Die Sterne und die Bibel
Notwendige Vorbemerkungen
In Ewigkeit, Herr, steht dein Wort fest in den Himmeln. (Psalm 119,89)
Bei der Behandlung eines Gegenstandes wie dem vorliegenden: Welche Bedeutung haben die Sterne in der Bibel? müssen wir uns vor Augen halten, welchen Zweck die Bibel überhaupt verfolgt - wie man das ja auch sonst bei einem Buche tun muss. So sei denn zuvor etwas über den Hauptinhalt des Buches der Bücher gesagt.
Die Heilige Schrift behandelt die Geschichte des Menschen und sein Verhältnis zu Gott. Durch den Sündenfall kam der Mensch unter die Macht Satans und der Sünde; das Verhältnis war gestört, und der Mensch ist seither in Feindschaft wider Gott. Dies zeigte sich immer wieder, besonders in der Geschichte des auserwählten Volkes Israel. Dem Volke war durch die Propheten lange vor Seinem Erscheinen der Messias verheißen worden; und als Er in Jesus Christus kam, verwarfen und kreuzigten die Juden Ihn, den Mensch gewordenen Sohn Gottes. Gott, der alles und auch dies voraussah, benutzte diese Schandtat und ließ durch Seinen Sohn auf dem Kreuz von Golgatha das Erlösungswerk vollbringen, das ebenfalls lange vorher angekündigt war. Sodann zeigt die Bibel die ewigen Folgen der Annahme oder der Verwerfung dieses Werkes: ewige Errettung oder ewige Verdammnis. Israel wird nach einer Zeit schwerster Drangsale seinen aufs Neue kommenden König annehmen, der dann Sein tausendjähriges Friedensreich aufrichten wird.
Zeitlich eingerahmt von der Geschichte Israels und im Alten Testament nicht geoffenbart ist die Zeit der Kirche oder Versammlung, der lebendigen Vereinigung aller wahrhaft wiedergeborenen Christen. Diese Zeit wird durch die Entrückung dieser wahren Kirche ihren Abschluss finden. Parallel damit wird für die gleiche Zeitspanne, in der die „Uhr“ Israels gleichsam steht, die Geschichte des leblosen Bekennertums und der abtrünnigen Kirche gezeigt, die in den Gerichten endet. Die letzte Zeit der Wege Gottes mit dem aufrührerischen Menschengeschlecht wird durch verschiedene Gerichte gekennzeichnet sein, die in dem Gericht vor dem großen weißen Thron (Offb. 20,11) ihren Höhepunkt und Abschluss für ewig finden werden. Hiernach wird alles und werden alle an den ihnen gebührenden Platz gestellt sein.
Durch alle Zeiten hin bis zu den schweren Gerichten ziehen sich die rührenden Bemühungen der Liebe Gottes zur Rettung und Segnung des widerspenstigen und verlorenen Menschen.
Das sind in ganz kurzen Worten einige Hauptlinien der biblischen Lehre.
Es ist einleuchtend, dass ein solches Werk wie die Bibel kein Geschichtsbuch ist, wenn es auch manches aus der Geschichte berichtet. Und ebenso wenig ist es ein Naturkundebuch trotz zahlreicher Hinweise auf Schöpfung und Natur, und schon gar kein Buch für den Spezialgelehrten! Vielmehr wendet sich Gott in der Bibel an alle Menschen, an Hohe und Niedrige, an Reiche und Arme, Gebildete und Unwissende, an Mann und Frau, an Jung und Alt. Er will, dass sie alle Ihn verstehen und Seine Worte annehmen; und auch für die Menschen in früheren Tagen war dies Seine Absicht, als die ersten Bücher der Bibel entstanden und das Wissen der Menschen nicht so groß war wie heute das unsrige. Wenn ein Fachgelehrter sein Wissensgebiet durch ein Buch einem großen, hierfür nicht besonders vorgebildeten Leserkreis zugänglich machen will, so wird er zwar nicht alle Einzelheiten bringen und bis zum letzten begründen können, dennoch wird alles, was er schreibt, richtig sein. Ebenso verhält es sich mit der Bibel, dem Worte Gottes.
Würde Gott in absoluten Maßstäben der Gottheit reden, so würde Ihn kein Mensch verstehen, auch der größte Gelehrte nicht. So neigt Er sich denn zu uns herab und spricht in einfachen Worten, redet, wie ein Vater zu seinen Kindern spricht. Er sagt erhabene, uns sonst unverständliche Dinge in Bildern und Gleichnissen. Und doch ist Sein Wort von einer Fülle und Tiefe, dass die größten Geister es nicht ausschöpfen können und dass man mit seinem Studium nie zu Ende kommt.
So gebraucht Gott in Seinem Wort auch Ausdrücke, wie sie uns geläufig sind, oft redet Er in dichterischer Sprache. Hierfür einige Beispiele: „Menschenkinder nehmen Zuflucht zu deiner Flügel Schatten“, und: „er wird mich verbergen in dem Verborgenen (Schirm, Schutz) seines Zeltes“ (Psalm 36,7; Psalm 27,5 ). Dies soll gewiss nicht bedeuten, dass Gott Flügel habe und in einem Zelte wohne, sondern bringt den Schutz und die Geborgenheit des Gläubigen in der unmittelbaren Nähe Gottes schön und sinnfällig zum Ausdruck. Wenn Gott sich den „Schöpfer der Enden der Erde“ nennt (Jes. 40,28), so will dieser Ausdruck ohne Frage nicht sagen, dass die Erde „Enden“ hat, sondern dass Gott die ganze Erde mit ihrer Fülle geschaffen hat, aber Er sagt es in dieser schönen Sprache. Wir benutzen auch solche Wendungen, und niemand nimmt Anstoß daran.
Zudem stellt Gott in Seinem Wort die Dinge so dar, wie sie uns auf der Erde erscheinen, Er lässt sich zu unserem relativen Standpunkt und begrenzten Horizont herab.
In 1. Mose 19,23 heißt es: „Die Sonne ging auf über der Erde, als Lot in Zoar ankam“. Auch wir sprechen so; selbst in den von Astronomen zusammengestellten Kalendern heißt es immer wieder „Sonnenaufgang“, „Sonnenuntergang“, obgleich jedermann weiß, dass die Sonne noch nie auf- oder untergegangen ist, sondern dass sie ununterbrochen ihre Licht- und Wärmefluten aussendet, von denen die Erde den knapp zweimilliardsten Teil erhält. Man kann sich nicht immer „wissenschaftlich genau“ ausdrücken. So gehen die Forscher z. B. von der scheinbaren Himmelskugel (Sphäre) aus, auf deren „Oberfläche“ das Auge des Beobachters die Gestirne zu projizieren gewohnt ist. In Wirklichkeit gibt es diese Kugel nicht, der Raum dehnt sich vielmehr nach allen Seiten in für uns unermessliche Weiten. Man kann aber praktisch bei der Bestimmung der Stellung und Bewegung der Sterne nicht ohne diese Kugel auskommen.
Ein Astronom spricht in einer 1966 erschienenen Arbeit von „nahe gelegenen Galaxien“ (Milchstraßensystemen), obgleich ihm natürlich bestens bekannt ist, dass diese riesigen Welteninseln nicht „liegen“, sondern im Raum schweben, ja, dass sie in allen ihren Teilen in ständiger Bewegung sind. Niemand wird den Verfasser wegen seiner Ausdrucksweise tadeln; so ist es auch nicht in Ordnung, der Bibel eine solche Ausdrucksweise als „verkehrt“ anzurechnen.
Dennoch ist alles, was die Heilige Schrift in geschichtlicher und naturwissenschaftlicher Hinsicht sagt, wahr, sie wäre sonst nicht Gottes Wort. So soll man auch, wenn es scheint, dass zwei Bibelstellen nicht zusammenpassen, nicht gleich von „Widersprüchen“ reden; diese haben ihre Ursache in dem noch zu geringen Verständnis des Lesers, aber nicht im Worte Gottes. „Die Worte des Herrn sind reine Worte - Silber, das geläutert in dem Schmelztiegel zur Erde fließt, siebenmal gereinigt“ (Psalm 12,6).