Was sagt die Bibel über Scheidung?

Bibelstelle(n): Matthäus 5,27-32; 19,3-9; Markus 10,2-12; Lukas 16,18; 1. Korinther 7,10.11; 5. Mose 24,1-4

Der Herr Jesus schneidet in der Bergpredigt viele Themen an, die heute wie damals aktuell sind. Das gilt auch für das Thema Ehescheidung, ein Problem, mit dem sogar wahre Christen mehr und mehr konfrontiert werden.

In Matthäus 5,27–30 hatte Er über die Sünde des Ehebruchs gesprochen und dabei auch die fleischliche Begierde verurteilt. In engem Zusammenhang mit diesem Abschnitt steht Matthäus 5,31.32. In diesen Versen spricht Er über Ehescheidung und Wiederverheiratung. Nicht nur der Ehebruch und die ihm vorausgehende fleischliche Begierde, sondern auch die Ehescheidung steht im Widerspruch zu Gottes Gedanken bezüglich der Ehe. Abgesehen von dem gemeinsamen Hauptgedanken – die Beziehungen zwischen Mann und Frau – weist auch die zweimalige Erwähnung des Ehebruchs in Vers 32 auf einen Zusammenhang hin. Andererseits zeigen die Einleitungsworte „Es ist aber gesagt“ und „Ich aber sage euch“ doch, dass der Herr hier eine weitere Gegenüberstellung zwischen den alten Überlieferungen und Seinem Wort und Willen macht (vgl. Mt 5,21.27.33.38.43). Trotzdem werden die Verse 21 und 32 von manchen als eine Art Anhängsel des vorigen Abschnitts betrachtet.

Der Scheidebrief

Der Herr Jesus erwähnt hier kein Gebot aus dem Alten Testament, sondern eine Gewohnheit der Juden, die wohl schon vor der Gesetzgebung am Sinai bestand: die des Scheidebriefes. „Es ist aber gesagt: Wer irgend seine Frau entlässt, gebe ihr einen Scheidebrief.“

In 5. Mose 24,1–4 heißt es: „Wenn ein Mann eine Frau nimmt und sie heiratet, und es geschieht, wenn sie keine Gnade in seinen Augen findet, weil er etwas Anstößiges an ihr gefunden hat, dass er ihr einen Scheidebrief schreibt und ihn in ihre Hand gibt und sie aus seinem Haus entlässt; und sie geht aus seinem Haus und geht hin und wird die Frau eines anderen Mannes; und der andere Mann hasst sie und schreibt ihr einen Scheidebrief und gibt ihn in ihre Hand und entlässt sie aus seinem Haus; oder wenn der andere Mann stirbt, der sie sich zur Frau genommen hat: So kann ihr erster Mann, der sie entlassen hat, sie nicht wieder nehmen, dass sie seine Frau sei, nachdem sie verunreinigt worden ist. Denn das ist ein Gräuel vor dem HERRN...“

Das Gebot in diesen Versen lautete also, dass eine von ihrem ersten Mann geschiedene und danach wieder verheiratete Frau unter keinen Umständen zu ihrem ersten Mann zurückkehren konnte. Die zweimalige Erwähnung eines Scheidebriefes bedeutet jedoch keinesfalls, dass Gott die Ehescheidung befahl oder auch nur gut hieß. In Matthäus 19,8 erklärt der Herr Jesus den Pharisäern, dass Mose ihnen einzig und allein wegen ihrer Herzenshärtigkeit gestattet hatte, ihre Frauen zu entlassen; Er fügt hinzu: „Von Anfang [d.h. nach der Schöpfungsordnung] an aber ist es nicht so gewesen.“ Als das Volk Israel das Gesetz am Sinai empfing, bestand jedoch offensichtlich bereits die Gewohnheit der Ehescheidung durch einen Scheidebrief. Mose beließ es dabei – vielleicht sogar zum Schutz der Frau vor einem hartherzigen und bösartigen Mann, der ihr bei weiterem Zusammenleben großes Leid zufügen konnte.

Die Juden hatten aus diesem Zugeständnis in 5. Mose 24 jedoch eine Erlaubnis zur Ehescheidung und ein Gebot zur Abgabe eines Scheidebriefes abgeleitet. Das geht auch aus der Frage der Pharisäer in Matthäus 19,7 hervor: „Warum hat denn Mose geboten, einen Scheidebrief zu geben und sie zu entlassen?“ Uneinigkeit bestand nur über die Scheidungsgründe. Eine rabbinische Schule legte die Worte „etwas Anstößiges“ in 5. Mose 24,1 im Sinn von Ehebruch oder ähnlichem unsittlichem Verhalten aus, während andere Rabbiner alles, was dem Ehemann an seiner Frau missfiel, als Scheidungsgrund akzeptierten. In Matthäus 19,3 beziehen sich die Pharisäer wohl auf diese Meinungsverschiedenheiten ihrer Lehrer.

Die Ehe ist ein Lebensbund

Dieser Leichtfertigkeit bezüglich der Ehescheidung bei den Juden – und heute in der Christenheit – tritt der Herr Jesus mit Seinen ernsten Worten entgegen. „Ich aber sage euch: Jeder, der seine Frau entlässt, außer aufgrund von Hurerei, bewirkt, dass sie Ehebruch begeht; und wer irgend eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch“ (V. 32).

Zunächst muss bemerkt werden, dass diese Worte nicht nur für den Mann, sondern ebenso für die Frau gelten. In Markus 10,11.12 nennt der Herr im gleichen Zusammenhang ausdrücklich auch die Frau: „Und wenn eine Frau ihren Mann entlässt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch.“

Nach Gottes Willen ist die Ehe unauflöslich. Deutlich sagt der Herr Jesus dies in Matthäus 19,6: „Was nun Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ Das gilt nicht nur für Ehen, die „im Herrn“ geschlossen sind, sondern für jede Ehe. Bereits im Alten Testament hatte Gott den Juden, die von ihren Frauen geschieden waren, sagen lassen: „Denn ich hasse Entlassung, spricht der HERR, der Gott Israels“ (Mal 2,16).

Nach der Schöpfungsordnung Gottes gilt jede Ehe, nicht nur von Christen, für das ganze Leben. Eine Ehescheidung ist in jedem Fall eine Folge der Sünde und eine Abweichung von der göttlichen Norm. In unserer Zeit, in der fast jede dritte oder vierte Ehe geschieden wird, zeigt sich auch auf diesem Gebiet die Gottlosigkeit der Welt. Ehescheidung unter Christen ist deshalb eine besonders traurige Erscheinung der Gleichförmigkeit mit der Welt.

Daher der ernste Rat an junge Gläubige: Werdet euch vorher durch Gebet und das Erforschen des Wortes Gottes darüber klar, ob eure geplante Ehe wirklich „im Herrn“, d.h. in Übereinstimmung mit Seinem Willen (1. Kor 7,39) geschlossen werden kann. Auch eine leichtfertig geschlossene Ehe ist vor Gott gültig und muss von jedem Ehepartner geehrt werden: „Die Ehe sei geehrt in allem und das Ehebett unbefleckt; denn Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“ (Heb 13,4).

Ehescheidung führt zum Ehebruch

Mit einem Satz fegt der Herr die spitzfindigen Erklärungen der Schriftgelehrten beiseite: „Jeder, der seine Frau entlässt ... bewirkt, dass sie Ehebruch begeht“. Was auch immer die Fehler und Schwächen der Frau sein mögen, wer sie entlässt, d.h. sich von ihr scheiden lässt, bringt sie in die Gefahr, sich danach mit einem anderen Mann zu verbinden. Eine solche Verbindung nennt der Herr hier Ehebruch. Daraus geht hervor, dass die geschiedene Ehe vor Gott noch besteht. Die vor Gott und Menschen geschlossene Ehe wird nicht durch die nur vor den Menschen (d.h. vor Gericht) vollzogene Scheidung gebrochen, sondern durch die danach vollzogene geschlechtliche Verbindung mit einem anderen Partner – auch in einer neuen Ehe! Unausgesprochen gilt das gleiche natürlich auch für den Mann bzw. den Teil, der den anderen „entlässt“, indem er sich von ihm scheiden lässt.

Dass der Herr hier nicht nur von außerehelichen Beziehungen nach der Ehescheidung spricht, wird durch den letzten Teil seiner Ausführungen deutlich: „... und wer irgend eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.“ Wer eine geschiedene Frau heiratet, begeht nach Gottes Gedanken Ehebruch, weil er in eine vor Ihm bestehende Ehe eindringt. In Übereinstimmung mit diesen Worten des Herrn schreibt der Apostel Paulus den Korinthern: „Den Verheirateten aber gebiete nicht ich, sondern der Herr, dass eine Frau nicht vom Mann geschieden werde (wenn sie aber auch geschieden ist, so bleibe sie unverheiratet oder versöhne sich mit dem Mann) und dass ein Mann seine Frau nicht entlasse“ (1. Kor 7,10.11).

Die einzige Ausnahme

Wir haben bisher außer Betracht gelassen, dass der Herr Jesus hier eine Ausnahme gelten lässt, die zugleich jede andere Ausnahme ausschließt: „Jeder, der seine Frau entlässt, außer aufgrund von Hurerei ...“ Diese einzige Ausnahme fehlt jedoch in Markus 10,11.12 und Lukas 16,18. Auch wird sie von Paulus in 1. Korinther 7 nicht erwähnt. Nur in Matthäus 19,9 finden wir sie noch einmal, allerdings mit etwas anderem Wortlaut („nicht wegen Hurerei“). Der Herr sagt hier nicht, dass es im Fall von Hurerei des einen Partners zwangsläufig zu einer Ehescheidung kommen muss, sondern nur, dass die Wiederverheiratung des anderen nach einer Ehescheidung dann kein Ehebruch ist.

Unter der Sünde der Hurerei ist nach der Heiligen Schrift nicht nur Prostitution zu verstehen, sondern jeder vor- oder außereheliche Verkehr. Wir sahen dies bereits bei der Betrachtung der Verse 27–30. Hurerei ist zugleich Ehebruch, wenn mindestens einer der Beteiligten bereits verheiratet ist. Hier wird der allgemeine Begriff Hurerei benutzt, obwohl es sich speziell um Ehebruch handelt. Es erscheint ziemlich gesucht, in der Hurerei hier ein unsittliches Leben vor der Ehe zu sehen, wovon der Mann erst nach der Eheschließung erfährt. Nach dem Gesetz mussten Ehebrecher getötet werden (3. Mo 20,10; 5. Mo 22,22; Joh 8,4.5). Beim bloßen Verdacht des Ehebruchs gab es nach 4. Mose 5,11–31 einen anderen Weg: das Wasser der Bitterkeit. In der Praxis hatte sich bei den Juden jedoch die Entlassung nach einem Ehebruch eingebürgert (vgl. Mt 1,19). Als der Herr einmal von den Pharisäern und Schriftgelehrten mit einer Ehebrecherin konfrontiert wurde, verurteilte Er in Seiner Gnade die offensichtlich bußfertige Ehebrecherin nicht, sondern sagte zu ihr: „Geh hin und sündige nicht mehr“ (Joh 8,11).

Auch hier sehen wir, dass der Herr Jesus in Seinem Reich nicht die buchstäbliche Erfüllung des Gesetzes vom Sinai fordert, sondern die Herzen der Seinen zu wirklicher Nachfolge bringen will. Er spricht deshalb nicht von der Todesstrafe für die Frau, die Hurerei oder genauer gesagt Ehebruch begangen hat. Er warnt Seine Jünger vor der Ehescheidung und den dadurch verursachten Sünden. Zugleich aber räumt Er in Seiner Gnade die mögliche Ausnahme ein, dass eine Ehe auch vor Gott gültig geschieden werden kann, wenn sie durch die schreckliche Sünde des Ehebruchs in ihrem Kern, der geistlichen, seelischen und leiblichen Einheit, angegriffen worden ist. Das Letztere ist kein Gebot, sondern eine Ausnahme, durch die Gott den betrogenen Ehepartner in seiner geistlichen oder seelischen Schwachheit entgegenkommt. Auch die Sünde des Ehebruchs kann und sollte vergeben werden, wenn ein aufrichtiges Bekenntnis abgelegt wird und muss nicht unweigerlich zur Ehescheidung führen.

Wie ernst, aber auch wie klar sind die Worte unseres Herrn im Blick auf das Verhalten in Seinem Reich! Auch der Apostel Paulus schreibt, dass Hurer und Ehebrecher kein Teil im Reich Gottes haben werden (1. Kor 6,9.10; Gal 5,19–21; Eph 5,5). Könnte es wirklich anders sein, als dass in Seinem Reich auch Sein offenbarter Wille getan wird? Mag die Welt unter Satans Herrschaft sich auch aufbäumen gegen die segensreichen Gebote Gottes, so sollte es doch der tiefe Wunsch aller wahren Jünger Jesu sein, Seinen Willen nicht nur zu erkennen, sondern auch zu tun!

[Hinweis: dieser Artikel erschien unter dem Titel „Die Bergpredigt: Ehescheidung und Wiederheirat“.]


Online seit dem 29.10.2006.