Die Gnade Gottes
Was ist Gnade?
Die Gnade Gottes ist die unverdiente Erweisung Seiner Liebe an sündigen Menschen. Ihr Wesen und ihr Maß können wir nicht ergründen und daher auch nicht vollständig beschreiben. Aber wir können forschen, was das Wort Gottes darüber sagt, und werden dabei immer reich belohnt werden. Schon im Alten Testament tritt sie besonders im Blick auf das Volk Israel immer wieder in Erscheinung, doch in Christus wird sie im Neuen Testament vollkommen offenbart
Das griechische Wort charis, das mit „Gnade“ übersetzt wird, hat auch die Bedeutungen „Gunst“ (z.B. Lk 2,52; Apg 2,47), „Gabe“ (z B. 1. Kor 16,3), „Dank“ (z B Lk 6,32-34; 17,9) und „wohlgefällig“ (1. Pet 2,19.20). Eng verwandt damit ist das Wort für „Freude“.
Gnade steht scheinbar im Gegensatz zu Gerechtigkeit; jedenfalls sind beide für uns Menschen unvereinbar. Entweder wird in Gerechtigkeit gehandelt, dann gibt es keine Gnade, oder die Gnade setzt die Gerechtigkeit außer Kraft. Wenn ein Staatsoberhaupt einen rechtmäßig verurteilten Verbrecher begnadigt, dann läßt er „Gnade vor Recht“ ergehen. Menschliche Gnade setzt also die Gerechtigkeit beiseite.
Wenn Gott so handelte, würde Er Seinem eigenen Wesen, das nicht nur Liebe, sondern auch Licht ist, untreu, und das ist unmöglich. Seine Gnade erweist sich nie auf Kosten Seiner Gerechtigkeit, sondern immer in vollkommener Übereinstimmung damit. Seine Gerechtigkeit fordert die Bestrafung der Menschen für ihre Sünden, aber in Seiner Liebe und Gnade hat Gott Seinen eigenen Sohn als „Sühnung für unsere Sünden“ gesandt (1. Joh 4,10) Am Kreuz auf Golgatha sind Seine heiligen und gerechten Anforderungen durch den Herrn Jesus vollständig erfüllt worden, und zugleich erstrahlt dort Seine anbetungswürdige Gnade, so daß die Prophezeiung von Psalm 85,10 in Erfüllung ging:
„Güte (oder: Gnade) und Wahrheit sind sich begegnet, Gerechtigkeit und Friede haben sich geküßt.“
Wenn also Gottes Handeln in Gnade und Gerechtigkeit eine göttlich vollkommene Harmonie aufweist, so gibt es doch etwas, das in unüberbrückbarem Gegensatz zu Seiner Gnade steht: die Erfüllung des Gesetzes und die Meinung, durch „gute Werke“ vor Gott bestehen zu können. Das Gesetz fordert, aber die Gnade gibt. Das Gesetz sagt: Tu dies, und es wird deine Gerechtigkeit sein, und du wirst leben (vgl. 3. Mo 18,5; 5. Mo 6,25). Für das Halten des Gesetzes sollte es also von Gottes Seite eine Belohnung geben. Aber es zeigte sich, daß kein Israelit imstande war, das Gesetz zu halten. Ähnlich ist es mit allen anderen menschlichen Bemühungen. Auch durch „gute Werke“ kann der Mensch nicht vor Gott bestehen. Diese Erkenntnis ist für den „religiösen“ Menschen niederschmetternd. Doch betrachten wir, was Gottes Wort dazu sagt: „Dem aber, der wirkt, wird der Lohn nicht nach Gnade zugerechnet, sondern nach Schuldigkeit.“ – „Wenn aber durch Gnade, so nicht mehr aus Werken; sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade.“ -„Ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade“ (Röm 4,4; 11,6; 6,14).