diesmal mit einer ganz anderen Botschaft: um dort den Namen dieses Gottes zu verkünden, den er als einen Gott der Gnade kannte, „barmherzig... groß an Güte... “, und der dies soeben auf so offensichtliche Weise bestätigt hatte? Eine außergewöhnliche Gelegenheit - eine verlorene Gelegenheit! Lasst uns nicht aus Selbstsucht und Hartherzigkeit die Gelegenheiten verpassen, die der Herr heute jedem von uns gibt (2. Könige 7,9).