Soll ein Jünger des Herrn Jesus alles verkaufen?
Ich frage mich schon länger, wie Lukas 14,33 gemeint sein mag. Wenn man ihn einfach so liest, dann klingt es tatsächlich so, als müsste man als wahrer Jünger all sein Habe (zumindest alles, was man nicht unbedingt zum Leben braucht) weggeben. Kann das wirklich so gemeint sein? Ich kenne zumindest kaum einen Christen, der das wirklich gemacht hat.
Bibelstelle(n): Lukas 14,33; Matthäus 19,21; Jak 1,22
Liebe .....,
was ist die wahre Bedeutung von Lukas 14,33? Was ist wahre Jüngerschaft? Was stellt die Bibel uns vor und wie sieht mein eigenes Leben aus? Das alles sind Fragen, die sowohl unser Gewissen, als auch unser Herz ansprechen. Verse wie Lukas 14,33 und viele andere (z.B. Lk 14,26.27; Mt 6,19.33) sind Verse, die unser Leben ganz praktisch berühren. Und vielleicht sind es gerade deswegen die umstrittensten und meist diskutiertesten Verse. Dabei geht es meist nicht so sehr um die Bedeutung der Verse, sondern eher um ihre Anwendung.
Die Bedeutung von Lukas 14,33 ist in der Tat sehr absolut, und lässt sich schnell in 4 Punkten zusammenfassen:
- Sie ist allgemein, denn der Vers richtet sich nicht an eine bestimmte Gruppe. Es heißt: „So kann nun keiner von euch...
- Sie ist allumfassend, denn es heißt nicht, dass man nur einem Teil entsagen soll, sondern: „der nicht allem entsagt".
- Sie ist praktisch, denn nicht unsere Bereitschaft oder unser Wille werden angesprochen, sondern tatsächlich „...,der nicht allem entsagt"
- Sie ist absolut konsequent. Der Herr sagt: „... der kann nicht mein Jünger sein!" D.h. es gibt nur eine 100%ige Jüngerschaft, aber keine weniger entschiedene Form.
Andere Wörter, die die gleiche Bedeutung wie „entsagen" haben, sind z.B. aufgeben, begraben, los lassen, verwerfen, verzichten, oder Abstand nehmen - und das macht die Bedeutung von „entsagen" ganz gut klar. Wenn wir nicht „entsagen", dann klammern wir uns an etwas fest und sind nicht bereit es los zu lassen. Wie sagen förmlich: „Nein, das ist mein, darüber bestimme nur ich!" Wenn wir das sagen, dann geht es uns wie dem reichen Jüngling in Matthäus 19,21. Er war nicht bereit zu „entsagen"- das zeigt sein Verhalten sehr deutlich, als der Herr ihn prüfte, indem er ihn aufforderte: „... so geh hin, verkaufe deine Habe und gib den Armen...". Die Aufforderung, seine Habe zu verkaufen, war gleichfalls der Test, ob er allem entsagt hatte oder ob sein Besitz noch zwischen ihm und dem Herrn stand.
Beachten wir, dass es in Lukas 14,33 nicht um verkaufen oder weggeben geht, sondern zuerst einmal um „entsagen" und damit um eine Herzenshaltung. Dem Herrn geht es darum, dass er das volle Verfügungsrecht, nicht nur über uns, sondern auch über unseren Besitz hat. Wir tendieren nur allzu schnell dazu, unseren Besitz als unser eigenes Eigentum anzusehen, mit dem wir tun und lassen können was wir wollen. Aber in Wahrheit sind wir nur Verwalter von dem was Gott uns anvertraut hat und er wird einmal Rechenschaft von uns fordern, wie wir mit seinem Eigentum umgegangen sind.
Was bedeutet das nun für uns ganz praktisch? Wie wir schon gesehen haben, bedeutet es nicht, dass wir alles verkaufen, oder weggeben - zumindest nicht ohne weiteres. Vielen mag der Gedanke sofort durch den Kopf schießen, vielleicht auch ohne die Kosten vorher kalkuliert zu haben. Doch ein Jünger des Herrn charakterisiert sich gerade dadurch, dass er exakt das tun möchte, was sein Herr von ihm möchte. Er prüft bei allem, ob es auch dem Willen des Herrn entspricht, und scheut sich, etwas unabhängig und eigenwillig zu tun. Wir sollten daher zu allererst auf unsere Knie gehen, um im Gebet unseren Zustand im Licht Gottes zu prüfen und zu bekennen. Wir sollten unseren Herrn bitten, uns zu zeigen, wo und wie in unserem Leben wir nicht nach seinem Willen, nach seinen Maßstäben gehandelt haben. Nicht zuletzt müssen wir ihn um Kraft bitten, nicht allein Hörer seines Wortes zu sein, sondern auch Täter (Jak 1,22). Gerade in unserer heutigen konsumwütigen Gesellschaft wird es viel Kraft benötigen, die wir in uns selbst nicht haben, um wirklich allem zu entsagen.
In Abhängigkeit zu unserem Herrn dürfen wir dann auch fragen, wie er unseren Besitz verwenden möchte. Wenn wir ihn bitten, so dürfen wir sichergehen, dass er uns die Augen öffnen und uns zeigen wird, wo wir z.B. eine bestimmte Summe geben dürfen. Dass das grundsätzlich gewollt ist, zeigt uns die Bibel an verschiedenen Stellen (vgl. Phil 4,18-20; 2. Kor 8,9; Heb 13,16; 1. Joh 3,17). Wo, wann, wie und wie viel - das müssen wir immer wieder neu in Abhängigkeit zu unserem Herrn entscheiden. Ich glaube auch, dass unser Herr uns in dieser geistlichen Übung ständig halten möchte - sei es, dass es sich um unseren Besitz, oder um andere Dinge handelt.
Das Maß, in dem wie dieses oder andere Aufforderungen unseres Herrn befolgen, wird immer von dem Maß der Wertschätzung für Christus abhängen. Lasst uns daher immer zu dem schauen, der reich war, aber um unseretwillen arm wurde, damit wir durch seine Armut reich würden (vgl. 2. Kor 8,9).
Online seit dem 03.03.2013. Zuletzt bearbeitet am 25.02.2022.