Wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott?
Warum nimmt Gott das Opfer von Kain nicht an?
Bibelstelle(n): 1. Mose 4,2-5
Aus der Geschichte Adams und Evas sowie der ihrer Söhne, Kain und Abel, wollen wir auf die Frage eingehen, die schon Hiob stellte: „Wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott?" (Hiob 25,4). Obwohl es nach dem Sündenfall eigentlich unmöglich geworden war, dass ein Mensch in der heiligen Gegenwart Gottes sein könnte, sehen wir, dass es für den Menschen doch einen Weg gibt, in die Gegenwart Gottes zu kommen. Auch wenn jemand versucht, dies nach seinen eigenen Vorstellungen zu tun, so ist es doch Gott allein, der – gemäß Seinen heiligen Maßstäben – den Weg gibt, wie man vor Ihm bestehen kann.
Gottes Handeln mit Adam und Eva
Gott hatte den Menschen in Seinem Bild und in Seinem Gleichnis geschaffen (1. Mo 1,26). Der Mensch war so der Repräsentant Gottes auf Erden und in moralischer Hinsicht sündlos geschaffen. Als solchem hatte Gott ihm den höchsten Platz auf der Erde gegeben und ihn über ganze Schöpfung gestellt. Die Aufgabe des Menschen war es, über die Erde und alles was auf ihr ist zu herrschen (1. Mo 1,28). Wir können davon ausgehen, dass Gott in dieser Zeit mit den Menschen Gemeinschaft hatte – es gab nichts, was diese verhinderte. Die Ereignisse von 1. Mose 3,8-10 legen dazu die Vermutung nahe, dass es für Adam und Eva nichts Neues war, dass Gott sie im Garten besuchte.
Der Sündenfall
Doch dann geschieht der große Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit. Wenn Gott Adam und Eva auch über die ganze Schöpfung gesetzt hatte, so stand Er immer noch über Seinen Geschöpfen und vor Ihm musste der Mensch Rechenschaft ablegen. Als ein Zeichen dafür hatte Gott den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen gegeben, von dem er nicht essen durfte (1. Mo 2,17). Der Baum war ein einfacher Test des Gehorsams für den Menschen gegenüber Gott. Doch der Mensch gehorchte Gott nicht und aß doch von dem Baum und so trat das ein, was Gott gesagt hatte: „An dem Tag, da du davon isst, musst du sterben" (1. Mo 2,17). So war durch den Ungehorsam des einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod (Röm 5,12). Tod bedeutet Trennung, nicht nur von Geist, Seele und Leib, wenn ein Mensch stirbt, sondern vor allem moralisch: getrennt von Gott, der „zu rein von Augen ist, um Böses zu sehen" (Hab 1,13).
Die Folge des Sündenfalls
Wenn Gott jetzt sofort das Leben von Adam und Eva genommen hätte, so wäre das völlig im Einklang mit Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit gewesen. Der Lohn der Sünde ist der Tod (Röm 6,23). Aber Gott ist nicht nur Licht (1. Joh 1,5), sondern auch Liebe (1. Joh 4,8). Doch wie konnte Gott zeigen, dass er die Menschen liebt und gleichzeitig gemäß seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit handeln?
Als der Mensch gesündigt hatte, erkannte er seine Nacktheit, seine Sündhaftigkeit. In seinem Bedürfnis nach Bedeckung und seinem Empfinden, dass er so nicht vor das Angesicht Gottes treten konnte, behalf der Mensch sich selbst, indem er sich Schurze aus Feigenblättern herstellte (1. Mo 3,7). Dennoch hatte er Angst vor Gott und versteckte sich vor dessen Angesicht (1. Mo 3,8). Sein eigener „Schutz", die Gerechtigkeit die der Mensch aus eigener Bemühung zu erlangen suchte, konnte ihm weder Ruhe des Gewissens geben noch Gottes Ansprüchen genügen. Doch Gott in Seiner Gnade bereitete selbst eine Bedeckung für Adam und Eva, indem Er ihnen Kleider aus Fell machte (1. Mo 3,20). Dazu musste ein unschuldiges Tier sterben, es musste Blut fließen. Fortan sah man nicht mehr die Nacktheit Adams und Evas, sondern die Kleider aus Fell, die Gott selbst ihnen bereitet hatte.
„Hierin ist die Liebe ..."
Das, was wir in der Geschichte von Adam und Eva gesehen haben, ist ein Abbild dessen, was Gott einmal in der Fülle der Zeit tun würde. „Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes" (Röm 3,23). Wegen seiner sündigen Natur kann kein Mensch vor Gott stehen. Da kann er sich anstrengen wie er will, kann sich selbst „Schurze" machen, doch aus eigener Kraft kann er nichts tun, um vor Gott bestehen zu können. Aber was der Mensch nicht tun kann, das tat Gott. Er, der durch die Sünde so verunehrt worden war, hat selbst die Initiative ergriffen, um das eine Opfer zu stellen, das Seinen heiligen Anforderungen entsprach und durch das Seine heilige Natur völlig befriedigt worden ist. „Hierin ist die Liebe: nicht das wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden." (1. Joh 4,10). „Und er [der Herr Jesus] ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt" (1. Joh 2,2).
Kain und Abel
Nachdem Gott Adam und Eva aus dem Garten Eden herausgeschickt hatte, wurden ihnen Kain und Abel geboren. Der Mensch war im Gleichnis Gottes geschaffen worden, somit war er von Natur aus auch sündlos. Im Unterschied zu Gott war er nicht heilig, d.h. er konnte sündigen, ein wichtiger Unterschied zum Herrn Jesus (vgl. Lk 1,35). Doch Kain und Abel, wie auch Seth (1. Mo 5,3), waren im Gleichnis Adams gezeugt worden. Sie hatten die gleiche gefallene und sündige Natur wie ihr Vater; auch zu ihnen war der Tod durchgedrungen (Röm 5,12); auch sie waren durch den Ungehorsam ihres Vaters in die Stellung von Sündern gesetzt worden (Röm 5,19; vgl. 1. Kor 15,48).
Ein Opfer für Gott
Nach einiger Zeit bereiten Kain und Abel ein Opfer für Gott. Kain, der ein Ackerbauer war, bringt etwas von der Frucht des Erdbodens und Abel, ein Schafhirte, von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Doch während Gott das Opfer Abels annimmt, weist er das von Kain ab. Ist das nicht ungerecht? Hatten nicht beide im Herzen den Wunsch, Gott ein Opfer darzubringen? Reicht das denn nicht aus, um für Gott wohlgefällig zu sein? Sicherlich hatten doch beide das Beste und Schönste gebracht, was sie hatten! Beide hatten sicherlich hart dafür gearbeitet, Kain vielleicht sogar noch mehr als Abel?
Warum nimmt Gott Kains Opfer nicht an?
Kain anerkannte die Existenz Gottes und wollte Ihm ein Opfer bringen. Drei Dinge fallen dabei auf:
- Er bringt ein Opfer vom Erdboden und ignoriert dabei die Worte Gottes, dass der Erdboden verflucht sei (1. Mo 3,17).
- Es fließt kein Blut, wie dies bei den Tieren, die für Adam und Eva starben, der Fall war.
- Sein Opfer ist das Produkt seiner eigenen harten Arbeit.
Damit zeigt Kain seine völlige Unwissenheit in Bezug auf die Anforderungen Gottes und versucht – wie bereits sein Vater Adam –, Gott nach seinen eigenen Vorstellungen zu nahen. Im Unterschied zu seinem Vater scheint er noch nicht einmal zu spüren, dass dieser Weg völlig unpassend ist. Er ist damit der Erste einer großen Masse, die durch die Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte bis heute noch in ihren religiösen Anstrengungen dem Trugschluss verfallen sind, dass es egal sei, womit man Gott naht, solange man es gut und aufrichtig meine und die innere Einstellung stimme. Fakt ist: Die Hölle wird einmal voll sein von Menschen, die es „gut gemeint" haben. Der Mensch schenkt damit sich selbst als Opfernden mehr Beachtung als Gott und seinen Ansprüchen. Wie bei Kain mag äußerlich alles richtig und nach Anbetung aussehen und doch ist es reiner Eigenwille, der von Sünde und Unglauben gekennzeichnet ist.
Kain ist auch der Prototyp all der religiösen Menschen, die – sicherlich nicht ohne einen gewissen Stolz – Gott durch etwas nahen wollen, was sie aus ihrer eigenen Kraft und Anstrengung erbracht haben und dadurch aus ihren eigenen Werken gerechtfertigt vor Gott stehen wollen. Doch die Bibel teilt uns mit, „dass der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird" (Gal 2,16). Gott kann an den Taten sündiger Menschen keinen Gefallen haben. Nur durch den Glauben ist es einem Menschen möglich, gerechtfertigt vor Gott zu stehen (vgl. Röm 5,1)
Der Mensch beachtet ferner nicht, dass er durch die Sünde grundsätzlich sein Anrecht, in die Gegenwart Gottes zu kommen, verwirkt hat. Weder die Stellung des Menschen, noch die Heiligkeit Gottes wird beachtet. Wenn Gott in Seiner souveränen Gnade doch Gemeinschaft mit Menschen haben möchte, so ist Er auch zweifellos derjenige, der die Art und Weise bestimmt, auf dem Menschen zu Ihm kommen können. Doch der durch Religiosität geprägte Mensch kümmert sich nicht um den Bruch, den die Sünde zwischen ihm und Gott hervorgerufen hat, von dem aber gerade seine Mühe ein Beweis ist.
Wenn wir die Geschichte Kains etwas weiter verfolgen, dann sehen wir wohin dieser eigenwillige Gottesdienst führte: Kain ermordete den gerechten Abel, der durch Glauben Gott ein vorzüglicheres Opfer dargebracht hatte. Darin ist er ein trauriges Vorbild auf die religiösen Juden, die aus Neid und Hass den Herrn Jesus umbrachten – Ihn, „der durch den ewigen Geist sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat" (Heb 9,14).
Wie können wir nun Gott nahen? Was für ein Opfer nimmt Gott an? Die Antwort darauf finden wir bei Abel.
Warum nimmt Gott Abels Opfer an?
Wenn es nun um das Opfer Abels geht, sei Hebräer 11,4 hinzugenommen:
„Durch Glauben brachte Abel Gott ein vorzüglicheres Opfer dar als Kain, durch welches er Zeugnis erlangte, dass er gerecht war, indem Gott Zeugnis gab zu seinen Gaben; und durch diesen, obgleich er gestorben ist, redet er noch."
Vor allem drei Dinge fallen bei Abel auf:
- Er brachte sein Opfer durch Glauben – das wird bei Kain nicht gesagt.
- Er bringt ein Opfer von den Erstlingen der Herde und von ihrem Fett – er bringt das Beste was er hat.
- Bei dem Opfer Abels tritt der Tod ein. Vor allem aus diesem Grund spricht Hebräer 11 von einem „vorzüglicheren Opfer".
Wir lesen nichts davon, dass Gott Adam und Eva über Sein Handeln Erklärung gegeben hat. Noch wissen wir was Abel von seinen Eltern gelernt hat. Aber wir wissen, dass Abel sein Opfer durch Glauben brachte. Durch Glauben erkannte Abel, dass er Gott nicht nahen konnte ohne ein Opfer zu bringen, das den Anforderungen Gottes genügt. Er akzeptierte auch, dass nicht er, sondern Gott derjenige ist, der den Maßstab dafür setzen musste. In seinem Glauben drückte Abel aus, dass er verstanden hatte, was Gott bei seinen Eltern getan hatte und zeigt das in seinem Opfer.
Dabei ist es interessant, dass wir weder über Kain noch über Abel lesen, dass sie eine Sünde begangen haben, obwohl wir davon ausgehen müssen. Doch es geht hier gar nicht so sehr um den Menschen, eine bestimmte Sünde und sein Bedürfnis nach Vergebung. Vielmehr geht es hier um die Ansprüche Gottes. Wenn es jemals möglich sein sollte, dass ein sündiger Mensch Gott naht, dann mussten die Ansprüche Gottes erfüllt werden. Abel erkannte, dass ein sündiger Mensch allein auf der Grundlage eines stellvertretenden Opfers vor Gott bestehen und Ihm nahen konnte. Mit der geistlichen Erkenntnis des Glaubens handelte Abel nach dem Vorbild Gottes, brachte ein blutiges Opfer und erlangte dadurch das Zeugnis, dass er gerecht war. Gott nimmt nicht nur das Opfer Abels an, sondern erklärt ihn auf Grund seines Opfers und seines Glaubens für gerecht. Im Schatten dieses Opfers, dieses unschuldigen Tieres, das sein Leben geben musste, sieht Gott Abel und rechtfertigt ihn.
Der Unglaube mag nun fragen, was für einen Unterschied es macht, ob ein Tier oder Früchte des Erdbodens geopfert werden, ob nun der Tod eintritt oder nicht. In sich hat in der Tat keines der beiden Opfer einen Wert vor Gott (vgl. Heb 10,8). Und doch lesen wir hier, dass Abels Opfer vor Gott wohlgefällig war und dass Gott die Opfer im Volk Israel anordnet. Ein Widerspruch? Nein! In der Tat konnte kein einziges Opfer des Alten Testaments Vergebung und Rechtfertigung bewirken. Doch sie alle weisen auf „das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi" (Heb 10,10) hin. Mit vollem Wohlgefallen blickt Gott auf dieses eine Opfer Seines Sohnes, durch das er weit mehr verherrlicht wurde, als Er jemals verunehrt wurde. Weil Gott nun so verherrlicht wurde, kann Er jeden rechtfertigen, der sich im Glauben auf dieses Opfer beruft. Wie viel Abel davon verstanden hat wissen wir nicht. Aber durch Glauben verstand er, dass dieses Opfer das einzige war, welches den Anforderungen Gottes entsprach. Und Gott, der in diesem Opfer das Opfer Seines Sohnes sah, konnte ihn rechtfertigen. Nicht anders ist es heute. Im Schatten des Opfers des Herrn Jesus am Kreuz kann Gott den rechtfertigen, „der des Glaubens an Jesus ist" (Röm 3,26). Die Konsequenz davon ist nun, dass wir durch den Herrn Jesus Christus Frieden mit Gott haben (Röm 5,1).
Online seit dem 06.05.2013.