Welche verschiedenen Arten der Versuchung gibt es?
Wir beten im Vater-Unser: „Und führe uns nicht in Versuchung“. In Jakobus 1,13 aber steht explizit, dass Gott niemanden versucht. Wie muss ich das verstehen? Ist in beiden Texten wirklich das gleiche Wort „Versuchung" genannt?
Bibelstelle(n): Matthäus 6,13; Jakobus 1,13
Es steht tatsächlich an beiden Stellen dasselbe griechische Wort im Grundtext. Ein Wort kann aber sowohl im positiven, als auch im negativen Sinn gebraucht werden; es kann auch mehrere Bedeutungen haben.
Grundsätzlich kann man zwischen drei verschiedenen Arten der Versuchung unterscheiden:
- Die Versuchung zu sündigen, hervorgerufen durch unser Fleisch, die sündige Natur (Jak 1,13.14). Auch wenn wir das neue Leben schon haben, sind wir immer noch in unserem irdischen Körper und werden durch die darin wohnende Sünde beständig zur Sünde versucht. Weil wir aber mit Christus gestorben sind, ist diesem Einfluss seine Kraft genommen und wir können und sollen uns selbst stattdessen Gott als "Lebende aus den Toten" zur Verfügung stellen (Röm 6,11-14). Dafür müssen wir von vorne herein jeden Gedanken wegtun, der uns zum Sündigen verleiten könnte (2. Kor 10,5b) und unser Leben so einrichten, dass wir uns selbst nicht unnötig in Gefahr bringen (Röm 13,14).
- Die Versuchungen Satans, uns zu Fall zu bringen und Gott zu verunehren (Lk 4,1-13; 2. Kor 11,3). Das Ziel Satans ist es, uns von Gott und der Gemeinschaft mit ihm wegzubringen. Es ist das Einzige, was er jetzt noch mit uns erreichen kann und das probiert er mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Er stellt uns die Welt mit ihren vermeintlichen Schönheiten und Genüssen vor Augen und möchte uns zur Gleichförmigkeit mit ihr, und damit zur Abkehr von Gott bewegen. Wir werden in der Bibel dazu aufgefordert, diesen Versuchungen zu fliehen (1. Kor 6,18; 10,14). Wenn wir dem Teufel so standhaft widerstehen, dann haben wir die wunderbare Verheißung, dass er von uns weichen wird (Jak 4,7).
- Die Versuchung von Gott, um unseren Glauben zu erproben (1. Mo 22,1; Jak 1,2-4.12). Man könnte hier eher von einer Erprobung oder Prüfung sprechen. Das können zum Beispiel schwere Lebensumstände, wie Krankheiten und Arbeitslosigkeit, oder auch schwierige Mitmenschen, die unsere Geduld auf die Probe stellen, sein. Diese Versuchungen sollen wir ertragen und als von Gott, der genau weiß, was er tut (Röm 8,28), annehmen. Er ist nicht nur der, der uns prüft, sondern auch der, der uns hindurch hilft (1. Kor 10,13).
Die erste und die zweite Art ist ganz klar eine Versuchung zum Bösen, zur Sünde. Nur die unter dem letzten Punkt genannte Versuchung kommt direkt von Gott; es ist eine Prüfung zum Guten, zur Stärkung des Glaubens.
Die im Vater-Unser ausgedrückte Bitte meint diese Art der Versuchung und zeigt außerdem, dass wir uns nicht in Versuchungen stürzen sollen, denn dann werden wir fallen (vgl. 1. Kor 10,12). In Jakobus 1,13 ist diese Art nicht gemeint, sondern die Versuchung aus uns selbst (s. V. 14).
Wenn Satan uns versucht, dann hat Gott das letztendlich auch zugelassen, aber der Ursprung der Versuchung liegt bei dem Teufel. Gott gibt ihm aber manchmal die Möglichkeit dazu, damit wir uns bewähren (vgl. auch Hiob).
Die Versuchungen, wie wir sie in der Praxis erfahren, werden wohl selten so klar zu unterscheiden sein, wie es oben gemacht wird, weil häufig mehrere Aspekte zusammenfallen. Wenn zum Beispiel Satan uns zur Weltlichkeit verführen möchte, dann knüpft er dabei auch an unsere inneren Begierden an. Bei Hiob war es Satan, der ihn zur Absage von Gott bringen wollte, und trotzdem lesen wir, dass Gott ihm diese Möglichkeit gegeben hat, damit Hiobs Glaube und seine Gerechtigkeit offenbar würde; es war also eine Prüfung für Hiob.
Wir wollen dafür beten, dass Gott uns vor Versuchungen bewahrt. Und wenn wir doch hinein geraten, dass er uns hilft, richtig zu reagieren, um treu zu bleiben und die Gemeinschaft mit ihm genießen zu können, damit unser Leben zu seiner Verherrlichung dient.
Online seit dem 04.04.2007.