Ährenlese im Alten Testament (Hosea)
Hosea 1-7
Hosea 1,1-11
Die Weissagungen Hoseas, eines Zeitgenossen Jesajas, führen uns in die Zeit des zweiten Buches der Könige zurück, in die Zeit vor den Wegführungen. Sie richten sich hauptsächlich an die zehn Stämme (oft Ephraim genannt, nach dem Namen ihres Anführers), die sich schneller dem Götzendienst ergeben haben als Juda. Durch seine Götzen verunreinigt, treulos gegenüber dem Bündnis mit seinem Gott, wird Israel hier durch das Hurenweib dargestellt, das der Prophet sich zur Frau nehmen muss. Selbst die Namen ihrer Kinder bedeuten Verurteilung (vergleiche Jesaja 8,1-4 - lasst uns klar festhalten, dass die Ausdrücke „Hurerei treiben“ oder „Ehebruch treiben“ in diesen Kapiteln immer bedeuten, Gott zu verlassen und Götzen anzuhangen). Israel hat die Beziehungen, die es mit Jehova verbunden haben, selbst zerstört. Der 10. Vers, den Paulus im Brief an die Römer anführt, lehrt uns jedoch, dass die Übertretung Israels eine unerwartete und wunderbare Wirkung zur Folge hat: die Gläubigen, „nicht allein aus den Juden, sondern auch aus den Nationen“, werden fortan „Söhne des lebendigen Gottes“ genannt werden (Römer 9,24-26). Dieser lebendige Gott wird zum Vater. Dem Urteil „Lo-Ammi“, ausgesprochen über das schuldige Israel, folgte die Berufung eines himmlischen Volkes, einer Familie, die sich mit ihrem Gott und Vater einer unauflöslichen Beziehung erfreut, welche selbst durch unsere Sünden nicht beeinträchtigt werden kann (1. Petrus 2,10).
Hosea 2,1-17
Die Rechtssache Israels ist nicht zu verteidigen (Vers 2; vergleiche Jesaja 1,18). Nach einer niederschmetternden Anklagerede verkündet Gott die Strafmassnahmen über die Untreue dieses Volkes,: „Darum siehe, ich will deinen Weg mit Dornen verzäunen...“ (Vers 6), „Darum werde ich mein Korn zurücknehmen...“ (Vers 9). „Darum... „ und man könnte eine noch strengere Strafe erwarten. Aber was wird im 14. Vers angekündigt? „Darum siehe, ich werde sie locken und sie in die Wüste führen und ihr zum Herzen reden.“ Unvergleichliche Gnade Gottes! Die Sünde der Seinen wird für Ihn zum Anlass, sein unendliches Erbarmen zu entfalten. Statt die undankbare und schuldige „Gemahlin“ fortzujagen, nimmt Er sie bei der Hand, um unter vier Augen auf eine herzergreifende Weise zu ihr zu reden. Warum aber wird dieses unglückselige Tal Achor erwähnt? Erinnerte es nicht an die Sünde Achans mit ihren tragischen Folgen? (Josua 7,26). Aber Gott hat gerade dieses Tal dazu auserwählt, fortan „zu einer Tür der Hoffnung“ zu werden (vergleiche Jesaja 65,10). Moralisch gesprochen, ist es für uns genau gleich. Das Tal innerer Unruhe, der Ort, wo wir es wegen unseren begangenen Sünden mit Gott zu tun haben, wird zu „einer Tür der Hoffnung“. So zeigt uns Gott, dass der Genuss der Gemeinschaft mit Ihm das Bekenntnis unserer Sünden als notwendigen Ausgangspunkt hat.
Hosea 2,18-3, 5
In der abgehackten Schreibweise, die diesem Propheten eigen ist, lässt er auf die Beschreibung des tragischen Zustands Israels ohne Übergang die Verheißung der Wiederherstellung folgen (V. 18-23). Die Gnade Gottes wird neue Bande mit seinem Volk anknüpfen. Dieses wird nicht mehr Sklave sein, wie die gekaufte Frau (Kap. 3,2), und nicht mehr sagen: „mein Baal“ (mein Meister), sondern „mein Mann“ (Kap. 2,16). „Ich will dich mir verloben“, wiederholt der Herr dreimal, wie um seine Verpflichtung zu bekräftigen (V. 19,20). Wie der Verlobungsring am Finger einer jungen Braut, so hätte diese Verheißung zum Herzen des armen Volkes reden und es anspornen sollen, seine Zuneigungen zu Jehova eifersüchtig zu hüten (vergl. Jer 2,2). Das gilt auch für die Versammlung, die ganz für Christus da sein sollte. „Ich habe euch einem Manne verlobt“, sagt Paulus den Korinthern (2. Kor 11,2), und in Epheser 5,25-27 offenbart er, was Christus für die Versammlung getan hat, was Er jetzt tut und noch tun wird.
Die kurzen Weissagungen des dritten Kapitels beschreiben auf treffende Weise den gegenwärtigen Zustand der Kinder Israels: sie haben weder König noch Gottesdienst, sie dienen weder Göttern noch Jehova (V. 4). Das Haus Israels ist leer, gekehrt und geschmückt, bereit zur Erfüllung von Matthäus 12,44-45. Danach aber folgt seine Umkehr und seine Wiedereinsetzung in die göttlichen Segnungen durch die Güte des Herrn (V. 5).
Hosea 4,1-19
Die Verse 1 und 2 erinnern uns an Römer 3,9-19, wo nicht nur von den Juden, sondern von allen Menschen die Rede ist. Israel hat jedoch eine zusätzliche Verantwortung, weil es „die Aussprüche Gottes“ hatte, aber absichtlich die Erkenntnis verworfen und das Gesetz vergessen hat (Vers 6; Römer 3,2). Es hat seinen Gott verlassen (Vers 12b), um den Götzen anzuhangen. Redet dieser Ausdruck nicht zu uns Christen? Es gibt unzählige Möglichkeiten und Gelegenheiten, um uns der Autorität zu entziehen, die der Herr über unser Leben haben muss!
Welche Strafe wird diesmal das elende Volk treffen? Die schrecklichste, die es gibt: die Verlassenheit. Sein Zustand ist unheilbar, hoffnungslos. Gott gibt auf, es zurückzuhalten, und erklärt: „So werde auch ich deine Kinder vergessen“ (Vers 6). „Ich werde es an euren Töchtern nicht heimsuchen“ (Vers 14) und weiter unten: „Ephraim ist mit Götzen verbündet; lass ihn gewähren!“ (Vers 17). Dieses schreckliche Bild der Verderbtheit der zehn Stämme muss jedoch als Warnung für Juda dienen. Gilgal und Bethel (Haus Gottes), Orte der Verheißungen und Segnungen in der Geschichte Israels, sind Mittelpunkte der Ungerechtigkeit geworden, zu Hauptorten gottloser Religion. Jehova befiehlt Juda ausdrücklich, nicht hinaufzuziehen (Vers 15).
Hosea 5,1-15
Der Prophet wendet sich ganz besonders an die Führer Israels: die Priester, das Haus des Königs. Sie, die mit dem guten Beispiel hätten vorangehen sollen, sind dem Volk zu einer Schlinge geworden (Vers 1). Und das Ergebnis ist schrecklich: „Im Verderbthandeln haben es die Abtrünnigen weit getrieben“ (Vers 2). In Kapitel 4,15 hatte Jehova Juda inständig gebeten, es Ephraim nicht gleichzutun. Vergeblich! Nachdem der 5. Vers den Fall Ephraims ankündigt, wird sogleich hinzugefügt: „auch Juda fällt mit ihnen“. Wie viel Widersinn und wie viel Hochmut bei diesen unglücklichen Israeliten! (Vers 5). „Ihre Handlungen gestatten ihnen nicht, zu ihrem Gott umzukehren“ (Vers 4). Und doch nahen sie sich Jehova mit Opfern, wie wenn nichts geschehen wäre. Aber sie werden Ihn nicht finden (Vers 6), denn wenn man vorgibt, einen Gottesdienst auszuüben, ohne zuvor die Frage seiner Sünden mit Ihm geregelt zu haben, dann beleidigt man Gott. Ephraim entdeckt seine Krankheit (Vers 13). Aber statt sich schuldig zu bekennen (Vers 15) und sich an den großen Arzt zu wenden, geht es zum Assyrer. So geht es vielen Leuten. Wenn ihr Gewissen sie beunruhigt, suchen sie Hilfe und Zerstreuung in einer Welt, die sie nicht heilen kann, anstatt sich vor Gott zu demütigen.
Hosea 6,1-11
Hosea hat soeben ausgesprochen, worauf Gott wartet, um Israel zu heilen: „dass sie ihre Schuld büßen und mein Angesicht suchen“ (Kapitel 5,15). Ist es nicht ergreifend, gleich darauf den Propheten zu sehen, wie er das Volk gewissermaßen bei der Hand nimmt und zu ihm sagt: „Kommt und lasst uns zu Jehova umkehren... “? Der, welcher geschlagen hat, wird uns verbinden. Ein Hirt erklärte einmal, wie er einem törichten Schaf selbst ein Bein brechen musste, damit es sich an ihn halte und sich seiner Fürsorge nicht entziehe. Der 4. Vers kehrt wieder zum Bild des sittlichen Zustands des Volkes zurück - und leider ist das auch das Bild vieler Christen. Wie viele haben eine vielversprechende Bekehrung gehabt, und jetzt könnte dieser Vorwurf auch ihnen gelten: „Eure Frömmigkeit ist wie der Tau, der früh verschwindet“ (Vers 4; Offenbarung 2,4). Oh, möchte der Herr doch trotz der abstumpfenden Kontakte, die wir mit dieser Welt haben müssen, die Frische unserer Zuneigungen zu Ihm erhalten! Ephraim und Juda brachten vergeblich Tiere als Schlachtopfer dar (Kapitel 5,6). Jehova antwortet ihnen: „An Frömmigkeit habe ich Gefallen und nicht am Schlachtopfer“ (Vers 6, den der Herr mit dem Ausdruck „Barmherzigkeit“ zweimal den Pharisäern gegenüber anführt: Matthäus 9,13; 12,7). Die Liebe zu Christus und die Liebe zum Nächsten, die daraus hervorgeht, ist die einzige Triebfeder, die Gott für irgendeinen Dienst anerkennt (1. Korinther 13,1-3).
Hosea 7,1-16
„Ich will Israel heilen... „ (Vers 1). „Und ich möchte sie erlösen.“ (Vers 13). Das sind auch die Gedanken des Herrn dir gegenüber, unbekehrter Freund. Aber dein Wunsch muss dem seinen entsprechen (Johannes 5,6). Später hat der Herr Jesus von Jerusalem gesagt: „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen..., und ihr habt nicht gewollt!“ (Lukas 13,34).
Wir haben den elenden Zustand Israels bereits im Bild einer Ehebrecherin (Kapitel 2) und einer widerspenstigen Kuh (Kapitel 4,16) betrachtet. Hier wird es nacheinander mit einer Masse gärenden Teiges (Vers 4), mit einem Kuchen, der nicht umgewendet wurde (Vers 8), mit einer einfältigen Taube (Vers 11) und einem trüglichen Bogen (Vers 16) verglichen. Mit einem spöttischen Unterton brandmarkt Jehova sowohl seinen Hochmut als auch seinen Mangel an Verstand. Weil Ephraim sich mit Fremden eingelassen hat, wurde seine Kraft verzehrt. Die „grauen Haare“ (Vers 9) sind ein Zeichen dafür, dass die Kraft schwindet... „und er weiß es nicht“. Was uns betrifft, wollen wir es uns gut merken: jede Verbindung mit der Welt, in weicher Form es auch immer sei, lässt den Christen die Gemeinschaft mit dem Herrn verlieren und nimmt ihm, ohne dass er es sich bewusst ist, jede geistliche Kraft. Das Beispiel Simsons bestätigt dies auf höchst ernste Weise (Richter 16, lies Verse 19 und 20).