Brauchen wir als Gläubige aus den Nationen nur die Briefe des Paulus?

Ein lieber Gläubiger behauptet, dass wir als "Heidenchristen" nur auf die Briefe des Apostel Paulus zu hören hätten, alles Übrige gelte nur für die Juden, auch die Evangelien. Wie antworten Sie darauf?

Bibelstelle(n): 2. Timotheus 3,16

Das ist natürlich ein Fundstück bloßer Verstandestheorie ohne jeden Untergrund, ja ohne irgendwelche biblische Logik. Wahre Schriftkenntnis weiß, dass das Wort Gottes ein Ganzes bildet und allen Menschen gegeben ist. Schon der eine Umstand beweist dies, dass das ganze Neue Testament in Griechisch und nicht in der Mundart der Apostel geschrieben ist, d.h. in der damaligen Weltsprache. Wenn etwas für die Juden allein wäre, hätte es der Heilige Geist sicher nicht griechisch, sondern hebräisch schreiben lassen.

Es sprechen aber noch wichtigere Gründe gegen jene Behauptung. Gerade Paulus hat bekanntlich ein und dasselbe Evangelium sowohl den Juden als auch den Heiden verkündigt; nur der Anknüpfungspunkt ist verschieden: bei den Juden ist es das Alte Testament, das sie kannten, bei den Heiden natürlich sind es ihre Kenntnisse von Gott, ihr Gewissen, die Schöpfung, ihre Götterlehre usw.

Ferner brauchen wir nicht nur die Lehre über das Heil, wovon übrigens die Briefe nur eine Fortsetzung sind, sondern das Heil selbst, welches uns vornehmlich in den Evangelien dargestellt wird; wir brauchen aber nicht nur das Heil als solches, sondern die lebendige Person des Herrn Jesus selbst, um für alle unsere Bedürfnisse Rat zu finden! Den Herrn finden wir aber gerade am ausdrücklichsten in den Evangelien. Und alle die grundlegenden Worte des Heils, wie Matthäus 11,28-30; Johannes 3,16, auch das Gleichnis vom verlorenen Sohn, die Darstellung des Herrn als Den, der gekommen ist, das Verlorene zu suchen und zu erretten, alles das, was zum Rettungsanker so vieler Millionen Sünder geworden ist, steht in den Evangelien. Auch das wichtige Wort des Kaiphas in Johannes 11,50-52, dass Jesus nicht nur für Israel sterben müsse, steht in den Evangelien. Übrigens sind ja die Schriften des Lukas direkt an Theophilus, einen Griechen, gerichtet, nicht an einen Juden. Sollen diese nicht auch für uns "Heidenchristen" sein?

So könnte noch manches als Beweis angeführt werden, aber das Gesagte dürfte wahrlich genügen. Möge der liebe Gläubige sich wirklich vom Heiligen Geiste leiten lassen, und nicht von seinen eigenen Gedanken! Das Wort Jesus, das er anführt aus Matthäus 15 („Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“) hat Er doch nur in dem besonderen Fall der Syrophönizierin gesagt, welche Ihn "Sohn Davids" titulierte, wozu sie keinen Anspruch hatte. Wohl aber durfte sie dem "Heiland der Welt" nahen. Hat Er nicht auch dem römischen Hauptmann in Kapernaum auf seinen Glauben geantwortet? Sind denn nur die Juden verlorene Schafe, nicht auch die Nationen? Jedenfalls brauchen auch wir alles im ganzen Neuen Testament ebenso sehr wie die Juden, selbst diejenigen Teile, welche ausgesprochen jüdische Gesichtspunkte betreffen, wie das Evangelium Matthäus und der Hebräerbrief.


Online seit dem 09.09.2007.