Einführung in das 2. Buch Mose

Einführung in das 2. Buch Mose

Das zweite Buch Mose ist ein Teil des sogenannten „Pentateuchs“, d.h. der fünf Bücher Mose. Der Ausdruck „Pentateuch“ setzt sich aus den Worten „pente“ (fünf) und „teuchos“ (ein Behälter für Buchrollen) zusammen. Es ist ein „Fünfbuch“. Ursprünglich war es ein einziges Buch, das Mose unter der Leitung des Geistes geschrieben hat. Der enge Zusammenhang dieser fünf grundlegenden Bücher des Alten Testaments zeigt sich schon darin, dass jedes der dem ersten Buch folgenden Bücher mit dem Wort „und“ beginnt. Diese fünf Bücher bilden tatsächlich eine Einheit.

  • Das erste Buch Mose wird häufig „Genesis“ (d.h. Anfang) genannt. Es ist das Buch des Anfangs des Handelns Gottes mit der Schöpfung und mit dem Menschen. Das neutestamentliche Gegenstück zum ersten Buch Mose im Neuen Testament sind die vier Evangelien.
  • Das zweite Buch Mose wird „Exodus“1 (Auszug oder Weggang) genannt. Es behandelt den Auszug der Kinder Israel aus Ägypten. Gott erlöst sein Volk, um bei ihnen zu wohnen. Man könnte dem Buch die Überschrift geben: „Erlöst und zu Gott gebracht“. Das neutestamentliche Gegenstück ist besonders der Römerbrief.
  • Das dritte Buch Mose heißt auch „Leviticus“ (das Buch der Leviten). Es spricht von dem Gottesdienst, den das Volk Israel Gott bringen sollte. Das neutestamentliche Gegenstück ist der Hebräerbrief, der uns auf Parallelen und auf Gegensätze zum alttestamentlichen Gottesdienst hinweist.
  • Das vierte Buch Mose – „Numeri“ (Zahlen, Zählung) genannt – spricht von der Ordnung des Volkes Gottes und von der Wüstenwanderung. Das neutestamentliche Gegenstück sind die beiden Briefe an die Korinther, die sich insbesondere mit der Ordnung in der Versammlung und dem Wandel der Kinder Gottes beschäftigen.
  • Das fünfte Buch Mose wird „Deuteronomium“ d.h. zweites Gesetz genannt. Das Buch ist jedoch mehr als eine Wiederholung des Gesetzes. Es beschäftigt das Volk besonders mit dem Erbteil, das vor ihnen lag und findet sein neutestamentliches Gegenstück z.B. im Philipperbrief.

Anders ausgedrückt kann man sagen:

  • In 1. Mose geht es um Leben aus Gott
  • In 2. Mose geht es um Erlösung durch Gott
  • In 3. Mose geht es um Dienst für Gott
  • In 4. Mose geht es um den Wandel mit Gott
  • In 5. Mose geht es um den Ausblick auf Gott

Verfasserschaft

Obwohl moderne Theologen und Bibelkritiker daran zweifeln, dass Mose der Verfasser ist, ist für jeden unvoreingenommenen Leser der Bibel klar, dass niemand anders als Mose als Autor des kompletten Pentateuchs das zweite Buch geschrieben hat. Es wird zu Recht nach ihm benannt. Anders als im ersten Buch (Genesis) war Mose beim Schreiben nicht auf eine Offenbarung Gottes angewiesen, sondern er hatte die meisten Dinge selbst erlebt und unter der Leitung des Heiligen Geistes (d.h. göttlich inspiriert) aufgeschrieben2.

Ein deutliches Beispiel, das klar macht, dass Mose im Auftrag Gottes schrieb, finden wir in Kapitel 17,14: „Und der Herr sprach zu Mose: Schreibe dies zum Gedächtnis in ein Buch, und lege in die Ohren Josuas, dass ich das Gedächtnis Amaleks ganz und gar unter dem Himmel austilgen werde“ (vgl. Kapitel 34,27). In Kapitel 24,4 lesen wir ebenfalls, dass Mose alle Worte des Herrn aufschrieb.

Das Neue Testament bestätigt die Verfasserschaft von Mose. Der Herr Jesus zitiert das 2. Buch Mose. Er sagt z.B.: „Dass aber die Toten auferstehen, hat auch Mose angedeutet ‚in dem Dornbusch‘, wenn er den Herrn ‚den Gott Abrahams und den Gott Isaaks und den Gott Jakobs‘ nennt“ (Lk 20,37). „Denn Mose hat gesagt: ‚Ehre deinen Vater und deine Mutter!‘, und: ‚Wer Vater oder Mutter schmäht, soll des Todes sterben.‘“ (Mk 7,10). Die Apostel zitieren ebenfalls dieses Buch in ihren Schriften. Insgesamt gibt es im Neuen Testament ca. 25 solcher Referenzen.

Wer also die Verfasserschaft Moses anzweifelt oder die in diesem Buch beschriebenen Wunder, leugnet nicht nur die Inspiration des Wortes Gottes, sondern verwirft darüber hinaus das Zeugnis des Herrn Jesus selbst.

Zeitliche Einordnung

Es ist nicht ganz einfach, das zweite Buch Mose zeitlich korrekt einzuordnen. Bibelforscher geben zum Teil abweichende Daten an. Tatsache ist jedenfalls, dass zwischen dem Ende des ersten Buches Mose und dem Beginn des zweiten Buches Mose eine Zeitdifferenz von etwa 300 Jahren liegt. Tatsache ist ebenfalls, dass die Nachkommen Jakobs 430 Jahre lang in Ägypten waren. Das lesen wir ausdrücklich in 2. Mose 12,40–41: „Und die Zeit, die die Kinder Israel in Ägypten gewohnt haben, ist 430 Jahre. Und es geschah am Ende der 430 Jahre, und es geschah an eben diesem Tag, dass alle Heere des Herrn aus dem Land Ägypten auszogen“. Einen weiteren Hinweis liefert uns eine Aussage in 1. Könige 6,1: „Und es geschah im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Kinder Israel aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Siw, das ist der zweite Monat, da baute er dem Herrn das Haus“.

Einer Zeittafel von A. Remmers folgend3 kommen wir zu folgender zeitlicher Einteilung (alle Jahreszahlen vor Christi Geburt):

1876 Jakob kommt nach Ägypten (1. Mo 47,9)
1805 Joseph stirbt (1. Mo 50,26)
1526 Mose wird geboren (2. Mo 2,2)
1486 Mose flieht nach Midian (Apg 7,23)
1446 Auszug Israels aus Ägypten (2. Mo 12,40; Apg 7,30)
1406 Mose stirbt (5. Mo 34,7)
1406 Einzug Israels in das Land (1. Kön 6,1)

Es gibt – neben den Hinweisen aus der Bibel – sowohl archäologische als auch historische Beweise, die in etwa die angegebenen Zeiten bestätigen.

Verbindung und Unterschiede zwischen dem ersten und zweiten Buch Mose

Es gibt eine Reihe von Verbindungslinien und Schnittpunkten zwischen den beiden ersten Büchern Mose. Es gibt ebenso deutliche und augenfällige Unterschiede. Der Anfang des zweiten Buches setzt zweifellos die Geschichte des ersten Buches fort – wenngleich mit einem großen zeitlichen Abstand. Das Ende von 1. Mose berichtet davon, dass Jakob mit seiner Familie nach Ägypten kam und dort blieb. Genau an diesem Punkt setzt das 2. Buch Mose auf. In 1. Mose 15,13–14 hatte Gott Abraham schon vorab angekündigt, dass seine Nachkommen eine lange Zeit in Ägypten sein würden und dass er sie von dort wegführen würde. Das erfüllt sich nun. Gleiches gilt für die Zusage Gottes an Jakob (vgl. 1. Mo 46,3).

Dennoch sind besonders die Unterschiede bemerkenswert, von denen ich drei nennen möchte:

  • Im ersten Buch beschäftigt Gott sich mit einzelnen Menschen. Er gibt uns insgesamt sieben äußerst lehrreiche Biographien. Im zweiten Buch geht es um ein Volk4. Gott rettet die Familie Jakobs und nennt Israel zum ersten Mal „mein Sohn“ (2. Mo 4,22). Das Buch zeigt uns sozusagen die „Geburtsstunde“ des Volkes Israel. 2. Mose 15,13 spricht von dem „Volk, das du erlöst hast“.
  • Das erste Buch Mose ist das Buch des Anfangs. Es beginnt mit der Schöpfung. Beim Lesen fällt auf, dass viele grundsätzliche Themen der Bibel in diesem Buch angesprochen werden (z.B. die Beziehung des Menschen zu Gott und untereinander, die Versuchung und der Sündenfall, die Notwendigkeit eines Opfers, die Offenbarung der Gnade Gottes, der Grundsatz der Regierung Gottes, Rechtfertigung, Sohnschaft, Auserwählung usw.). Doch bei der Fülle der Themen fehlt ein Thema vollständig. Es wird im ersten Buch nicht über Erlösung gesprochen. Das Wort kommt außer in Kapitel 48,16 (in einem anderen Sinn) nicht vor. Genau dieses Thema wird im 2. Buch Mose ausführlich behandelt. Gott zeigt uns erstens die Notwendigkeit der Erlösung, indem Er den bösen und verdorbenen Zustand des Menschen vorstellt. Er zeigt uns zweitens sein Handeln in der Erlösung, um diesem Zustand zu begegnen und ihn zu beenden. Drittens geht es um die herrlichen Folgen der Erlösung, indem Gott jetzt bei einem erlösten Volk wohnt.
  • Ein Stichwort im ersten Buch ist „Leben“. Gott beginnt damit zu beschreiben, wie Leben begann. Dabei fällt auf, dass das Buch, das mit „Leben“ beginnt, mit „Tod“ endet. Im letzten Vers lesen wir: „Und Joseph starb, 110 Jahre alt; und sie balsamierten ihn ein, und man legte ihn in eine Lade in Ägypten“ (1. Mo 50,26). Die Lade (der Sarg) hat sozusagen das letzte Wort in diesem Buch, das mit Leben beginnt. Das erinnert uns daran, dass durch die Sünde der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist (Röm 5,12). Der große Wendepunkt zum Negativen im 1. Buch Mose ist der Sündenfall. Deshalb ist Erlösung notwendig. Genau hier setzt das zweite Buch Mose auf. Es zeigt, wie verhängnisvoll der Tod ist und spricht von der Knechtschaft in Ägypten. Es endet mit der Herrlichkeit Gottes. Der große Wendepunkt zum Positiven ist die Erlösung, die Gott schafft, damit Er ein Volk hat, das Ihm dient und in dessen Mitte Er wohnt.

Die vorbildliche Bedeutung für uns

Das zweite Buch Mose ist viel mehr als ein interessantes Geschichtsbuch, das uns zeigt, wie eines der bemerkenswertesten Völker unserer Erde entstanden ist und begonnen hat. Es beschreibt mehr als einen Kampf zwischen zwei ungleichen Kontrahenten, d.h. dem Kampf eines unterdrückten Sklavenvolkes gegen das mächtigste Volk der damaligen Welt. Was uns an diesem Buch besonders interessiert, ist vielmehr geistliche Belehrung für uns. Es gibt kaum ein Buch im Alten Testament, das so reich an bildhafter (typologischer) Bedeutung ist wie gerade dieses Buch. Dazu einige Beispiele:

  • 1. Korinther 5,7 erwähnt das Passah und bezieht es auf Christus. Er hat dieses Bild aus dem 2. Buch Mose erfüllt.
  • Der Durchzug durch das Rote Meer ist keine Legende, sondern Wahrheit. Trotzdem interessiert uns die geistliche Bedeutung. Wir finden sie in Hebräer 2,14–15. Dort lernen wir, dass der Herr Jesus durch den Tod den zunichte gemacht hat, der die Macht des Todes hatte, um uns aus der Knechtschaft (Sklaverei) zu befreien.
  • Der Herr Jesus spricht von dem Man in der Wüste (Joh 6,31). In seiner Person sehen wir, was diese Nahrung in der Wüste geistlich für uns bedeutet.
  • Der Hebräerbrief schreibt ausführlich über die „Stiftshütte“ und zeigt, was die verschiedenen Vorschriften darüber aus dem 2. Buch Mose für uns heute bedeuten.
  • Die ersten Verse von 1. Korinther 10 beziehen sich eindeutig auf Ereignisse im 2. Buch Mose. Dort wird z.B. deutlich, dass der Fels, aus dem Israel trank, erneut typologisch von Christus selbst spricht. „Der Fels aber war der Christus“ (Vers 4).

Wichtig ist der Hinweis in 1. Korinther 10,11. Paulus schreibt dort: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder5 und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf die das Ende der Zeitalter gekommen ist“. Wenn wir im Neuen Testament – besonders im Römerbrief – etwas über die Erlösung lernen, dann illustrieren und erklären uns die Geschehnisse im 2. Buch Mose diese wichtige Wahrheit.

Vier Gesichtspunkte

Wir können die historischen Ereignisse und Begebenheiten aus dem Alten Testament – und das trifft besonders für das zweite Buch Mose zu – in der Regel unter vier verschiedenen Gesichtspunkten lesen.

  1. Sie haben eine historische Bedeutung. Was im Alten Testament beschrieben wird, hat sich tatsächlich so ereignet. Es handelt sich nicht um Fabeln oder Legenden oder Mythen, sondern um Geschichte, die sich so ereignet hat, wie Gott es beschreibt. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass Gottes Wort nicht zuerst ein „Geschichtsbuch“ ist, sondern dass es uns geistlich unterweist. Gott schreibt Geschichte anders, als ein Historiker es tun würde. Das tut Er mit Absicht so. Daraus dürfen wir jedoch niemals den Rückschluss ziehen, dass es historische Fehler in der Bibel gibt6. Die Bibel ist völlig fehlerfrei.
  2. Sie sprechen sehr praktisch in unserer tägliches Leben hinein. Wir lernen Lektionen, die wir sofort in unseren Alltag übertragen können. Im 2. Buch Mose lernen wir z.B. wie Gott machtvoll in unsere Umstände eingreift, wir lernen von dem Glaubensvertrauen Moses und seiner Eltern, von der Vorbereitung eines Dieners zum Dienst oder wir bekommen Hinweise für unser Familienleben.
  3. Sie geben uns häufig ein prophetisches Bild im Blick auf das Volk Israel. Im 2. Buch Mose ist das augenscheinlich. Hass und Feindschaft feindlicher Mächte gegen das Volk durchziehen die jahrhundertlange Geschichte dieses Volkes und werden einen Höhepunkt in der Zukunft in der furchtbaren Drangsal (in Jeremia 30,7 die „Drangsal für Jakob“ genannt) finden. Diese Drangsal wird das Volk treffen, bevor der Messias es im tausendjährigen Friedensreich segnen wird. Die Rettung aus Ägypten ist symbolhaft für die Rettung des Volkes Israel kommender Tage. Gottes Erlösung wird immer über die Macht Satans triumphieren (vgl. z.B. Jes 11; Jer 16,14–15).
  4. Sie geben uns geistlichen Unterricht und erklären uns neutestamentliche Wahrheiten. Im 2. Buch Mose geht es dabei speziell um das Thema „Erlösung“. Die Rettung des Volkes Israel aus der Hand des Pharao illustriert uns die neutestamentliche Wahrheit, wie ein Gläubiger aus der Knechtschaft Satans befreit wird. Was uns besonders der Römerbrief der Lehre nach erklärt, wird im Alten Testament bildlich illustriert, damit wir es besser verstehen können.

Das Buch der Erlösung

Das 2. Buch Mose ist das Buch der Erlösung und macht uns drei Dinge klar:

  1. Warum Erlösung notwendig ist: Das Volk Israel befand sind in Ägypten und zwar unter dem Herrschaftsbereich des Pharao. Anders als im 1. Buch Mose ist der Pharao in diesem Buch ein Bild des Teufels, der die Menschen in seiner Gewalt hält und sie knechtet. Ägypten ist ein Bild dieser Welt, die unter dem Herrschaftsbereich Satans ist. Die Welt wird hier nicht in ihrem verlockenden Charakter gezeigt, sondern in ihrem dominanten und beherrschenden Charakter. Satan ist der „Fürst dieser Welt“ (Joh 14,30). Er hält jeden Menschen von seiner Geburt an in seiner Gewalt. Der Mensch von Natur ist keineswegs frei, sondern unterdrückt. Sünde und Tod unterjochen ihn. Er muss der Sünde dienen. Römer 6 spricht zweimal davon, dass wir „Sklaven der Sünde“ waren (Röm 6,17.20). Dieses „Gesetz der Sünde“ war gleichzeitig ein „Gesetz des Todes (Röm 8,2), d.h. der Zwang zum Sündigen hatte zwangsläufig den Tod zur Folge7. Das alles ist eine Folge der Tatsache, dass der Teufel die Menschen kontrolliert und unterdrückt und sich niemand dagegen wehren kann. Deshalb ist Erlösung nötig. Die Erlösung aus dieser Knechtschaft wird im Neuen Testament so beschrieben: „ ... damit er durch den Tod den zunichtemachte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, die durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren“ (Heb 2,14–15). Galater 1,4 macht klar, dass wir aus dem gegenwärtigen Zeitlauf dieser Welt – unter der Herrschaft Satans – herausgenommen worden sind.
  2. Wie die Erlösung zustande gebracht worden ist: Zwei große Ereignisse aus dem 2. Buch Mose treten in den Vordergrund. Erstens das Passah, das in Ägypten gefeiert wurde und Israel vor dem gerechten Gericht Gottes schützte, das die Ägypter traf. Zweitens der Durchzug durch das Rote Meer, durch das Israel dem Einflussbereich des Pharao entzogen worden ist. Beide Ereignisse erinnern an die beiden großen Seiten des Evangeliums, so wie Paulus es den Römern erklärt.
    a) Wir sind geschützt vor dem gerechten Gericht Gottes, das jeden Sünder treffen muss. Wir haben das Blut des Herrn Jesus nötig, das uns schützt. Das ist die Erlösung von unserer Schuld. Gott sieht das Blut des Herrn Jesus und kann nun vergeben. Kolosser 1,14 verbindet die Erlösung in Christus unmittelbar mit der Vergebung: „... in dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden“. Das Passahlamm ist eines der trefflichsten Bilder unseres Herrn in seinem Werk auf Golgatha. Wir sind nicht mit verweslichen Dingen erlöst, „sondern mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“ (1. Pet 1,19). Über den Pharao und sein Volk kam das gerechte Gericht Gottes, während die Kinder Israel unter dem Schutz des Blutes sicher waren.
    b) Wir sind dem Machtbereich Satans entzogen worden. Das hat Christus ebenfalls durch seinen Tod und seine Auferstehung in Macht vollbracht. Der Schutz vor dem Gericht war von Blut gekennzeichnet, das fließen musste. Die Befreiung aus der Hand des Pharao war von Macht gekennzeichnet. Wir wissen jetzt, dass wir befreit und gerettet sind. In Römer 6 erinnert Paulus daran, dass unsere Sklaverei nun hinter uns liegt (Vers 17). Wir sind befreit worden, d.h. „freigemacht von der Sünde“ (Vers 18). Der Gläubige ist nicht mehr gezwungen zu sündigen. Die Knechtschaft ist beendet. So wie das Volk Israel auf der anderen Seite des Meeres in der Wüste ein Loblied anstimmte, befinden wir uns jetzt jenseits des Bereiches des Todes an einem Ort, der von Auferstehung und Leben spricht. Gleichzeitig macht der weiter oben zitierte Vers aus Hebräer 2,14 klar, dass in diesem Sieg des Herrn Jesus die Macht Satans gebrochen worden ist. Was für die Kinder Israel Befreiung bedeutete, brachte dem Pharao und seinem Heer den Tod und das Ende.
    Es ist völlig klar, dass diese Erlösung Gottes Werk ist. Ohne sein aktives Eingreifen kann es keine Erlösung geben. Dennoch macht der Hebräerbrief klar, dass sowohl das Passah als auch der Durchzug durch das Rote Meer auf Seiten des Volkes Israel Glauben erforderte. „Durch Glauben hat er das Passah gefeiert und die Besprengung des Blutes, damit der Verderber der Erstgeburt sie nicht antaste. Durch Glauben gingen sie durch das Rote Meer wie durch trockenes Land, was die Ägypter versuchten und verschlungen wurden“ (Heb 11,28–29). Das Heilmittel ist etwas, das immer von Gott kommt. Es war sein Plan und es ist sein Werk. Dennoch bekommen wir es nicht ohne zu glauben. Der Glaube gleicht einer Hand, die das, was Gott tut, im Gehorsam ergreift und annimmt. Das ist Glaubensgehorsam (Röm 1,5; 16,26).
  3. Warum und wozu Gott sein Volk erlöst: Erlösung hat kein Ziel in sich selbst. Es war nicht nur die Befreiung aus Ägypten an sich, sondern Gott wollte ein Volk für sich haben. Er wollte ein Volk haben, das Ihm dienen und in dessen Mitte Er wohnen würde. Deshalb folgen im dritten Teil des Buches detaillierte Anweisungen zum Bau der Stiftshütte. In dem Lied der Erlösung ist davon die Rede, dass Gott in der Mitte seines Volkes wohnt. „Du hast durch deine Güte geleitet das Volk, das du erlöst hast, hast es durch deine Stärke geführt zu deiner heiligen Wohnung... Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg deines Erbteils, die Stätte, die du, Herr zu deiner Wohnung gemacht hast, das Heiligtum, Herr, das deine Hände bereitet haben“ (2. Mo 15,13.17). Diese Verse können als Schlüsselverse des ganzen Buches angesehen werden. Wenig später in Kapitel 19,4 sagt Gott: „ich habe euch zu mir gebracht“. Das war – und ist – das Ziel der Erlösung. Gott konnte damals nur bei einem erlösten Volk wohnen und nur ein erlöstes Volk konnte Ihm Gottesdienst bringen. Das ist heute nicht anders. Paulus schreibt an Titus: „ ... der sich selbst für uns gegeben hat, damit er uns von aller Gesetzlosigkeit loskaufte und sich selbst ein Eigentumsvolk reinigte, das eifrig sei in guten Werken“ (Tit 2,14). Apostelgeschichte 15,14 spricht davon, dass Gott sich jetzt in der Zeit der Gnade ein Volk nehmen wollte „für seinen Namen“.

Über allem strahlt die Herrlichkeit unseres Erlösers hervor, wenn wir uns mit den Bildern der Erlösung beschäftigen. Erlösung kann man nie von dem trennen, der uns die Erlösung gebracht hat. So lernen wir im 2. Buch Mose viel über seine Erlöserherrlichkeit.

Gliederung

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das 2. Buch Mose einzuteilen. Einige Bibelausleger sehen zwei große Teile in dem Buch, andere drei. Letzterer Auffassung folgend, können wir folgende Grundeinteilung vornehmen:

Kapitel 1 – 18: Israel in Ägypten und ihre Rettung aus Gnade
Kapitel 19 – 24: Die Einführung des Gesetzes
Kapitel 25 – 40: Die Vorschriften zum Bau des Heiligtums und des Priestertum

Der erste Teil – der sich speziell mit der Erlösung beschäftigt – kann wiederum wie folgt eingeteilt werden:

Kapitel 1: Israel in Knechtschaft
Kapitel 2 – 4,28: Mose – der von Gott bestimmte Retter
Kapitel 4,29 – 7,13: Mose und Aaron vor dem Pharao
Kapitel 7,14 – 11: Neun Plagen über Ägypten und die Ankündigung des zehnten Gerichts
Kapitel 12 – 13,16: Die Errettung durch das Blut des Lammes und das Gesetz der Erstgeburt
Kapitel 13,17 – 14: Errettung durch Macht am Roten Meer
Kapitel 15: Das Lied der Erlösung
Kapitel 16 – 18: Erste Erfahrungen des erlösten Volkes

Darauf folgt der zweite Teil – die Gesetzgebung – in den Kapiteln 19 – 24.

Der Schlussteil – die Vorschriften zum Bau des Heiligtums und des Priestertums – kann wie folgt eingeteilt werden:

Kapitel 25 – 31: Die Stiftshütte und das Priestertum
Kapitel 32: Israels Sünde und Auflehnung gegen Gott
Kapitel 33 – 34: Die Fürsprache Moses
Kapitel 35 – 39: Der Bau der Stiftshütte
Kapitel 40: Das Werk Gottes wird in Herrlichkeit beendet

Fußnoten

  • 1 Im Hebräischen heißt dieses Buch „Namen“, nach den Anfangsworten „Dies sind die Namen der Söhne Israels, die mit Jakob nach Ägypten kamen.“ In der abendländischen Tradition wird es jedoch durchweg Exodus genannt. Exodus ist die lateinische Form des griechischen Wortes „exodos“, das wörtlich „Ausgang“ oder „Auszug“ bedeutet (ex = aus, hodos = Weg).
  • 2 Es ist wichtig, dass wir lernen zwischen „Offenbarung“ und „Inspiration“ zu unterscheiden. Alles, was in der Bibel steht, ist göttlich inspiriert (d.h. von „Gott gehaucht“; vgl. 2. Tim 3,16; 2. Pet 1,21), aber nicht alles ist notwendigerweise vorher offenbart worden. Dinge, die die Verfasser selbst erlebt, erfahren oder gehört hatten, mussten ihnen nicht mehr offenbart werden. Lediglich Dinge oder Wahrheiten, die sich nicht kannten, wurden zuerst offenbart und dann unter der Leitung des Heiligen Geistes aufgeschrieben (1. Kor 2,6-16).
  • 3 Vgl. Arend Remmers, Die Bibel im Überblick, Seite 69
  • 4 Insgesamt nennt Gott das Volk in 2. Mose 14-mal „mein Volk“. Die erste Referenz ist in Kapitel 3,10 und die letzte in Kapitel 10,4. Im 1. Buch Mose kommt der Ausdruck „Volk“ zwar einige Male vor, jedoch nicht in dem Sinn, dass Gott von seinem eigenen Volk (dem Volk Israel) spricht. Das ist erst im 2. Buch Mose (dem Buch der Erlösung) der Fall. Die Menschen, die durch die Erlösung Gottes miteinander verbunden sind, nennt Er „mein Volk“.
  • 5 Ein „Vorbild“ in der Bibel ist an manchen Stellen eine Person, deren Verhalten als Muster (Vorbild) zur Nachahmung gezeigt wird (z.B. 1. Tim 4,12). Solche Vorbilder sind uns als Ansporn und Hilfe gegeben. Man kann von einem „moralischen Vorbild“ sprechen, das uns gewisse Charakterzüge zeigt, die bei uns gefunden werden sollen. Doch dann bedeutet „Vorbild“ ebenso, dass bestimmte Ereignisse in der Bibel in sich eine verborgene, sinnbildliche oder typologische (illustrierende) Bedeutung tragen. Durch Ereignisse (besonders im Alten Testament) zeigt Gott uns christliche Wahrheiten und hilft uns, sie besser zu verstehen (vgl. 1. Kor 10,11, wo die ganze Geschichte Israels in diesem Sinn als „Vorbild“ gegeben ist).
  • 6 Dieser Punkt wird oft übersehen. Die Bibel ist kein wissenschaftliches Buch (weder ein Geschichtsbuch, noch ein Physik-, Chemie- oder Geologie-Buch). Gott beschreibt Dinge nicht aus wissenschaftlicher Sicht, sondern mit einer anderen Absicht. Immer dann, wenn jedoch etwas über die Geschichte, die Physik, die Chemie oder die Geologie gesagt wird, können wir uns zu 100% darauf verlassen. Es gibt keinen Fehler in der Bibel.
  • 7 „Gesetz“ ist hier kein Regelwerk von Geboten, sondern eine Gesetzmäßigkeit, eine zwanghafte Folge.